Oberhausen. Unter dem Vorsitz von Maurizio Graw versuchen die Jungsozialisten mehr Leben in den SPD-Parteitag zu bringen.
Wenn man noch im Kopf hat, wie die Jungsozialisten (Jusos), die Nachwuchsorganisation der SPD, in den 70er Jahren mit leidenschaftlich vorgetragenen Utopien die Welt aus den Angeln heben wollten, da ist man doch wieder erstaunt, wie realistisch, differenziert und nüchtern heutige leibhaftige Juso-Mitglieder im politischen Geschäft agieren.
Der 23-jährige Bochumer Student der Ökonomie, Maurizio Graw, führt seit Februar 2011 die Oberhausener Jusos und ist schon als Schüler im Jahr der schweren Niederlage der SPD bei den Landtagswahlen 2005 gegen den damaligen NRW-CDU-Chef Jürgen Rüttgers in die Partei eingetreten.
Für Politik habe er sich schon in jungen Jahren interessiert; vor allem die Ziele der SPD, für mehr soziale Gerechtigkeit und größere Chancengleichheit der Jüngeren zu sorgen, hätten ihn zur Sozialdemokratie gezogen, erzählt der Sterkrader. „Ich habe mich über die Schwarzen Rot geärgert“, zitiert Graw im Gespräch einen Spruch von Michael Groschek, einer seiner Vorgänger in den 80er Jahren.
Erfolg gegen die Stoag
Vor allem die damalige Einführung der Studiengebühren durch Rüttgers störte das Gerechtigkeitsgefühl von Graw. Aber auch das in der Praxis fest zementierte dreigliedrige Schulsystem sieht der Juso-Chef als mitverantwortlich für die ungerechte Verteilung der Bildungschancen in Deutschland.
Als größten Erfolg der Oberhausener Jusos in jüngster Zeit wertet Maurizio Graw, dass es die Jusos zusammen mit den Grünen schafften, das durch das Sparpaket von 2008 schon ab 21 Uhr einsetzende Nachtnetz der Stoag wieder mehr in die Nacht zu schieben.
Die lange Ochsentour war gestern
Derzeit versucht Graw mit etwa 40 aktiven Jungpolitikern, mehr Leben in den Oberhausener Parteitag zu bringen und zu erreichen, dass die SPD-Arbeitsgemeinschaften der Frauen, der Älteren und der Jusos eigene Delegierte entsenden dürfen. „Nur mit mehr Beteiligungsrechten können wir wieder mehr Leute, vor allem Jüngere, dafür begeistern, in die Partei einzutreten“, meint Graw. Lange Ochsentour durch die Ortsvereine war gestern, schnelles direktes Mitreden beim höchsten Entscheidungsgremium der Partei in einer Stadt ist heute.
Denn generell sei es ein Vorurteil, dass die jüngeren Generationen nicht mehr für Politik zu begeistern seien, sagt Graw. „Bei konkreten Projekten zu bewegenden Themen, wie etwa die Abschaffung der Studiengebühren, kann man Jüngere mobilisieren.“
Gegen die Mutterpartei kachelt der vorsichtig auftretende 23-Jährige nicht. Vieles habe sich schon verbessert, die Ortsvereine seien offener als früher und förderten junge Mitglieder. Dennoch erwartet Graw vom künftigen neuen Parteivorsitzenden Groschek viel: „Er weiß, dass Reformen in der Partei notwendig sind.“
Nach Revolution klingt das nicht
Nach Revolution klingt das nicht. Benötigen die Jusos nicht mehr begeisternde Visionen, mehr Flippigkeit wie die Piratenpartei? Nein, meint Graw: „Wir wollen ja in der Politik ernst genommen werden.“ Im Vergleich zu den Bundes-Jusos seien die Oberhausener mit ihren Ideen aber tatsächlich sehr nüchtern. „Das macht die jahrelange Erfahrung in Oberhausen, dass hier kein öffentliches Geld mehr vorhanden ist und man sehr sparsam sein muss“, erklärt Maurizio Graw.