Oberhausen. Hennig Brüggemann zog es nach dem Abitur in die Ferne – und nach Warschau. Die polnische Hauptstadt zeichnet sich durch große Weltläufigkeit aus.
Henning Brüggemann ist auf dem Weg nach oben. 30 Stockwerke steigt der enge Aufzug hinauf. Hinter ihm liegt ein Bachelor-Abschluss in Enschede mit Auslandssemester in Mexiko. Derzeit studiert der gebürtige Oberhausener an der Kozminski Universität in Warschau. Im Inneren des Fahrstuhls stehen dicht gedrängt acht Studenten mit acht unterschiedlichen Nationalitäten.
Henning Brüggemann lächelt, als die goldenen Türen aufgleiten – die Aussichtsplattform vom Kulturpalast ist sein Lieblingsplatz in der polnischen Hauptstadt.
Vorlesungen auf Englisch
Seit einem Jahr büffelt sich Brüggemann durch die auf Englisch gehaltenen Vorlesungen an der Wirtschaftsuniversität Kozminski. Genau so rasant wie der Aufzug sollen auch die Kozminskis nach ihrem Abschluss an der Hochschule die Karriereleiter hochklettern. „Manche von uns werden schon während ihres Studiums abgeworben“, erzählt Henning. Für die guten Chancen sorgt der Ruf der Kozminski. Doppelabschlüsse durch Auslandssemester, Platz 60 auf der „Financial Times“-Rangliste und eine dreifache Auszeichnung durch die renommiertesten Akkreditierungsinstitutionen tragen ihren Teil dazu bei.
Fachbereiche? Finanzwesen, Rechnungswesen und Management. Außerdem fördert die Kozminski Universität das Unternehmertum ihrer Studenten. Einem der Schüler schmeckte der Kaffee in der Cafeteria nicht, also gründete er auf dem Campus seinen eigenen Coffee-Shop. Mit Erfolg. Zwei andere Akademiker verkaufen handgemachte Burger aus einem umgebauten Bus im Hinterhof der Uni und finanzieren sich so ihr Studium.
Pro Semester kosten die Studiengänge an der Privat-Uni nämlich rund 2300 Euro. „Das klingt erstmal viel“, räumt Henning Brüggemann ein, „wiegt sich aber gut mit den niedrigeren Lebenshaltungskosten in Polen auf“.
Nächstes Ziel: Lissabon
Brüggemann hat das behütete Zuhause früh gegen Erfahrungen in der Ferne getauscht. Nach seinem Abitur zog es den 22-Jährigen erst nach Enschede und über einen Zwischenstopp in Mexiko schließlich nach Polen. Seine Warschauer WG teilt Brüggemann sich derzeit mit einem Ukrainer und einem Russen. Doch statt Zündstoff gibt es Zusammenhalt. „Warschau ist eine sehr internationale Stadt. Überall hört man Menschen miteinander Englisch sprechen.“
Erst in Warschau hat er auch den Essener Kamil Kuklis kennengelernt. Der 25-Jährige hat im Vergleich zu Brüggemann allerdings einen Vorteil: Er hat Polnisch von klein auf gelernt – das kann selbst bei englisch sprechenden Professoren an der Uni recht nützlich sein, wenn man in das Alltagsleben der Warschauer vor Ort eindringen will. Henning Brüggemann hat sich deshalb mehr als ein paar Brocken Polnisch beigebracht.
Der Lärm der Stadt dringt gedämpft zur Aussichtsplattform herauf. Der Kulturpalast, einst das höchste Gebäude Polens, hat Konkurrenz bekommen: Überall recken sich edle Bürotürme und glitzernde Appartements zwischen alten Backsteinbauten in die Höhe.
Der Ausblick beweist den Aufschwung Warschaus: Weg vom sozialistischen Grau in Grau hat sich die Stadt zur bunten Metropole voller Möglichkeiten entwickelt.
Henning lässt seinen Blick über den Horizont schweifen. Für seine nächste Station zeigt die Kompassnadel auf Süden. Für ein halbes Jahr will der 22-Jährige in Lissabon studieren, danach geht es wahrscheinlich zurück ins Ruhrgebiet.