Oberhausen. Seit 25 Jahren ist der Alstadener Marko Bralic als Pastor der Gemeinden St. Peter und St. Antonius im Amt. Der 51-Jährige ist vielschichtig: Er ist Kroate, Alstadener und Seelsorger durch und durch. In Oberhausen ist er Zuhause, zurück nach Kroatien will er nicht mehr: „Zuviel Korruption“, so Bralic.
Hat man als katholischer Geistlicher die Adresse „Petersplatz“ im Briefbogen, steht einem das gar nicht schlecht an. Der 51-jährige Marko Bralic lacht: „Da habe ich noch gar nicht dran gedacht“, obwohl er schon mehr als zehn Jahre hier lebt – allerdings nicht in Rom, sondern in Alstaden.
Einen Hinweis auf Rom gibt’s im priesterlichen Büro aber doch: Ein junger schwarzhaariger Priester verneigt sich vor einem jung aussehenden Heiligen Vater: „Das war beim Besuch von Johannes Paul II. in Kroatien“, klingt (und ist wohl auch) Bralic ein wenig stolz – eine Attitüde, die ihm ansonsten völlig abgeht.
Papst-Erinnerung und Heimatbild
Die Papst-Erinnerung hängt übrigens gleich neben einer Heimweh machenden Luftaufnahme des Heimatortes von Marko Bralic, der vor einigen Tagen als Pastor von St. Antonius und St. Peter die 25. Wiederkehr seiner Priesterweihe feierte. „Da oben“, zeigt er und man spürt die Begeisterung, „ist meine Heimatkirche. Das sind auf dem Bild sieben Dörfer hintereinander, und jedes Dorf hat eine Kirche.“
Kastela heißt der zauberhafte Ort an der blauen Adria, und Bralic wird im Sommer mit rund 25 Jungen und Mädchen aus Alstaden dorthin reisen, auch um seine 83-jährige Mutter, seine beiden Brüder und die ganze Familie zu besuchen.
Nach dem Krieg waren alle Freiheitskämpfer
Warum nicht ganz zurück nach Kroatien? Bralic schüttelt den Kopf und sagt nicht viel, aber immerhin: „Da ist mir zu viel Korruption.“ Der grauenhafte Krieg, vor dem er einst als junger Priester ins Erzbistum Köln und die dortige Kroatische Mission geflohen war, habe unter anderem dieses Ergebnis gehabt: „Danach sind alle irgendwie Freiheitskämpfer gewesen und wollen eine Belohnung. Das überfordert einen neuen Staat.“
Dass menschliches Fehlverhalten, gespeist aus Eitelkeit, Habgier und Hochmut, auch einem „alten Staat“ wie seiner Kirche nicht ganz und gar fremd sind, weiß Bralic. Aber er lässt manches nicht an sich heran: „Ich bin von Hause aus Franziskaner“, lächelt er milde, „und unser Ziel ist es, ein Freund Jesu zu sein und unsere Freunde zu Freunden Jesu zu machen. Das ist alles.“
Auf keinen Fall Karriere machen
Karriere – das Wort spricht er gewissermaßen mit einem grollenden „r“ - ist haargenau das, was er auf keinen Fall machen will. An drei Stationen seiner geistlichen Laufbahn „musste“ er mehr als normaler Pastor sein: „Pfarrer, furchtbar. Diese Verwaltungsarbeit ist keine Sache für mich“, stöhnt er und freut sich, Pastor, also Hirte und Hüter einer Herde, sein zu dürfen.
Die Seelsorge im ganz klassischen Sinne ist sein Ding, wobei er seinem Handeln eine Art „Masterplan“ verpasst hat. „Stufe 1“, sagt er, „ist die Taufe“. Von den meisten seiner Kollegen wird er belächelt, dass er keine Taufen mit mehreren Kindern zugleich vornimmt, sondern einzeln vorgeht, von Kind zu Kind, von Familie zu Familie – 60 bis 70 Taufen hat er in Alstaden pro Jahr. „Stufe 2“ beginnt wenig später, denn die Täuflinge von gestern sind die Kindergartenkinder von heute: „In den Kindergärten von St. Antonius und St. Peter gibt es über 100 Kinder“, freut er sich hörbar.
Die Kinder lieben ihn
Und freut sich auch darüber, dass sie alle etwa 20 Lieder auswendig singen können, die er ihnen im Laufe ihrer Kita-Zeit beigebracht hat – bei seinen Visiten, auf seiner Gitarre, in seinen Worten. Wenn er durch Alstaden läuft, schallt es oft von irgendwoher: „Hi, Marko!“. Die Kinder lieben ihn.
„Stufe 3“ ergibt sich: Schule, Einführung in die Sakramente, Jugendarbeit: „Wir haben rund hundert Messdiener, dreißig bis vierzig Pfadfinder, Chöre, Kapellen, ein sehr gut arbeitendes Jugendteam.“ Die folgenden „Stufen“ hat Bralic gar nicht erst nummeriert, auch wenn er noch betont: „Die Alten und Kranken sind natürlich immer Ziel der Seelsorge, Ziel des Pastors also.“
Immer gut gefüllt
Die über 110 Jahre alte Kirche St. Antonius mit den bestechenden Fenstern ist oft so gut gefüllt, dass man an leere Kirchen gar nicht glauben mag. Bralic bezieht die aktiven Teile seiner Gemeinde, vor allem aber Kinder und Jugendliche in die Gestaltung ein: „Das macht ihnen und allen Spaß.“
Als er kürzlich mit Stadtdechant und Pfarrer von Herz Jesu, Peter Fabritz, und Pastor Holger Schmitz von St. Josef sein Silberjubiläum feierte, gab es im fast überfüllten Gotteshaus Applaus und Ovationen, wie man sie hierzulande kaum kennt.
Bralic wischt das weg: „Die Leute haben 6300 Euro gespendet für ein Kinderheim in Zagreb.“ Marko Bralic ist der Hirt, der nach seiner Herde riecht.