Oberhausen. Schülerinnen der Gesamtschule Osterfeld sorgen Woche für Woche im Louise-Schroeder-Heim für Stimmung.
„Ich breche die Herzen der stolzesten Frauen, weil ich so stürmisch und so leidenschaftlich bin“ tönt Heinz Rühmann aus den Lautsprechern. Rot, blau, gold und silbern leuchten die Püschel, die im Rhythmus durch die Lüfte sausen. Doch das hier ist kein Cheerleadertreffen, sondern Tanz mit Senioren. Sitztanz, genauer gesagt.
Zwischen den schlohweißen Köpfen der Bewohner des Louise-Schroeder-Heims in Osterfeld sieht man immer wieder junge Gesichter. Sieben Schülerinnen der neunten Klasse der Gesamtschule Osterfeld kommen jeden Donnerstag hierher, um mit den Senioren zu tanzen, zu singen, zu erzählen.
„Die sind ja fitter als gedacht“
Im Schulfach „Pflege und Erziehung“ gibt’s die Theorie, hier die Praxis. „Die älteren Menschen freuen sich total, wenn wir kommen – sie lachen und erzählen viel, aus ihrer Jugend oder vom Krieg“, sagt die 15-jährige Özlem Topal. „Sie haben ja früher, als sie in unserem Alter waren, ganz andere Sachen gemacht als wir heute.“ Der größte Unterschied: Hobbies. „Eine Dame hat erzählt, sie hat früher gerne mit ihren Hühnern gespielt – wir haben hier ja gar keine Hühner.“
Mal wird mit Instrumenten gespielt, mal mit Püscheln getanzt, mal wird geklatscht und gestampft, mal gesungen. „Es geht darum, gemeinsam etwas zu tun, die Isolation zwischen Jung und Alt aufzuheben, Kontakt herzustellen. Und für die Senioren ist es eine riesige Freude, mal ein paar junge Gesichter zu sehen und nicht immer nur unter sich zu sein“, erklärt Sozialpädagoge Gerd Kämpgen das Projekt.
„So sehen die Mädchen, was ältere Leute noch so alles schaffen können“, sagt die 90-Jährige Maria Bossler verschmitzt. „Man liegt nicht faul rum, sondern sieht was, hört was. Das strengt zwar an – aber wir haben ja Zeit, uns hinterher auszuruhen.“
Tanzen hält jung
Vorurteile abbauen – ein wesentliches Ziel des Projekts, so die Tanztherapeutin Gisela Kämpgen: „Die Mädels sehen: Hier geht’s ja ganz lustig zu, die Leute sind fitter, als ich es mir vorgestellt habe. Und die Senioren merken: Die Mädchen sind ja richtig nett, hier hat keiner eine Null-Bock-Stimmung.“ Und: Tanzen hält jung.
Berührungsängste? Weit gefehlt. „Die Mädchen sind so einfühlsam, das würde ich im Unterricht gar nicht denken“, freut sich Lehrerin Sigrid Wolf. Vor Kurzem haben sie die Senioren interviewt, auch intime Fragen waren dabei: Wann hatten Sie Ihren ersten Freund, mit wie vielen Männern waren Sie zusammen? „Und wir haben sie alle beantwortet“, erzählt die 86-jährige Liselotte Schmidt.
Der Stuhlkreis beim Sitztanz wird immer größer. Anfangs waren es nur drei, vier Bewohner, jetzt sind es weit über zehn. Und auch die Senioren untereinander kommen so in Kontakt, freut sich Sabine Deik vom Sozialen Dienst – das sei mitunter schwierig. „Die Tanztherapeutin bringt hier richtig Pepp rein, das kommt super an.“