Oberhausen. Viermal wird eine 67-jährige Frau an der Wirbelsäule operiert. Nach dem letzten Eingriff kommt sie nur schwer auf die Füße. Deshalb kommt die Rentnerin zur Kurzzeitpflege ins August-Wieshoff-Seniorenzentrum in Oberhausen. Doch an Erholung ist dort zunächst nicht zu denken.

Viermal ist Gertrud S. (Name geändert) an der Wirbelsäule operiert worden. Nach dem letzten Eingriff kam die 67-Jährige nur schwer auf die Füße. Deshalb entschied sie sich vor ihrer Reha-Maßnahme für eine Kurzzeitpflege im August-Wieshoff-Seniorenzentrum. Ihre Erlebnisse dort, sagt sie, hätten sie dazu bewogen, ihren ebenfalls schwer kranken Mann lieber zu Hause mit Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes versorgen zu lassen.

Bis heute ist Gertrud S. auch in der eigenen Wohnung auf ihren Rollator angewiesen. 40 Jahre hat sie selbst als Krankenpflegerin gearbeitet, erhält dafür eine Rente in Höhe von 907 Euro. „Wenn wir nicht auch noch die Rente meines Mannes hätten, wären wir jetzt aufgeschmissen“, sagt sie. Aufgeschmissen, weil sie sonst die private Haushaltshilfe nicht finanzieren könnten, die nun zweimal wöchentlich zum Putzen kommt und auch den Einkauf übernimmt. In ein Seniorenheim will Frau S. jedenfalls „nie wieder – und meinem Mann will ich das auch nicht zumuten“.

Eingeschränkt nach Operation

Was ist passiert? Nach der letzten Wirbelsäulen-OP war die 67-Jährige nicht in der Lage, alleine zu laufen, eine Toilette aufzusuchen, sich anzuziehen oder zu waschen. Der Sozialdienst des Mülheimer Krankenhauses empfahl eine Kurzzeitpflege, aber versäumte es, sie in einem Haus anzumelden.

Das August-Wieshoff-Seniorenzentrum habe sich spontan dennoch bereit erklärt, sie aufzunehmen. „Ich landete, das war an einem Montag, in einem kleinen, erbärmlichen Zimmer“, erinnert sie sich. Neben ihr hätte eine Demenzkranke gelegen, die den ganzen Tag laut „Mama, Mama“, gerufen hätte.

Auch über einzelne Pflegekräfte habe sie sich geärgert. „Eine sagte mir, ich sei zu schwer, sie könne mich nicht heben und ich soll selbst zum Waschbecken laufen und mich dort waschen“, beschwert sich die Patientin. Ein anderer Pfleger hätte sie viel zu heftig aus dem Bett gerissen. „Er wollte die Bettwäsche wechseln und ich sollte hopp, hopp raus.“

Erst als sie in den Wohnbereich gewechselt sei, habe sich ihre Lage deutlich gebessert. „Dort waren die Pflegekräfte dann durchgängig wirklich nett und haben mir auch immer gut geholfen.“ Geblieben sei dennoch ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. „Das will ich nie wieder erleben müssen.“

August-Wieshoff-Seniorenzentrum wehrt sich gegen Anschuldigungen

Das sagt die Heimleitung des August-Wieshoff-Seniorenzentrums zu dem Fall: „Ich kann mich noch gut an Frau S. erinnern, ich habe sie selbst regelmäßig einmal wöchentlich besucht und dabei stets gefragt, ob alles in Ordnung sei“, erinnert sich Einrichtungsleiterin Houda Feketic. Sie habe stets versichert, dass es ihr gut ginge. Die Beschwerde über das Zimmer habe das Haus sehr ernst genommen.

„Nur ist natürlich nicht immer sofort ein Bett in einem anderen Bereich frei – aber unser eigener Sozialdienst hatte sich längst auf die Suche gemacht“, betont Feketic. Es gebe im Haus ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement. „Da holen wir unter Umständen auch den Beschwerdebeirat unserer Bewohner mit ins Boot.“

Dem Haus sei es wichtig, jeden Konflikt mit den Betroffenen zu besprechen und eine Lösung zu finden. „Da haken wir auch wirklich nach, ob es funktioniert hat.“ Ihrer Ansicht nach habe diese Vorgehensweise auch bei den Beschwerden von Gertrud S. gut geklappt. Außerdem: „Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) hat das Haus gerade erst einer Prüfung unterzogen und dabei auch mit Bewohnern gesprochen.“ Das Ergebnis: „Wir haben die Gesamtnote ,Sehr gut’ erhalten“, sagt die Leiterin des Hauses.