Oberhausen. Innung ehrt vier Betriebe mit zusammen 225 Jahren Berufserfahrung. Früher kamen Kundinnen wöchentlich zum Haarelegen. Heute bedrängt Billigkonkurrenz.

Die Frage hätte sich wohl erübrigt: Wo sich denn hier in der Gaststätte die Friseure treffen? Die Frau am Tresen schaut etwas verdattert. An dem Tisch dahinten, das sehe man ja wohl, meint sie kurz angebunden. Und wirklich sitzen an der Tafel eine ganze Reihe gut frisierter Menschen. Dass auf dem Kopf der Reporterin manches Haar von Wind und Mütze außer Form gebracht ist, lockert da die Stimmung.

Auf 225 Jahre Erfahrung bringen es die Oberhausener Friseure an diesem Tisch: Der Liricher Salon von Wolfgang Zimmer besteht seit 50 Jahren, Wolfgang Burger führt sein 75-jähriges Geschäft im Knappenviertel in der zweiten Generation. Udo Willems und seine Schwester Marion Hecker-Willems gehen mit ihren beiden eigenständigen Geschäften auf den über 100-jährigen Betrieb des Großvaters zurück. Die Friseurinnung zeichnete diese Oberhausener jüngst aus – für ihre gelebte Tradition und ihren Einsatz fürs Handwerk.

Und so braucht es nicht lang, bis die Haarfachleute am Tisch als Innungs-Akteure über ihr Herzensthema sprechen: Qualität im Job.

Billigfriseure, die ihre Mitarbeiter unter Tarif bezahlen, Salons, die ohne Meisterprüfung eröffnet werden, sind diesen Friseuren ein Dorn im Auge. Nicht nur aus Wettbewerbsgründen, es geht um die Berufsehre: „Wir schneiden ja nicht einfach Haare“, sagt Kai Hecker. „Wir beraten unsere Kunden fachlich.“ Der 37-Jährige führt den Sterkrader Friseursalon seiner Mutter Hecker-Willems, drei Mitarbeiter hat er. Sein Onkel Udo Willems, der sich als Spross dieser Friseurfamilie vor 50 Jahren mit einem Geschäft selbstständig machte, pflichtet bei: „Friseurbetriebe erkennt man daran, was sie fachlich alles anbieten können“ – von der Dauerwelle bis zum Kurzhaarschnitt.

Frisuren erinnern an 60er Jahre

Die Friseurmeister betonen, dass ihre Branche Wert auf gelernte Fachkräfte legen müsse. Die Ausbildung gibt die richtigen Werkzeuge an die Hand, lehrt Techniken und Fertigkeiten. Inhalte der Ausbildung seien immer wieder angepasst worden – „Früher war es noch Teil der Meisterprüfung, Perücken zu knüpfen“, erinnert sich Wolfgang Zimmer – Trends wiederholten sich hingegen. „Die Frisuren aus den 60er Jahren sehen den heutigen Schnitten schon sehr ähnlich“, sagt Zimmer. Er und seine Frau haben ihren Salon vor 50 Jahren in Lirich eröffnet. Anders als viele seiner Kollegen ist er nicht durch die Familie zu dem Beruf gekommen: „Ein Interesse hat mich dazu geführt.“

Sicher, die Kundschaft habe sich verändert. Früher seien Frauen jede Woche gekommen, um sich die Haare legen zu lassen, sagt Wolfgang Burger. An Heiligabend habe manch ein Friseursalon bis kurz vor der Bescherung zu tun gehabt. Die Kundenbindung sei groß gewesen.

Doch auch wenn Kunden heute seltener kommen: „Wir sind Kommunikationsplattformen“, ist sich Burger sicher. Zum Friseur komme man eben auch, um über Neuigkeiten zu quatschen. Der 77-jährige Ehrenobermeister der Innung hat sein Geschäft übernommen, als sein Vater verstarb. Heute führt sein Sohn den Salon mit vier Festangestellten.

Dass der Beruf des Friseurs viel Freude bereitet, dafür steht Udo Willems ein: Auch mit 76 Jahren steht er noch immer in dem Geschäft an der Bahnhofstraße, wo er auch Perücken verkauft. „Ich habe Kunden, die mit 65 Jahren froh sind, in Rente gehen zu können.“ Für sich selbst aber könne er sich das nicht so richtig vorstellen.