Oberhausen. In Oberhausen gab es in den vergangenen zwölf Monaten 15 registrierte Fälle von Autofahrern, die ohne eine gültige Fahrerlaubnis unterwegs waren. Der jüngste Fall: Eine 78-Jährige, die bereits vor einem Jahr ihren Führerschein hatte abgeben müssen.
Eigentlich hätte sie gar nicht hinterm Steuer sitzen dürfen: Eine 78 Jahre alte Autofahrerin ist am Mittwoch gegen 19 Uhr auf der Poststraße mit dem Wagen einer 28-Jährigen zusammengestoßen – vermutlich, weil sie die Vorfahrt missachtet hat. Nach dem Unfall stieg sie aus ihrem Wagen aus, fragte ob alles in Ordnung sei und setzte dann ihre Fahrt fort. Natürlich merkte sich der junge Mann ihr Kennzeichen und benachrichtigte die Polizei, die die Frau kurze Zeit später ausfindig machte. Besonders heikel: Bereits vor einem Jahr hatte die Frau ihren Führerschein beim Oberhausener Verkehrsamt abgeben müssen.
Fahren ohne Führerschein – ein Vergehen, das in Oberhausen kein Einzelfall ist. In den vergangenen zwölf Monaten wurden 15 Autofahrer im Stadtgebiet aus dem Verkehr gezogen, die entweder ihren Führerschein durch Verkehrsverstöße verloren hatten oder noch nie im Besitz eines solchen waren. In einem Fall vom Oktober vergangenen Jahres erwischte die Polizei einen 56-Jährigen, der sage und schreibe 35 Jahre ohne Führerschein unterwegs war.
Verkehrsverstöße bleiben meist unentdeckt
„Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich bedeutend höher“, vermutet der Oberhausener Polizeisprecher Uwe Weighardt. Wie hoch genau, dass könne man allerdings unmöglich beziffern. „Sie kennen das doch: Man wird ja nicht jeden Tag von der Polizei kontrolliert.“ Oft sei es deshalb einfach Zufall, dass solche Verkehrsverstöße lange unentdeckt bleiben. So auch in den beiden oben genannten Fällen. Weighardt: „Ich habe jetzt seit rund 38 Jahren meinen Führerschein und bin vielleicht zwei oder drei Mal in eine Polizeikontrolle geraten.“
Hemmschwelle deutlich gesunken
Der Polizeisprecher glaubt, dass die Hemmschwelle, sich ohne Führerschein hinter das Steuer eines Wagens zu setzen, gesunken ist: „Die Leute denken sich: ‘Mir passiert ja nichts’ oder ‘Warum sollte ausgerechnet ich erwischt werden?’“ Genau das sei die falsche Einstellung, weil auch den besten Fahrer ein unverschuldeter Unfall treffen könne. Wer dann ohne Führerschein unterwegs ist, hat das Nachsehen – nicht nur juristisch, sondern auch versicherungstechnisch.
„Das ist ja eine vorsätzliche Tat und kein Dummer-Jungen-Streich“, erklärt Jacqueline Grünewald vom ADAC-Nordrhein. „Wer sich ohne Führerschein ans Steuer setzt, hat keinen Versicherungsschutz mehr und wird den Schaden, ob selbstverschuldet oder nicht, selbst tragen müssen.“
Verkehrsverhalten auf niedrigem Niveau
Indes beklagt Uwe Weighardt: „Das generelle Verhalten im Straßenverkehr ist mittlerweile auf einem niedrigen Niveau.“ Das sehe man an den regelmäßigen Verkehrskontrollen oder Aktionen wie dem Blitzermarathon. „Da fahren die Leute dann mal einen Tag vorsichtig und am nächsten Tag wird wieder gerast“, so Weighardt. Er zählt pro Monat rund 1200 Geschwindigkeitsverstöße in Oberhausen. „Offenbar verlieren die Menschen noch nicht genug Geld, wenn sie erwischt werden.“
Und die 78-Jährige? „Die Dame wird ihren Führerschein wahrscheinlich nie mehr wiedersehen“, so Uwe Weighardt.