Oberhausen.. Auf die Oberhausener kommt mit dem neuen Sparpaket einiges zu: Deutlich höhere städtische Steuern - und große Einschnitte bei den Dienstleistungen. Wir zeigen im Detail, wo sich die Bürger aufs Sparen einstellen müssen.
Das neue Sparpaket liegt auf den Tisch: In den nächsten fünf Jahren drohen den Oberhausener Hauseigentümern, Mietern und Unternehmern deutlich höhere städtische Steuern und starke Einschnitte bei den Dienstleistungen der Stadt.
Die Grund- und die Gewerbesteuern sollen nochmals angehoben werden – über das heutige NRW-Rekordniveau dieser Stadt hinaus. Autofahrer und Gewerbebetriebe sollen schärfer kontrolliert werden als bisher, um die städtischen Einnahmen etwa durch Falschparker zu erhöhen. Vier Schulen will die Stadt angesichts sinkender Kinderzahlen schließen. Die Bezirksverwaltungsstellen in Alt-Oberhausen und Osterfeld sollen aufgegeben, die Büsche und Rasenflächen an den Straßen sollen weniger gepflegt, die städtische Luise-Albertz-Halle soll verkauft werden.
Schmerzhafte Einschnitte
Das sehen die Kernpunkte des neuen Sparpakets der Stadtspitze vor, das der noch bis Sommer amtierende Kämmerer Bernhard Elsemann (SPD) in diesen Tagen mit seinen Kollegen geschnürt hat. „Unsere Sparmaßnahmen werden die Bürger spüren“, hatte Elsemann bereits im Januar die Bevölkerung auf schmerzhafte Einschnitte eingestimmt – nun wird es konkret. Auch im Rathaus soll Personal abgebaut und sollen Sachkosten gespart werden. Dabei wurden auch Kleinsummen nicht ausgelassen.
Die bisher 56 Sparpunkte, die der WAZ vorliegen, sind aber nur Vorschläge der Verwaltung an die Politik, die nun bis zum Sommer in den politischen Führungen auf ihre Realisier- und Durchsetzbarkeit in der Bevölkerung diskutiert werden sollen. Bis zum heutigen Tag waren die Handlungsempfehlungen nur wenigen Eingeweihten bekannt.
Stadt muss Anstregungen nachweisen
Zuletzt hatte sich die Stadt 2008 eine umfangreiche Konsolidierung mit jährlichen Einsparungen von 60 Millionen Euro verordnet. Das Jahresdefizit beträgt aber immer noch 140 Millionen Euro. Es soll nun durch die vom Land und vom Bund geplanten neuen Hilfen, also höhere Zuschüsse aus Steuereinnahmen und die Übernahme von Sozialkosten, reduziert werden.
Dafür muss Oberhausen aber auch nachweisen, dass es sich selbst genug angestrengt hat, eigene Verluste zu minimieren. Das neue Sparbündel dient als ein Beitrag dazu – das jetzt bezifferbare Sparvolumen beläuft sich addiert über fünf Jahre hinweg bis 2015 auf über 34 Millionen Euro. Hier die Einschnitte im Einzelnen:
GRUNDSTEUER: Die bereits Anfang 2010 von 505 auf 530 Punkte angehobene Grundsteuer trifft über die Hauseigentümer auch alle Mieter, also alle Bürger der Stadt. Sie soll 2012 auf 590 Punkte erhöht werden – ein Anstieg von 11,3 Prozent. 2015 soll sie nochmals auf dann 610 Punkte klettern – ein weiteres Plus von 3,4 Prozent. Der Kämmerer rechnet mit Mehreinnahmen von 5 Millionen Euro. Pro Einwohner macht die Zusatzbelastung rechnerisch im Schnitt 23 Euro im Jahr aus.
GEWERBESTEUER: Mit einem Hebesatz von 490 Punkten liegt Oberhausen schon heute bei der Gewerbesteuer zusammen mit Bottrop an der Spitze in NRW. Ab 2015 soll dieser Satz auf 510 Punkte angehoben werden – ein Plus von 4 Prozent. 3,2 Millionen Euro im Jahr mehr soll diese Erhöhung in die Stadtkasse spülen.
SEXSTEUER: Von 2012 bis 2014 soll die Vergnügungssteuer schrittweise um jährlich 1 Prozent erhöht werden. Sie wird erhoben auf Geldspielautomaten, Prostitution, Striptease- und Tanzveranstaltungen - und soll 700 000 Euro mehr einbringen.
HUNDESTEUER: Die Anfang 2009 von 120 auf 156 Euro angehobene Hundesteuer soll nach den damaligen Protesten der Hundebesitzer nicht weiter erhöht werden. Dafür sollen durch die neu eingesetzten Hundekontrolleure, die bis Sommer an jeder Haustür schellen wollen, möglichst viele schwarz gehaltene Hunde entdeckt werden. Die Stadt rechnet mit 20 Prozent mehr Einnahmen durch neu gemeldete Hunde – ein Plus von 270 000 Euro.
BETTENSTEUER: Eine Steuer für Touristen, eine Art Kurtaxe, soll nicht erhoben werden.
SOZIALES: Durch die sinkende Zahl an Kindern sieht die Stadt auch Sparpotenzial bei der Schulbegleitung (ab 2015 minus 40 000 Euro), bei der Amtsvormundschaft (ab 2012: 28 000 Euro), bei Klassenfahrten (2000 Euro jährlich), bei der Erstausstattung von Wohnungen (6000 Euro jährlich), bei den Unterkunftskosten (30 000 Euro) und bei der Erstausstattung von armen Schwangeren (2000 Euro).
BÜRGERSERVICE: Zwei von drei Bezirksverwaltungsstellen sollen aufgegeben werden – nur in Sterkrade soll die Servicestelle für Meldeangelegenheiten (Wohnung, Ausweis), Behinderte, Eltern und Wohngeld erhalten bleiben. Die Sprechstunden in den Außenstellen Alte Heid, Alstaden, Rothebusch, Tackenberg und Schmachtendorf werden nicht mehr angeboten. Hausbesuche werden nicht mehr durchgeführt.
Trotz der Eröffnung des renovierten Bert-Brecht-Hauses mit seiner modernen Volkshochschule soll die VHS 400 000 Euro im Jahr sparen.
KINDER: Bei Schulen und Kindergärten sieht die Stadtspitze Sparmöglichkeiten, weil immer weniger Kinder geboren werden. So sollen drei Grundschulen und eine Hauptschule schließen – damit soll 1,45 Million Euro jährlich gespart werden. Auch beim Kita-Neubau (einmalig 2,2 Millionen), der Spielplatzsanierung (statt drei nur noch zwei Maßnahmen ab 2015, minus 83 000 Euro jährlich), beim Spieleangebot der Ruhrwerkstatt (ab 2012 minus 30 000 Euro) und bei der Frühförderung von Kindern (minus 42 000 Euro) will man kürzen.
SPORTPLÄTZE: Geprüft werden soll, ob zwei bis drei weitere Standorte geschlossen werden können.
THEATER: Das bundesweit mit Ehrungen ausgezeichnete Theater Oberhausen soll auf keinen Fall geschlossen werden. Intendant Peter Carp bemüht sich um eine sparsame Bühnenkooperation mit Duisburg, Moers und Mülheim. Allerdings sollen sich die Preise für die Premierentickets in Oberhausen „moderat erhöhen“.
STRASSENGRÜN: Einen drastischen Einschnitt bei der Pflege des Straßengrüns sieht der Sparplan vor: Der Unterhaltsaufwand soll von 2,2 Millionen Euro um 700 000 Euro, also um fast ein Drittel, gekappt werden.
STADTKANZLEI: Das Büro des Rates und das Oberbürgermeister-Büro sollen zu einer Stadtkanzlei, wie die Staatskanzlei als Schaltzentrale einer Landesregierung, zusammengelegt werden – drei Stellen will man so sparen (minus 150 000 Euro).
FÖRDERGELDER: Man hofft wieder, mehr Fördergelder von EU, Bund und Land herbeischaffen zu können, weil man den dafür benötigten städtischen Eigenanteil durch anstehende Gesetzesänderungen in NRW künftig wieder leichter darstellen kann.
DIE LUISE-ALBERTZ-HALLE: Die LAH soll anders vermarktet oder komplett an einen anderen Betreiber verkauft werden.
FRIEDHÖFE: Nicht benötigte Flächen sollen aufgegeben und verkauft werden.
FEUERWEHR: Die Feuerwehr soll ihre Einsatzwagen länger nutzen als derzeit, zudem soll mit anderen Feuerwehren der Region eine Einkaufsgenossenschaft gegründet werden, um billiger benötigte Ausstattung einkaufen zu können. Krankentransporte sollen schneller abgerechnet werden, um offene Posten zu vermeiden. Derzeit gibt es hier einen Rückstand von einer Million Euro.
KONTROLLEN: Der fließende, aber auch der ruhende Verkehr soll intensiver kontrolliert werden – natürlich „zur Erhöhung der Verkehrssicherheit“. Nebeneffekt: Einnahmeerhöhung durch mehr Knöllchen. Auch Kontrollen im Lebensmittelbereich und im gewerblichen Sektor werden verstärkt.
STADTTÖCHTER: Einen entscheidenden, noch nicht bezifferten Beitrag zur Konsolidierung der Stadtfinanzen sollen die Stadttöchter liefern. So soll die Energieversorgung Oberhausen (EVO) einen höheren Gewinn an die Stadt als derzeit mit rund 6 Millionen Euro abführen. Zugleich aber überlegt Oberhausen, die Konzessionsabgabe für EVO zu erhöhen (derzeit 10 Millionen Euro pro Jahr). Die Notwendigkeit, den vierten Kessels der Müllverbrennungsanlage zu erneuern, wird überprüft. Beim Gebäudemanagement OGM sollen Sparten gewinnbringend privatisiert oder rekommunalisiert werden, etwa der Hausmeister-Service.
BETEILIGUNGEN: Die Stadt will trotz ihrer Finanznot weder ihre Aktienanteile an den Energiekonzern RWE AG noch an der Müllverbrennungsanlage GMVA verkaufen.