Zehn Jahre Städtepartnerschaft mit Mersin – das ist sicher eine Feier wert. Und wenn es einen „Türkischen Musikchor NRW“gibt und ein „Tulpen Time Ensemble“ aus vier ausgezeichneten Musikern, die sich der Pflege der klassischen Türkischen Musik verschrieben haben, die Musikschule mitzieht und die Christus-Kirchengemeinde ihr Gotteshaus zur Verfügung stellt, kann sie durchaus auch musikalisch sein.
Klassische Türkische Musik – darunter versteht man die Musik des Osmanischen Reiches, dessen Anfänge etwa um 1300 datiert werden. Der Komponist des ersten zu Gehör gebrachten Stückes lebte allerdings schon um 900: Farabi war einer der großen Universalgelehrten des Orients, der sich besonders intensiv mit einer kosmologisch orientierten Musiklehre beschäftigte. Seine Musik ist im Vergleich zur gleichzeitigen europäischen „Gregorianik“ stärker rhythmisch akzentuiert, wirkt dadurch irgendwie „moderner“. Allerdings schließt sich die türkische Musik bis in die Neuzeit hinein nicht der Entwicklung an, die damals in Mitteleuropa einsetzte, der immer differenzierteren Entfaltung der Mehrstimmigkeit. Sie blieb, wie Beispiele aus allen Jahrhunderten zeigen, bei einer umspielten Einstimmigkeit, die ihre „Würze“ durch stärkere Rhythmik und eine Melodik erhält, die sich teilweise in Achteltönen bewegt. Hier wird der Ursprung der Musik aus einer rituell überhöhten Sprache deutlich. Eine gewisse Einförmigkeit, das Fehlen einer dynamischen Entwicklung, wie wir sie aus unserer Musik kennen, vermittelt das Gefühl, aus der Zeit herauszutreten. In dieser Wirkung trifft sich die alte türkische Musik eigenartigerweise mit Bestrebungen, die wir in der neueren westlichen Musik als „minimal music“ kennen.
Schluss- und Höhepunkt der Veranstaltung war die von Volker Buchloh arrangierte und geleitete Mitwirkung einer großen Gruppe aus der Musikschule. Durch die europäische Intonation ging natürlich einiges an orientalischem Flair verloren, gewonnen wurde aber eine beeindruckende klangliche Wucht, die stehende Ovationen provozierte und das Versprechen, eine solche Veranstaltung zu wiederholen.