Oberhausen. Die Bandidos haben in der Oberhausener Innenstadt Räume angemietet. Ein Grund zur Sorge? - Nein, sagt die Expertin Gita Ekberg. Sie erklärt, wie man mit dieser Situation umgehen kann. Und warum die Behörden wenig Spielraum haben.

Die freie Fernseh-Journalistin Gita Ekberg kennt sich aus in der Rockerszene. Sie recherchiert seit längerem sowohl über die Hell’s Angels als auch die Bandidos und hat für den NDR die Dokumentation „Die neue Macht der Rocker“ produziert. Helen Sibum sprach mit der Expertin über die Standortpolitik der Bandidos, ihr Auftreten gegenüber den Medien und die Rolle der Polizei.

In Oberhausen hat das örtliche Chapter der Bandidos Räume in der Innenstadt angemietet – müssen die Oberhausener jetzt Angst haben?

Gita Ekberg: Sie sollten keine Angst haben, sondern das Chapter aufsuchen und nachfragen, warum es diese Ansiedlung gegeben hat. Die Antworten sollten sie auf Plausibilität überprüfen. Sie sollten auch die zuständige Behörde fragen, ob das, was die Bandidos dort vorhaben, mit der Nutzung im nachbarschaftlichen Umfeld konform ist.

Ist eine solche Standortwahl in zentraler Lage nicht ungewöhnlich? Schließlich heißt es immer, Rockerbanden wollten vor allem in Ruhe ihren Geschäften nachgehen.

Ekberg: Eine Innenstadtlage spricht nicht per se gegen die „Ruhe im geschäftlichen Bereich“. Es kommt darauf an, was in der gemieteten Fläche veranstaltet werden soll: ein Clubheim, ein Bordell, ein Fitness-Studio, eine Kneipe. Eine Fläche in einer exponierten Lage zu mieten kann auch bedeuten, dass die Bandidos Flagge zeigen wollen, nach dem Motto: Wir sind hier. In den meisten Fällen haben wir festgestellt, dass Clubhäuser oder clubeigene Kneipen in der Nähe der Geschäftsfelder eröffnet werden. Offenbar gilt auch hier: kurze Wege.

Die Polizei hat die Ansiedlung mit größter öffentlicher Zurückhaltung behandelt. Ist das Ihrer Erfahrung nach ein häufiges Vorgehen der Behörden?

Ekberg: Wenn Bandidos einen Mietvertrag abschließen, ist das in erster Linie nicht Sache der Polizei, sondern erstmal ein Vertrag zwischen Bandidos und Vermieter. Was soll die Polizei tun? Solange kein Verdacht einer Straftat vorliegt, kann sie beobachten, mehr nicht. Da ist eher die Zivilgesellschaft gefordert, also wir alle.

Ist der kriminelle Bandido die Regel?

Ekberg: Nicht alle Bandidos sind kriminell, aber sie verstehen sich als Bruderschaft. Wird einer kriminell, kann er sich auf die Solidarität seiner „Brüder“ verlassen. Wir haben bei unseren Recherchen keinen Fall gefunden, in dem sich Bandidos von einer Gewalttat eines „Bruders“ distanziert haben.

Wie sind die Bandidos Ihrer Kenntnis nach in Nordrhein-Westfalen und insbesondere im Ruhrgebiet aufgestellt?

Ekberg: Einige der in der europäischen Hierarchie ganz oben stehenden Bandidos stammen aus NRW. Entsprechend groß werden der Einfluss und das besondere Augenmerk auf die „Heimatregion“ sein.

Gegenüber den ersten Anfragen von uns Medien zeigen sich die Bandidos relativ offen – zumindest haben sie reagiert. Steht dahinter eine Strategie?

Ekberg: Wer auf Dauer kritisch berichtet, erlebt diese Reaktion nicht mehr. Profunde Kenntnisse der Szene führen zur Ablehnung. Nach Ausstrahlung unseres ersten Films stellten wir an den Pressesprecher der Bandidos eine Anfrage für den zweiten Film. Er lehnte mit der Begründung ab, die Berichterstattung habe ihnen nicht gefallen. So viel zur Offenheit.