Der Bundesfreiwilligendienst – ein totaler Flop? Für Oberhausen kann man das nicht behaupten. Knapp 100 Tage nach dem Start fällt das Zwischenfazit bei Pflege- und Sozialeinrichtungen meist positiv aus.
Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) – ein totaler Flop? Für Oberhausen jedenfalls kann man das nicht behaupten. Knapp 100 Tage nach dem Start fällt das Zwischenfazit bei Pflege- und Sozialeinrichtungen meist positiv aus. „Die Ängste, die wir vor dem Ende des Zivildienstes hatten, waren unbegründet“, resümiert Rainer Lettkamp, Geschäftsführer der Lebenshilfe. Nach einem zähen Beginn nimmt der Bundesfreiwilligendienst offenbar zunehmend Fahrt auf.
Anfangs herrschte
große Skepsis
Noch im Juni hatten mehrere Einrichtungen auf NRZ-Anfrage große Bedenken geäußert. Sie fürchteten eine Personal-Lücke nach dem Ende des Zivildienstes. Schließlich gab es bis dahin ein allenfalls zartes Interesse am neuen Dienst. „Kurz vor und in den Sommerferien gingen dann auf einmal enorm viele Anfragen ein“, berichtet Jochen Kamps, Geschäftsführer der örtlichen Arbeiterwohlfahrt (Awo). „Wir hatten deutlich mehr Bewerber als wir einstellen konnten.“ Daher konnte sich nicht nur die Oberhausener Ganztagsbetreuung der Awo über tatkräftige Unterstützung freuen, auch in den Nachbarstädten wurden die Bewerber untergebracht.
Von „superguten Leuten,“, die die Zivildienstleistenden angemessen ersetzen, schwärmt bereits Reinhard Messing von der Caritas. Acht Bundesfreiwilligendienstler („Bufdis“) komplettieren aktuell das Oberhausener Team. Lediglich eine Stelle in einer stationären Einrichtung für psychisch Erkrankte sei noch vakant.
„Wir haben uns allerdings auch in einem langen Prozess auf das Ende des Zivildienstes eingestellt“, gibt Messing zu bedenken. Sukzessive seien in den vergangenen Jahren Zivi-Stellen durch Mini-Jobber oder Vollzeitkräfte ersetzt worden. Zudem hätten Ehrenamtliche mehr Aufgaben übernommen. Daher mussten in diesem Sommer weniger als ein Dutzend Zivis ersetzt werden und nicht 50 – so viele Zivis hatte die Caritas in den 80er Jahren.
Holpriger Start
beim Roten Kreuz
Bei der Lebenshilfe arbeiteten noch in diesem Frühjahr 17 junge Männer als Zivildienstleistende mit. „Wir konnten diese nahezu in Gänze durch Bufdis ersetzen“, erklärt Geschäftsführer Rainer Lettkamp zufrieden. Der Vorteil: „Es gibt jetzt auch ältere Bewerber, die viel Lebenserfahrung mitbringen. Das ist in bestimmten Bereich einfach sinnvoll.“ So betreut nun beispielsweise eine Dame in den Vierzigern im Rahmen ihres BFDs im Herbert-Bruckmann-Haus die älteren behinderten Bewohner.
Etwas holpriger lief die Umstellung vom Zivildienst auf den Bundesfreiwilligendienst hingegen beim Deutschen Roten Kreuz (DRK). Wegen zu geringer Bewerberzahlen mussten vermehrt junge Leute, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, eingestellt werden – 29 insgesamt. Sie sind nun mit stationärer Altenpflege oder Krankentransporten betraut.
Mittelfristig rechnet jedoch auch Marco Schmidt, Leiter der Einsatzdienste, damit, dass der bislang einzige Bufdi beim Roten Kreuz Gesellschaft bekommt. „Die Nachfrage zieht an. Das liegt auch daran, dass nun alle Unklarheiten beseitigt sind.“ Im Frühsommer hätte es beispielsweise noch keine eindeutigen Informationen darüber geben, ob während des BFD noch Kindergeld-Anspruch besteht, bemängelt Schmidt. „Diesen gibt es definitiv. Und das sorgt natürlich für mehr Interessenten.“
Info: Mit der Aussetzung der Wehrpflicht am 1. Juli 2011 war auch das Ende des Zivildienstes besiegelt. An dessen Stelle trat der Bundesfreiwilligendienst. In diesem neuen Dienst können sich Frauen und Männer jeden Alters engagieren, sobald sie die Schule beendet haben. Anders als beim Zivildienst können sie nicht nur in den Bereichen Sozialarbeit und Pflege, sondern auch bei Projekten zur Integration von Migranten oder in Sportvereinen oder im Kulturbereich mitarbeiten. Der Bundesfreiwilligendienst wird mindestens über einen Zeitraum von sechs Monaten absolviert, maximal möglich ist eine Dienstdauer von 24 Monaten. Menschen über 27 Jahre können ihren Freiwilligendienst auch in Teilzeit verrichten. Entlohnt wird dieser mit einem Taschengeld in Höhe von maximal 330 Euro. Neben dem Bundesfreiwilligendienst gibt es noch das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Wesentlicher Unterschied zum Freiwilligendienst: Das FSJ kommt nur für junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren in Frage.