Oberhausen..

Eine spanische Delegation besuchte WM-Orakel Paul und überreichte ihm die Ehrenbürger-Plakette der Stadt Carballino. Die Stadt will den Kraken – notfalls auch nach dessen Ableben. Für ihr Oktopus-Museum.

Diese knisternde Atmosphäre im Sea Life lässt erahnen, hier lebt ein Weltstar. Und alle warten auf den Auftritt der Orakel-Krake Paul, die diesmal Gäste aus Spanien mit ihren Tentakeln umgarnen will.

Wobei es etwas Pikantes hat, wenn ein weltweit gefeierter Oktopus „Lieblingsfreund“ einer Stadt mit einer florierenden Tintenfischindustrie wird. In Carballino verarbeitet man Kraken zu schmackhaften Gerichten. Ob Paul das weiß? Carballinos Bürgermeister Carlos Alberto Montes Marques lacht jedenfalls herzhaft über die Anfrage der Tierschutzorganisation Peta, ob man nicht zu Ehren Pauls ein Jahr lang darauf verzichten könne, Tintenfische zu essen. Ein „Unmöglich“ entlockt ihm dieses Ansinnen. Er schmunzelt: „Wir könnten höchstens zwei Tage ohne Pulpo überleben.“ Paul wollen sie übrigens immer noch. Wenn sie ihn schon nicht lebendig kriegen, wenigstens nach seinem Ableben. Dann soll das Weichtier in das Pulpo-Museum einziehen, das man gerade baut. Ja, für die Touristen möchte man in Carballino einiges tun. Denn bislang ist die Stadt lediglich den Spaniern bekannt. Doch mit VIP Paul . . . Wer weiß, was sich da entwickelt.

Paul ist ein Glücksfall





Oberhausen jedenfalls erlebt weiterhin seine Kraken-Mania. Tanja Munzig, Pressesprecherin des Sea Life, spricht von Dutzenden von Anfragen, die sie hätten. „Die reichen von der Frage einer Frau, ob ihr Mann sie betrüge über Wettbüros, die sich meldeten, bis hin zu Vorhersage-Wünschen aus dem politischen Raum.“ Und wie die Gerüchteküche um den Pulpo kocht. Jemand soll Paul Plakate vor die Scheibe gehalten haben, um Infos über politische Entwicklungen in Russland zu erhalten. Angeblich. Wenn erst die CIA auf die Krake kommt, heißt es womöglich bald Paul goes Hollywood.

Aber das sind Spekulationen. Fest steht, erklärt Burkhard Koch, Geschäftsführer der Tourismus & Markting GmbH und Wirtschaftsförderung Oberhausen, es werden ernsthafte Gespräche mit der Deutschen Zentrale für Tourismus geführt. „Die Werbung in Spanien interessiert sich für Paul“, sagt Koch. Dieser Tintenfisch sei ein Imagegewinn für die Stadt. Er mache neugierig. „Die Leute wollen Paul sehen und dann auch andere Dinge in Oberhausen“, erklärt Koch. Paul sei ein Glücksfall.

In China zum Glücksbringer aufgestiegen

Die Krake ist in China zum offiziellen Glücksbringer aufgestiegen, wie Sea Life-Geschäftsführer Stefan Porwoll versichert. Ein Glücksfall war die Krake auch für einen japanischen Fernsehmann, dem eine Dokumentation über Schulden in Europa vorschwebte und der dabei auf Oberhausen stieß. „Er brauchte für seinen Redakteur ein zweites Thema“, erzählt Stadtsprecher Rainer Suhr. Da tauchte Paul an der Oberfläche des Medien-Meeres auf. Das war’s. Zusätzlich interessiert sich die japanische Redaktion nun noch für das Friedensdorf. Ein Glück, dass die Welt jetzt mehr von der Stadt zu sehen kriegt als einen Schuldenberg.

Paul fraß dem spanischen OB aus der Hand. Vielleicht ist er ein Oktopus-Opportunist. Allerdings hatte die Delegation eine Menge Geschenke für die Krake dabei, u.a. eine bronzene Statue, eine originalgetreue Abbildung des einzigartigen Oktopus. Wen wundert es da, dass sich das Sea Life mit T-Shirts revanchierte, auf denen zu lesen war: „Wir sind Paul“. Ja, was sollten wir auch sonst schon sein.

Paul wird kein Oberhausener Ehrenbürger

Wenn Paul nun schon „Lieblingsfreund“ einer spanischen Stadt ist, wird er womöglich Ehrenbürger in Oberhausen? Wohl nicht. „Das würde die langjährigen Verdienste um die Stadt der bisherigen Ehrenbürger schmälern“, findet Stadtsprecher Rainer Suhr. Aber einen Eintrag ins Goldene Buch könne man noch überlegen. Suhr: „Schreiben kann er, er ist ein Tintenfisch“, witzelten sie alle schon.

Paul, der schon zweieinhalb Jahre alt ist, Tintenfische werden höchstens drei, muss sich sputen, wenn er seine neue Aufgabe noch zu aller Zufriedenheit erledigen will. Der Oktopus soll seine Berühmtheit für eine Schildkröten-Rettungsstation auf Zakynthos einsetzen. Und zwar so: Eine Künstleragentur in London wird sich um die internationalen Werbe- und Produktanfragen in Sachen Paul kümmern. Die ersten 100 000 Euro, die Paul mit Werbung und Produktveröffentlichungen verdient, gehen an die Schildkröten-Rettungsstation. Die Station ist erst teils aufgebaut. Sollte das Orakel es schaffen, dass die Station mit ihren Einnahmen fertiggestellt werden kann, wird deren Leiter „nie wieder Krake essen“.