Oberhausen. Seit rund einem Jahr ist die Bahnhofsmission wieder im Einsatz in Oberhausen. Die Ehrenamtlichen leisten Hilfe bei Reisen und in Krisensituationen.
Es ist 8.30 Uhr. Auf Gleis 9 am Hauptbahnhof schlüpfen Bodo Gräßer und Sascha Becker in ihre blauen Westen und machen sich auf den Weg. Helfen steht auf der Tagesordnung. Und zuhören. Und vermitteln. Wie jeden Tag.
Die beiden sind im Auftrag der Bahnhofsmission unterwegs. Seit etwa einem Jahr ist die nämlich wieder hier in Oberhausen tätig. Nicht als eigenständige Stelle, sondern als Außenstelle der Bahnhofsmission Duisburg, zu deren Leitungsteam Gräßer gehört.
Los geht’s, durch den Bahnhof. Hat jemand Reisehilfe angemeldet? Dann stehen die Helfer am Bahnsteig bereit, um Senioren, Gehbehinderte, Blinde oder Familien mit Kindern beim Ein-, Aus- oder Umsteigen zu unterstützen.
„Das sind die, die helfen“
Ob Hilfe bei der Reiseplanung, am Fahrschein-Automaten oder die Begleitung von Kindern im Zug – die Bahnhofsmission unterstützt Menschen auf Reisen. Die häufigste Anfrage zurzeit: „Wo geht’s zum Centro?“, erzählt Becker, der die Arbeit hier in Oberhausen koordiniert. Seit der Eröffnung des Weihnachtsmarkts häufen sich die Anfragen – gleichermaßen von Jung und Alt.
Auch in persönlichen Krisensituationen steht die Bahnhofsmission mit Rat und Tat zur Seite – oder mit einem offenen Ohr. Denn manche Leute bräuchten einfach nur jemandem zum Reden. „Neulich ist eine Frau auf mich zugekommen“, erzählt Becker. Ihr Mann war gestorben, danach ihr Hund. „Sie hat mir ihr Herz ausgeschüttet – wie ein Wasserfall ist es aus ihr herausgebrochen.“
Die Menschen erzählen von Schicksalsschlägen, von Krankheit, oder einfach aus ihrem Leben. Gerade jetzt vor Weihnachten seien auch viele schöne Gespräche dabei, so Gräßer. Etwa von Senioren, die zu ihren Kindern fahren und sich freuen, endlich mal wieder die Enkel zu sehen.
Seit 1894 gibt es die Bahnhofsmission schon. Ihre Arbeit sei mit einem positiven Image verbunden, so Gräßer: „Viele kennen uns, wissen jedoch nicht, was genau wir tun. Aber was sie wissen ist: Das sind die am Bahnhof, die helfen.“ Und das erleichtere ihnen den Zugang zu den Menschen.
So kam vor kurzem eine junge Dame auf ihn zu, schildert Becker, und vertraute ihm an, dass sie von ihrem Freund misshandelt werde. An seiner blauen Weste hatte sie den 26-Jährigen als Helfer erkannt und den Mut gefasst, ihn anzusprechen. Nach einem Gespräch habe er sie an die Frauenberatungsstelle vermittelt.
Ehrenamtliche gesucht
Die Menschen nehmen die Unterstützung der Helfer in Blau gerne an. Seit der Eröffnung im November 2010 hatten sie hier etwa 2200 Kontakte, darunter 450 seelsorgerische Gespräche. Acht ehrenamtliche Mitarbeiter und Ein-Euro-Jobber aus Duisburg unterstützen die Arbeit von Becker und Gräßer, die auch die Loveparade-Tragödie im Dienst miterlebt haben. „Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer könnte der Dienst nicht aufrecht erhalten werden“, so Gräßer. Denn die Bahnhofsmission, eine ökumenische Einrichtung, die vom Caritasverband und der Diakonie in Duisburg getragen wird, finanziert sich durch Spenden und Kirchensteuergelder, die rückläufig sind.
Zudem habe man Probleme, Mitarbeiter zu finden. Gräßer: „Wir suchen Ehrenamtliche, die hier einige Dienste übernehmen würden.“
Das Schönste an der Arbeit? Für Gräßer ist es die Begegnung mit so vielen verschiedenen Menschen. Für Becker sind es bestimmte Augenblicke: „Die Momente, in denen man den Menschen ansieht, wie glücklich sie darüber sind, dass wir für sie da waren.“