Oberhausen. Depeche Mode zeigen sich in der Oberhausener Arena als nimmermüde Motoren ihres Genres: Kaum ist die „Delta Machine“ angeworfen, feiern 12.000 Fans am Donnerstagabend eine Party mit spektakulären Bühnenbildern und pointierter Nostalgie.

Dave Gahan hat seinem Körper immer alles abverlangt. Wenn der 51-Jährige heute zu den ersten Klangtropfen des mehr als zweistündigen Auftritts in die König-Pilsener-Arena in Oberhausen tänzelt, denkt man nicht an zermürbende Drogengeschichten und Krankheiten, die dem Sänger in den 90er Jahren beinah das Leben kosteten.

Gahan steht für die Depeche Mode. Irgendwie unkaputtbar. Und doch ist es eine sensible Liebesbeziehung zwischen Bühne und Rängen. Ein distanziertes Drehbuchkonzert würden die 12.000 Fans in der ausverkauften Halle den Briten übelnehmen. Doch schon nach „Welcome to my world“ hat die Band, die vor 33 Jahren ihren Siegeszug startete, bereits mächtig gepunktet.

Effekte ramponieren nicht die Seele des Konzerts

Das liegt nicht an der für einen Konzertauftakt eher gediegenen Songauswahl, sondern an der immensen Strahlkraft des Ganzen. Depeche Mode verbinden Mensch und Technik. Die Tour „Delta Machine“ zeigt mechanisch genau, wie eine ansprechende Optik mit Klangkonstruktionen harmonieren kann, ohne die Seele des Konzerts zu ramponieren. 

Konkret heißt das: Drei Videoleinwände sind großes Kino, dazu zwei weitere LED-Elemente, die sogar auf Treppenstufen sprühende Feuerfunken projizieren, dass die Hallentemperatur scheinbar automatisch steigt. Die Konzerte von Depeche Mode sind schlichtweg spektakulär. Doch der ganze Prunk würde ohne Martin Gore, Andrew Fletcher und eben Dave Gahan nicht funktionieren.

Frontmann Gahan setzt 29 Mal zur Pirouette an

Gahan dreht schon vor dem ersten Szenenapplaus seine Pirouetten, in gut 120 Minuten wird er diesen Drehwurm 29 Mal ansetzen, oft auf den Bühnensteg stolzieren, den Erste-Reihe-Stehern anschaulich die Beweglichkeit seines Hinterteils demonstrieren und seine Garderobe von schwarzer Glitzerjacke, über eine dünne Weste bis zum durchgeschwitzten Oberkörper immer weiter entblättern.

Der Mann ist fit. Ein Stehaufmännchen. Es stimmt die Balance. Viele Klassiker, ausgesuchte Neuerungen. Bei „Personal Jesus“, „Enjoy the silence“, „I just can't get enough“ oder „A question of time“ sollte selbst Depeche-Mode-Novizen deutlich werden, welche großartigen und stilprägenden Genrewerke sich in drei Jahrzehnten angesammelt haben.

Depeche-Mode-Familien beim Konzertausflug

New Wave, Rock, Pop und pointierte Synths verpacken Depeche Mode zu einem vorweihnachtlichen Gesamtpaket, das beim Konzert in Oberhausen viele wohlige Erinnerungen aufleben lässt. Diesmal ist es nicht eine der in den Diskotheken so häufig abgespulten Motto-Partys. Die Konzert-Nostalgie taugt für Tagträume. Dafür streifen sich nicht nur Fans der ersten Stunden das schwarze T-Shirt über. Längst treffen sich komplette Familien zum Konzertausflug.

Dass die Zugaben eine halbe Stunde dauern, zeigt die ganze Stärke des Gastspiels der Briten. Der Abschied ist herzlich. Auch wenn David Gahan während des gesamten Auftritts kaum einen Satz gen Publikum richtet. Es sind die besonderen Momente, die hängen bleiben. Etwa wenn sich Multitalent Martin Gore das Mikrofon schnappt, im schummrigen Licht mit Balladen bezirzt und damit selbst Fans in Feldstecher-Entfernung ganz nah an die Bühne zieht.