Oberhausen. Selbstbestimmt und doch betreut wohnen: Das soll jungen Menschen mit Handicap in der ersten WG dieser Art in Oberhausen ermöglicht werden.
Junge Menschen, die gehbehindert sind oder pflegerische Unterstützung brauchen, haben es schwer, wenn sie sich selbstständig machen und in eine eigene Wohnung ziehen wollen. Barrierefreie Wohnanlagen sind häufig rundherum auf die Bedürfnisse von Senioren ausgerichtet. Das macht auch die aktuelle Pflegeplanung der Stadt deutlich, die in diesem Bereich einen großen Bedarf aufzeigt. Im Knappenviertel, in einem leerstehenden früheren Lebensmittelmarkt, plant die Covivio Immobilien GmbH jetzt ein neuartiges Wohnprojekt, das erstmals genau dafür maßgeschneidert sein könnte: Zehn ebenerdige Apartments, die um einen offenen Gemeinschaftsbereich angeordnet sind, ermöglichen selbstbestimmtes, individuelles Wohnen. Ein Kooperationspartner für Service und Betreuung ist mit einem Büro in die WG integriert, das rund um die Uhr besetzt sein soll.
Die einzelnen Apartments sind zwischen 34 und 38 Quadratmeter groß. Gut 20 Quadratmeter umfasst der Wohn-Schlafbereich, dazu gibt’s eine kleine Kochnische und ein rollstuhlgerechtes Bad mit Dusche. Hinzu kommen anteilig Gemeinschaftsraum und Garten.
Mietpreis auf Grundsicherungsniveau
Der Mietpreis der frei finanzierten Wohnungen soll sich auf Grundsicherungsniveau bewegen. „Uns ist klar, dass wir es bei den zukünftigen Mietern in der Regel nicht mit Menschen mit Reichtümern zu tun bekommen werden. Deshalb wird es für uns wohl nicht das profitabelste Projekt. Aber wir sind froh, dass wir auf dieser Gewerbefläche, auf der wir keine vernünftige Nahversorgung mehr hinkriegen, jetzt etwas Zukunftsfähiges schaffen, das eine Bereicherung für das Viertel ist“, sagt Jochen Humpert, Geschäftsführer fürs Kaufmännische Bestandsmanagement bei Covivio, mit Blick auf die Nachbarschaft mit dem Quartiersbüro, einer Demenz-WG und dem Haus Marienburg.
Fertigstellung bis Frühjahr 2020
Bei der Stadt läuft das Unternehmen, das seine Wurzeln im Werkswohnungsbau von Thyssen/Krupp hat, mit seinen Plänen offene Türen ein: „Wir glauben, dass das auch ein Meilenstein für Oberhausen sein und auf eine Zielgruppe aufmerksam machen kann, die viele noch nicht auf dem Schirm haben“, sagt Nese Özcelik vom städtischen Büro für Chancengleichheit. Der Bauantrag ist bereits gestellt. Die Fertigstellung ist für Frühjahr 2020 angepeilt.
Das Wohnprojekt ist nicht zwingend ausschließlich für junge Leute reserviert, theoretisch ist in der komplett barrierefreien Anlage auch Seniorenwohnen möglich. Allerdings geht man angesichts des großen Bedarfs an angemessenem Wohnraum für junge Menschen mit Handicap davon aus, eine WG aus jüngeren Menschen zusammenzubekommen.
Und damit die Chemie in der lockeren WG von Anfang an auch stimmt, will man die Interessenten im Vorfeld schon mal zu einem Treffen zusammenbringen, um sich beschnuppern zu können.