Oberhausen.. Immer mehr Vandalen treiben auf den Friedhöfen in Oberhausen ihr Unwesen. Seit 2006 wurden insgesamt 141 Straftaten gemeldet. Meist handelt es sich um Metalldiebstähle. Viele Täter bleiben unerkannt. Gegenmaßnahmen erweisen sich häufig als schwierig.

Die Alstadener haben genug: Seit Silvester verwüsten Unbekannte immer wieder ihren Friedhof, brechen ins Bürohaus ein, beschmieren Wände und schlagen Fensterscheiben ein. Alstaden steht damit nicht allein da: Auf den 22 städtischen und kirchlichen Friedhöfen wurden seit 2006 141 Straftaten angezeigt. Meist waren das Metalldiebstähle, von denen auch die kleineren Gemeindefriedhöfe betroffen sind. Nur zehn Täter sind gefasst. Der Schaden liegt bei mehreren Zehntausend Euro. Zahlen müssen meist die Angehörigen, die bei Zerstörungen der Grabstellen haften.

Allein auf den fünf kommunalen Begräbnisstätten sollen seit 2006 Sachschäden in Höhe von 70 000 Euro entstanden sein. Im Auftrag der Stadt bewirtschaften 34 Mitarbeiter der Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM) den Nord-, Ost- und Westfriedhof sowie die Friedhöfe in Alstaden und an der Landwehr. Jeder einzelne würde regelmäßig von Randalierern heimgesucht, die u.a. Werkzeuge aus den Betriebshäuschen stehlen. Seit 2006 seien rund 50 Vandalismus-Taten angezeigt worden, also im Schnitt jährlich zwei pro Friedhof. Mehr als die Hälfte betreffen private Grabstellen, 20 städtisches Eigentum – alle Verfahren hat die Polizei ergebnislos eingestellt.

Überwachungskameras auf Friedhöfen sind nicht geplant

„Unsere Bezirksbeamten haben auf die Friedhöfe immer ein Auge“, sagt Monika Friske, Sprecherin der Polizei. Aufgrund der Vielzahl der Anlagen seien sie aber auf die Mithilfe der Bürger angewiesen. „Wenn jemand eine Straftat beobachtet, sollte er uns sofort benachrichtigen.“ Dazu rief jüngst auch der Alstadener Bürgerring auf. Die OGM setzt darüber hinaus einen nächtlichen Wachdienst ein, tagsüber patrouillieren Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes. Andere Sicherheitsmaßnahmen wie etwa Überwachungskameras wolle man nicht ergreifen, so OGM-Sprecher Alexander Höfer: „Wir werden die Ruhestätten nicht hermetisch abriegeln.“

Auffällig ist: Je kleiner der Friedhof, desto seltener wird er von Vandalen heimgesucht. Die Gemeindefriedhöfe sind bisher fast ausnahmslos verschont geblieben, nur an der Forststraße in Königshardt weiß man von Grabverwüstungen zu berichten. Grund dafür könne sein, so heißt es bei der Polizei, dass die größeren Stätten unübersichtlicher sind. „Randalierer fallen dort weniger auf.“

Die Diebe fangen in einer Stadt an und ziehen dann durchs Ruhrgebiet

Doch ob klein, ob groß: Grabschmuck - besonders aus Metall - wird überall und immer gestohlen: 72 Diebstähle sind in den vergangenen fünf Jahren angezeigt worden, mit einer höheren Zahl tatsächlicher Diebstähle rechnet allerdings die Polizei. „Die Bürger bringen nicht alles zur Anzeige“, so Friske.

Auf den städtischen Friedhöfen etwa wurden in den vergangenen zwei Jahren über 100 Gegenstände gestohlen. Gesamtschaden: rund 10.000 Euro. Auf dem katholischen Friedhof an der Teut­straße in Osterfeld haben Diebe Grabschmuck im Wert von rund 5000 Euro gestohlen. Sogar die kupfernen Regenrinnen hatten sie mitgenommen. „Seitdem haben wir Rinnen aus Plastik“, erklärt Fritz Appenzeller von der Propstei St. Pankratius. Die Polizei geht bei den revierweiten Diebstählen von organisierter Kriminalität aus. OGM-Sprecher Höfer: „Die Diebe fangen in einer Stadt an, ziehen durchs Ruhrgebiet und beginnen dann wieder von vorn.“

Stadtdechant Peter Fabritz über die Ursachen von Vandalismus an eigentlich heiligen Orten

Fragt man den Stadtdechanten Peter Fabritz nach den sinnlosen Vandalismus-Schäden an solch heiligen Orten wie einem Friedhof, dann spürt man, wie ärgerlich und wütend der Pfarrer über den mangelnden Respekt der Täter vor der letzten Ruhestätte der Menschen ist - und wie er zugleich auch ratlos ist, was man dagegen tun kann.

Fabritz glaubt, dass die Ursache solch extremer Entehrung von Orten des Gedenkens zum einen an der inneren Verfasstheit der unbekannten Vandalen liegt, aber auch daran, wie die gesamte Gesellschaft mit dem Tod umgeht.

„Bei den betroffenen Tätern mag wohl eine Unausgeglichenheit, hohe Aggressivität und Abenteuerlust eine entscheidende Rolle spielen“, mutmaßt Fabritz. „Für viele ist ja der Friedhof weiterhin ein gruseliger Ort, da wollen einige wohl ihr Mütchen kühlen und sich beweisen.“

"Für viele gehört der Tod nicht mehr als Teil des Lebens dazu"

Aber grundsätzlich neige die Gesellschaft zunehmend dazu, den Tod komplett zu verdrängen; den Friedhof außen vorzulassen. „Für viele gehört der Tod nicht mehr als Teil des Lebens dazu“, meint Peter Alferding, Leiter des Katholischen Familienbildungswerkes Oberhausen.

Stadtdechant Fabritz bemerkt dies an dem zunehmenden Trend, sich trotz existierender Angehöriger anonym bestatten zu lassen. Und an der Art, wie Bürger auf den Tod eines nahestehenden Verwandten reagieren. „Viele wollen eine Beerdigung nur möglichst schnell über die Bühne gehen lassen, statt sich würdig in Ruhe von demjenigen zu verabschieden, den man im Leben lange begleitet hat.“

Kinder müssen bereits mit der Ruhestätte vertraut gemacht werden

Wo also eine Bestattungskultur nicht mehr gelebt wird, ist auch der Friedhof als besonderer Ort der Gemeinschaft in Gefahr.

Wie kann man denn heute Vandalismus eindämmen? Fabritz denkt, man müsse schon bei den Kleinen anfangen, sie mit der besonderen Ruhestätte vertraut machen. „In unseren Kindergärten und Schulen gehen wir auch schon mit kleinen Kindern auf den Friedhof, damit sie diesen Ort überhaupt kennenlernen.“

Doch wie man die Gewalttäter selbst nachdenklich stimmen kann, dass wisse er auch nicht. An der Wirkung moralischer Appelle scheint der oberste Katholik in dieser Stadt nicht zu glauben.

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