Oberhausen..
Ob er den politischen Wechsel in der Stadt noch erleben werde, beantwortet der Vorsitzende der Oberhausener Jungen Union Matthias Wissing feinsinnig mit: „Die Lebenserwartung ist ja gestiegen.“ Nach der deutlichen Schlappe zur Landtagswahl scheint ein langes Leben auch eine Mindestvoraussetzung geworden zu sein. „In Oberhausen haben wir aber nichts falsch gemacht“, verbucht Wissing das Minus auf das Konto des CDU-Kandidaten Norbert Röttgen, „Laschet hätte die Junge Union als Kandidaten lieber gesehen. Das hätte keinen so großen Absturz gegeben.“
Wer zwischen die Zeilen schaut, erkennt auch den Mut zur Selbstkritik: „Vielleicht hätten wir die CDU noch mehr kitzeln können, um ihre Stärken zu zeigen“, überlegt der JU-Vorsitzende. Auf den Mund gefallen ist der 27-Jährige also nun gerade nicht. Bleibt zu enträtseln, was ein „cooler Typ“ bei den Schwarzen sucht.
Diese Frage gewinnt immerhin ein Lächeln. Doch auch damit lockt man den künftigen Juristen nicht in den Zeugenstand, „ich find’ sie cool“, sagt er, „das sind keine alten Säcke wie häufig angenommen wird“. Die CDU habe zumindest in Oberhausen eine Verjüngungskur mitgemacht: Daniel Schranz (Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion) und Denis Osmann (Ratsfraktion) zählt der Jura-Student wie zur Beweisführung auf.
Mehr Frauenpower für JU und CDU
Mehr Frauenpower könnten JU und CDU dennoch vertragen, findet Wissing und begrüßt die Entscheidung der Grünen für eine weibliche Besetzung der neuen Dezernentenstelle an der Männer dominierten Stadtspitze. Die ist auch nach Meinung der JU ein Muss. Bleiben drei Probleme: Der CDU fehlt erstens dafür die lokale Macht. Und um diese zu bekommen – meint der 27-Jährige – müssten die Christdemokraten zweitens viel deutlicher zeigen, was sie denn anders machen würden als die Roten.
Wer aber nur die Oppositionsbank drücken darf, hat drittens am Ende Probleme sein Profil zu vermitteln. Mit konstruktiver Kritik verschont der JU-Vorsitzender die große Schwester-Partei deshalb nicht. Doch das gilt ebenso für die kleine Schwester Junge Union. Ein Steigbügelhalter für die CDU – Wahlplakate kleben und Info-Stände organisieren – soll die JU nach Willen des Vorsitzenden nicht bleiben. Wissing will vielmehr die Politik und die Stadt verändern.
Dabei wirkt Wissing wie ein Spiegelbild seines jüngeren politischer Sparringspartners Maximilian Janetzki, Vorsitzender der Jusos: Statt forscher Kampfeslust legt der JU-Mann Besonnenheit an den Tag, statt übersprudelndem Aktionsdrang eher Nachdenklichkeit.
Jurastudium in Trier
Mit ruhigem Stil brachte Wissing es dennoch in zwei Jahren zum Geschäftsführer der JU in Oberhausen. Ob die Ruhe dem Alter geschuldet ist? Wissing ist mit 27 fast am Ende seines Jura-Studiums angelangt, fünf Jahre studierte er in Trier, ein Jahr Referendariat trennen ihn jetzt noch von dem Abschluss. Und dann? „Auf jeden Fall kein Richter“, überlegt Wissing im Ausschlussverfahren.
2001 kommt er über Freunde zur JU, „es waren nicht unbedingt die Inhalte, die mich zum Beitritt bewegten“, räumt er ein, „ich wollte aber selbst politisch mitbestimmen können, etwas machen.“ Bereits ein Jahr später wird er ebenfalls Mitglied der CDU. Kurz vor der Kommunalwahl 2004 wählt man Wissing zum Geschäftsführer der Jungen Union. Er muss den Wahlkampf für die große Schwester neben dem Studium und aus Trier organisieren. So wächst der Kontakt zum Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion Daniel Schranz, sie freunden sich an. 2011 wird Matthias Wissing zum Vorsitzenden gewählt.
"Der Spaß soll nicht zu kurz kommen"
Und wie wollen die Jungen Unionler nun aus dem Schatten der großen Schwester treten? Zum Beispiel mit Jugend-Politik: Das neue Jugendparlament schreibt Wissing auch den Bestrebungen der JU und Denis Osman auf die Fahne. Der Zustand des Haus der Jugend sei ebenfalls ein Skandal: „Wenn man beim Bert-Brecht-Haus keine Wahl hatte zu sanieren, das HdJ aber verfallen ließ, hat man die Sache falsch angefangen.“ Da schimmert noch die gewohnte Oppositions-Mecker-Rolle durch.
Hingegen mehr Begeisterung für Politik will der JUler bei jungen Leuten erreichen, „wir müssen klar machen, dass man etwas politisch verändern kann. Der Spaß dabei soll aber auch nicht zu kurz kommen.“ Und auch wenn es um Sparen geht, hat Wissing seine eigenen Ideen: „Politik muss bei sich selbst ansetzen. Wir müssen zeigen, dass wir ernst meinen.“ Wie das? „Durch positive Symbole: etwa auf Aufsichtsratsvergütung verzichten oder keine Schnittchen bei OGM-Sitzungen servieren.“