Oberhausen..



Ihre Namen wollen die fünf Referendare nicht nennen, denn noch sind sie in Ausbildung. „Wir werden schlechter dran sein als die Essener Kollegen, die jetzt ihren Abschluss machen“, ist sich eine 26-jährige Lehramtsanwärterin sicher. „Wir haben dann gar keine Perspektive: Unser Abschluss wird mitten im laufenden Schuljahr sein, daher müssen sogar die, die eine Stelle bekommen werden, mindestens drei Monate bis zum nächsten Schulhalbjahr überbrücken.“

Sogar Vertretungsstellen fehlen

Nur wie? In NRW gibt’s schon jetzt kaum Vertretungsstellen. Eine Weiterbildung in gesuchten Mangelfächern wie Mathe oder Physik wird nur für bereits eingestellte Lehrer angeboten. Ein zweites Studium kann von den Referendaren kaum jemand finanzieren. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben sie nicht, wer aber Hartz IV erhält, kann nicht studieren.

„Einige überlegen schon, zurück zu den Eltern zu ziehen“, sagt ihr Kollege. Oder mit dem Partner zusammenziehen? Auch der hat seinen Beruf oftmals erst angetreten. Der schlechte Ausblick belastet, „man will es am liebsten verdrängen“, sagt einer. Kurz vor der Abschlussprüfung hat die Motivation bei einigen einen schweren Knick erfahren.

„Wir wünschen Ihnen viel Glück bei den Prüfungen, und denken Sie daran, sich im Jobcenter arbeitslos zu melden“ – von solchen Ratschlägen berichten Essener Referendare, die am heutigen Dienstag ihr Zeugnis in Empfang nehmen. Sie planen deshalb, im Trauerflor zu erscheinen.

Als die Oberhausener Referendare vor etwa vier Jahren ihr Studium aufnahmen, war das noch anders: „Werdet Lehrer, man braucht euch!“, erinnert sich eine Oberhausenerin an Empfehlungen der Universitäten in Nordrhein-Westfalen. Auf die nächsten sechs Jahre sollte das gesichert sein. Neben den Naturwissenschaften galt Englisch als Mangelfach und auch Sozialwissenschaft war gefragt.

Damals warben andere Bundesländer wie Hamburg und Hessen um in NRW ausgebildete Lehrer. Das Land musste die Lücken plötzlich aufwändig füllen, indem es die Möglichkeit zur Verbeamtung erhöhte, die Lehrerkarriere für Quereinsteiger öffnete.

Auch die Referendariatzeit hat man eben erst beschleunigt, von 24 auf nur noch 18 Monate. „Zeit zum Eingewöhnen gibt es nicht mehr, man soll gleich unterrichten“, kritisiert ein Referendar. Denn Schulen sind auf die Anwärter angewiesen, um damit Unterricht, also fehlende Stellen, abzudecken: Neun Stunden „bedarfsdeckenden“, also vollwertigen, Unterricht in der Woche müssen die Lehrer-Azubis leisten. Dazu kommen Seminare, Unterrichtsbesuche, Schulkonferenzen, Arbeitsgruppen.

Der Leistungsdruck auf Referendare sei durch die Verkürzung enorm gestiegen, erzählt eine engagierte 28-jährige Pädagogin und fragt: „War das für die Katz’?“

Nein, denn gebraucht würden sie schon: Von immer noch großen Klassen mit 28 und mehr Schülern berichten sie. Von hoher Belastung im Kollegium: „Viele Lehrer gehen bereits am Stock“, sagt einer, angesichts ständig neuer Anforderungen: Kaum ein Lehrer wisse, wie unter diesen Bedingungen etwa Inklusion, die Arbeit mit Behinderten, umgesetzt werden könne. Auch die Ganztagsschule sei nicht selten ohne ein echtes Konzept. Nur investieren will das Land für den Mehraufwand offenbar nicht im notwendigen Maße.

Mancher überlegt nun, das Bundesland zu wechseln: „Wir wollen doch Lehrer werden, weil wir mit jungen Menschen arbeiten, weil wir etwas bewegen wollen.“