Oberhausen. Als Stätte für Gebete und Verkündigung wurde das Gebäude jetzt offiziell entwidmet. Ein schwerer Abschied für viele Gemeindemitglieder.
Die fröhliche Stimmung im von hellem Sonnenschein bestrahlten großen Garten passte am Sonntag an der Grenzstraße gar nicht zum traurigen Anlass. Aber nach 43 Jahren feierte die Evangelische Christuskirchengemeinde dort, in Haus Bethel, ihren letzten Gottesdienst und ihr letztes Gemeindefest. Haus und Grundstück sollen verkauft werden. Die Gemeinde rückt an der Nohlstraße enger zusammen.
Ein Käufer für das Objekt mit seiner 70er-Jahre-Waschbeton-Fassade steht schon fest. Aber die Verantwortlichen um Pfarrerin Ilona Schmitz-Jeromin und Finanzkirchmeister Ulrich Faber hielten den Namen geheim. Es fehlt noch die Zustimmung der Rheinischen Landeskirche zu dem Geschäft. Dabei setzte die Gemeinde damit nur eine räumliche Konzentration um, die von der Landeskirche mit einer kritischen Bestandsaufnahme aller Immobilien vorgegeben wurde.
Und dabei hat die Christuskirchengemeinde zwar an der Grenzstraße kein Problem, wohl aber mit ihrer unter Denkmalschutz stehenden Christuskirche selbst. Sie ist die älteste evangelische Kirche in Oberhausen, Baujahr 1864. Das Mauerwerk des Turms ist marode. „Es wird ein siebenstelliger Betrag sein, den die Sanierung kostet“, räumte der Finanzkirchmeister ein. Selbst der Verkaufserlös von Haus Bethel werde diese Kosten nicht decken. Deshalb hat die Gemeinde schon vor drei Jahren einen Förderverein gegründet. Für ihn bat Vorsitzender Michael Arnswald am Sonntag um Spenden.
Das große Kreuz wurde abgenommen
Nach dem vormittäglichen Gottesdienst wurde das Gebäude förmlich als Stätte für Gebet und Verkündigung entwidmet, indem das große Kreuz hinter dem Abendmahltisch abgenommen wurde. „Es findet künftig im Gemeindehaus an der Nohlstraße seinen Platz“, berichtete die Pfarrerin.
Nur für kurze Zeit vertrieb ein Wolkenbruch die Festgemeinde am Wochenende aus dem Garten. Dort wurden Kinderspiele geboten, ließen es sich die Besucher gut schmecken.
Jedenfalls gab es viel Zeit, die Geschichte von Haus Bethel Revue passieren zu lassen. „So hieß schon ein Vorgängergebäude an der Grenzstraße“, berichtete Ulrich Faber. Die Gemeinde stützte sich also immer auf zwei Standorte, hatte sie doch zu besten Zeiten rund 12 000 Mitglieder. Heute sind es noch 5300 – eine Folge des Bevölkerungswandels in der Altstadt.
Jahrzehntelang war Haus Bethel mit dem Namen von Pfarrer Helmut Faber verbunden. Von 1965 bis 1998 war er hier im Amt. Es war eine Zeit des Aufbruchs, denn mit dem neuen Gemeindehaus zog auch ein neuer Geist ein: mit moderner Musik, Theatergruppen und vielen Festen. „Das kam heute alles beim Singen der Lieder wieder in mir hoch“, gestand Irmtraut Faber, seine Witwe. „Mir fiel das hier heute sehr schwer.“
Leicht fällt auch Renate Hesse vom Presbyterium die Trennung vom zweiten Standort der Gemeinde nicht. „So ein schönes Grundstück bekommen wir nie mehr“, bedauerte sie. Ihre Kindheit und Jugend hat sie rund um die Christuskirche verbracht. Dann aber wechselte sie umzugsbedingt an die Grenzstraße. „Beide Bereiche der Gemeinde gingen damals ihre eigenen Wege. Dort die mehr konservativen Protestanten, hier die fortschrittlicheren. Eine Trennung, die es künftig nicht mehr gibt. „Ich möchte vor allem verhindern, dass wir alte Menschen hier zurücklassen müssen“, hofft Renate Hesse. Denn sie steht der Evangelischen Arbeitnehmer-Bewegung vor. Nach Auskunft von Ulrich Faber soll es einen Fahrdienst von dort zu Veranstaltungen an der Nohlstraße geben.
Chance für einen Neuanfang
„Ich hab’ zwar noch im alten Haus Bethel Konfi-Unterricht gehabt. Und ich habe im neuen Haus 1988 geheiratet“, erinnerte sich Rainer Kullmann. Dennoch sieht er mit dem Umzug des Inventars an die Nohlstraße auch die Chance für einen Neuanfang. „Alle Gruppen der Gemeinde finden an der Nohlstraße Platz“, erklärte die Pfarrerin. Vor allem aber würden sämtliche Mitarbeiter übernommen. Niemand verliere seinen Job. Das sei im Zweifel wichtiger als der Erhalt des Gebäudes.