Oberhausen. Eine aktuelle Erhebung bescheinigt der Marktstraße einen verheerenden Verlust von Besuchern. Doch die stadteigenen Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Wie schlimm ist es um die Zukunft der Marktstraße bestellt? Sehr schlimm, wenn man die aktuelle Erhebung der Passantenfrequenzen ansieht, die das Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang Lasalle nun vorgelegt hat. Einmal im Jahr werden in dieser Studie bundesweit an zwei Tagen für jeweils eine Stunde die Besucherströme in den 170 Top-Einkaufsstraßen der Nation gemessen. In diesem Jahr geschah dies am 25. April von 17 bis 18 Uhr und am 27. April von 13 bis 14 Uhr.
Dabei kam heraus: Während 2012 noch 3750 Menschen zu Spitzenzeiten über die Marktstraße schlenderten, waren es in diesem Jahr nur noch 1360. Ein Rückgang um rund 64 Prozent. Doch Marc Heistermann vom Einzelhandelsverband Ruhr warnt davor, solchen Erhebungen zu viel Bedeutung beizumessen. „Dass die Realität wirklich so dramatisch ist, wie die Zahlen suggerieren, wage ich zu bezweifeln“, so Heistermann. „Man muss sich ansehen, unter welchen Rahmenbedingungen solche Studien entstehen.“ Denn wenn Marktforscher für je eine Stunde an zwei Tagen Besucherströme messen, sei das in seinen Augen nicht repräsentativ.
Samstag ist der schwächste Tag
Heistermann: „Da gibt es viele Unwägbarkeiten, die in solche Ergebnisse einfließen: Regnet es an diesem Tag in Oberhausen, während in Dortmund die Sonne scheint? Gibt es Konkurrenzveranstaltungen im Centro oder anderen Stadtteilen, die Besucher abziehen?“ Derartige Dinge könne man nicht beeinflussen, daher seien die Daten auch „nicht sonderlich präzise.“ In einer Sache stimmt er der Studie von Jones Lang Lasalle allerdings zu: „Auf der Marktstraße ist sicherlich noch viel Potenzial nach oben. Daran besteht kein Zweifel.“
City-Manager Franz Muckel kennt die Besucherströme auf der Marktstraße genau. Anhand einer Frequenz-Zählanlage kann er genau erfassen, wie viele Menschen sich wann auf der Marktstraße tummeln. „Von solchen Erhebungen halte ich nicht viel, der Zeitraum ist viel zu kurz“, so Muckel. Zwar stimmten die Zahlen, die das Immobilienberatungsunternehmen ermittelt hat, mit seinen überein, doch wirklich aussagekräftig seien sie dennoch nicht. „Der Samstag ist bei uns grundsätzlich der schwächste Tag.“ So sind laut seiner eigenen Messung am Samstag, 27. April, rund 10.000 Besucher auf der Marktstraße gewesen, am Montag zuvor (22. April) dagegen 16.336. Erschwerend hinzu kam in diesem Jahr das Wetter. Muckel: „2012 hatten wir an diesem Samstag 25 Grad. In diesem Jahr waren es 8,8 Grad.“
"Parken in der Innenstadt unattraktiv"
Anhand seiner eigenen Daten sind die Passantenfrequenzen in den Jahren 2012 und 2013 für die Marktstraße etwa gleich. Im Juli habe es sogar ein leichtes Plus gegeben: „In der 28. Kalenderwoche Mitte Juli hatten wir in diesem Jahr auf der Marktstraße 88.910 Besucher. Im vergangenen Jahr waren es 81.397“, so Muckel.
Doch nicht alle sind so optimistisch wie der City-Manager. „Ein Einbruch an Passanten würde mich mich nicht überraschen“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Schranz. Denn: „Die Marktstraße wird als Standort immer schwieriger, trotz aller Bemühungen, dem etwas entgegenzusetzen.“ Es gebe viele ungelöste Probleme in der alten Mitte, dazu gehörten seiner Ansicht nach unter anderem die verkehrliche Erreichbarkeit sowie die Parksituation. „Wenn es im Centro und im Bero-Center kostenfreie Parkplätze gibt, wird das kostenpflichtige Parken in der Innenstadt einfach unattraktiv.“
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Wolfgang Große Brömer, findet, dass die Entwicklung, wie Jones Lang Lasalle sie in ihrer Erhebung aufzeichnen, „in den vergangenen Jahren bereits absehbar“ war. „Die Passanten bleiben aus, weil nach der Kaufhof-Schließung attraktive Angebote ausgeblieben sind.“