Oberhausen.. 1700 Betreuungsplätze für unter Dreijährige gibt es in Oberhausen. Zu wenig, findet eine Mutter, die ihr Kind keiner Tagesmutter anvertrauen möchte.
Im kommenden Kindergartenjahr wird Oberhausen rund 1700 Betreuungsplätze für unter Dreijährige in Kitas und bei Tagesmüttern vorhalten – was einer Bedarfsdeckung von rund 36 Prozent entspricht. Als eine Oberhausener Mutter – ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen – diese Nachricht in der WAZ las, musste sie erstmal tief durchatmen.
Um dann die Redaktion anzurufen und zu fragen: „Heißt das dann, dass 64 Prozent der Eltern mit Kindern unter drei Jahren keinen Betreuungsplatz in Oberhausen bekommen“, fragt sie provokant. „Ich bin mir natürlich bewusst, dass nicht alle Eltern mit Kindern in diesem Alter diese auch in eine Betreuung geben wollen oder müssen und deswegen keine hundert Prozent notwendig sind“, sagt die Frau. Aber so wenig Bedarfsdeckung sei doch eine „Unglaublichkeit“.
Problem "mangelnde Betreuungsplätze"
Sie erzählt ihre eigene Geschichte, um das Problem „mangelnde Betreuungsplätze“ deutlich zu machen. In der Schwangerschaft sei im Bekanntenkreis ja schon geflachst worden: Melde dein Kind am besten jetzt schon für einen Platz an. „Ich habe gedacht: ,So schlimm wird’s schon nicht werden’“, erzählt die Oberhausenerin. Als ihr Kind drei Monate alt war, fragte sie in den Kitas in der Umgebung an, um im Sommer 2015 einen Platz zu bekommen, ihr Kind wäre dann zehn Monate alt gewesen und sie wollte wieder als Lehrerin arbeiten gehen.
,„Vergessen Sie es’ lauteten die Antworten, die ich bekam“, berichtet die Mutter. Also erstmal die private Lösung, „mein Mann konnte die Betreuung übernehmen, aber viele haben diesen Luxus ja nicht“. Um dann für Sommer 2016 einen Platz zu bekommen, habe sie schon im Frühjahr 2015 viele Tagesstätten angeschaut, überall angerufen, Interesse bekundet und bei den zwei Kitas, die am besten gefielen, „die Klinke geputzt und ,bitte, bitte’ gesagt“, erklärt die Frau das Prozedere. Im März dieses Jahres gab es dann eine Zusage per Mail, aber noch keinen Vertrag, das kann im Einzelfall bis Juni/Juli dauern, „bis dahin hat man als Eltern keine Planungssicherheit“, so die Kritik.
Einrichtung um die Ecke
Die Mutter fordert außerdem einen Betreuungsplatz in Nachbarschaft des Zuhauses. „Wenn ich im Süden der Stadt lebe, wird mir ein Platz in einer Kita in Königshardt nichts bringen“, sagt die Leserin. Sie wirft der Stadtverwaltung vor, „kein Gefühl für die schwierige Situation von Familien“ zu haben.
Eine Betreuung durch eine Tagesmutter hätten sie und ihr Mann auch erwogen, aber sie wollten lieber einen Platz in einer Kita, „die professionelle Betreuung im Kindergarten spricht mich mehr an“. Aber sie als Eltern wollten auch deshalb einen Kita-Platz, damit nicht später alle Plätze in einer Einrichtung belegt seien, wenn ihr Nachwuchs drei Jahre und älter und nicht vorher ins System gerutscht sei. „Es ist gut, dass es Tagesmütter gibt“, betont die Oberhausenerin, „aber die Stadt zieht sich damit meiner Meinung nach aus der Affäre und spart, weil ein Kita-Angebot, der Ausbau dieser Infrastruktur ja teurer wäre“.
Die Mutter ärgert sich über die Blauäugigkeit der Stadt, schließlich sei das Problem „fehlende Betreuungsplätze“ keines, das über Nacht aufgetaucht sei.
Die Oberhausenerin verweist auf den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und fragt: Wo bekommen Eltern Hilfe?
„Die Nachfrage steigt, das steht fest“
Zwei Drittel Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen, ein Drittel in Tagespflegeangeboten – so beschreibt Klaus Gohlke, Leiter des Bereichs Kinder, Jugend, Bildung bei der Stadt, die Grobplanung. „Wir haben die Kapazitäten in den Kitas für unter Dreijährige ausgebaut und bauen weiter aus“, sagt Gohlke.
Er räumt ein, dass an einer größeren Bedarfsdeckung gearbeitet werden müsse, „die Nachfrage steigt, das steht fest, die Berufstätigkeit beider Elternteile nimmt zu“, besonders in einzelnen Sozialräumen müsse geschaut werden, wo Angebote fehlten, aber generell gelte: „Ohne Tagespflege, nur über Kitas, ist ein Betreuungsangebot nicht zu realisieren.“ Tagesmütter seien aber kein Notprogramm, alles habe seine Vor- und Nachteile: So sei ein solches Betreuungsangebot beispielsweise wesentlich flexibler bei den Zeiten, auch im Randzeitenbereich, oder es gebe kleinere Gruppen, wirbt Gohlke für die „Pflegenester“, die bis zu neun Kinder betreuen und bei denen eine der Betreuerinnen eine Fachausbildung haben müsse.
Gohlke weist die Kritik zurück, die Stadt gehe diesen Weg, weil er billiger sei. „Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bezieht sich nicht auf ein spezielles Angebot“, sagt Gohlke, nicht immer könne das perfekte gefunden werden. Die Verwaltung achte aber sehr wohl darauf, Eltern einen ortsnahen Platz anzubieten. Bisher hätte keiner den Rechtsanspruch eingeklagt, der sei aber dann verwirkt, wenn die Stadt ein Angebot gemacht habe und das von Eltern abgelehnt worden sei.
Hilfe bei Betreuungsfragen gibt’s unter Tel: 0208-825 9033.