Oberhausen..
900 Schlaganfälle und 600 Herzinfarkte jährlich: damit belegt Oberhausen im Rheinland aktuell einen traurigen Spitzenplatz. Deshalb heißt es nun: „Zeit zu handeln“.
Darin waren sich AOK, Berufsfeuerwehr, Evangelisches Krankenhaus (EKO) und die Katholischen Kliniken (KKO) einig – und setzen auf mehr Aufklärung.
Als erster Schritt wurden am gestrigen Dienstag für insgesamt 800 Euro schon einmal alle 20 Kranken- und Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr mit diesen Schriftzügen versehen: Schlaganfall „Ein Notfall“ 112 ... jede Minute zählt sowie Herzinfarkt „Ein Notfall“ 112 ... jede Minute zählt.
Die Leute haben Hemmungen
Aber, mal ehrlich, weiß das nicht inzwischen schon jeder? Wolfgang Tingler nickt, wirft aber ein: „Schon, nur leider machen es zu wenige.“ Und dann erzählt der Bereichsleiter der Berufsfeuerwehr aus dem eigenen Bekanntenkreis. Von der Ehegattin eines Bekannten, die ihn in höchster Not anrief: „Dem Werner geht es so schlecht, kannst du dir das mal angucken?“ Tingler konnte und überredete gemeinsam mit dem Notarzt den dickköpfigen Bekannten, sich endlich ins Krankenhaus zu begeben. „Mir war gleich klar, der hatte einen Schlaganfall.“
Die Praxis zeige eben: „Die Leute haben Hemmungen“, bestätigen Christoph Zimmermann (Ärztlicher Direktor St. Josef) und Hans-Werner Stratmann (AOK-Regionaldirektor). Deshalb riefen die meisten erst ihre Kinder oder sonstige Angehörige und Freunde an. „Die eilen herbei und informieren den Hausarzt – bis der kommt, sind insgesamt oft schon ein bis zwei Stunden um“, weiß Stratmann.
Schlimmstenfalls werde auch jetzt noch kein Rettungswagen gerufen. „Statt dessen packt die Ehefrau die Krankenhaustasche und fährt den Mann eigenhändig ins Krankenhaus.“ Häufig würden sogar vorher noch die Haare geordnet oder wacker geduscht. Denn: „So verschwitzt kann ich da doch nicht hin!“ laute die irrige Annahme.
Schnelles Reagieren entscheidend
Fatal, vor allem bei einem Herzinfarkt. „Für eine erfolgreiche Behandlung ist gerade schnelles Reagieren entscheidend – denn selbst bei modernster Technik machen wenige Minuten den lebensbedrohlichen Unterschied aus“, betont denn auch Marcus Polle (Geschäftsführer EKO).
Gleiches gelte für den Schlaganfall. „Zumal da bereits die genaue Diagnose selbst ein paar Stunden dauert“, so Zimmermann. Je weniger Zeit vergehe, desto geringer fielen die Spätfolgen aus. „Die Lebensqualität steht auf dem Spiel – das muss man sich immer bewusst machen“, sagt Zimmermann. „Aber auch ein Infarkt bedeutet für die Betroffenen eine spätere Einschränkung – sie sind einfach weniger belastbar“, ergänzt Polle.
Für einen Schlaganfallpatienten ginge es darüber hinaus um die Selbstständigkeit und den Verbleib in den eigenen vier Wänden. „Ob Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen – je eher die Behandlung einsetzen kann, desto besser die Heilungschancen“, hebt Zimmermann auch in seiner Funktion als Chefarzt der Neurologie an den KKO hervor.
Lähmungen, Schwindel, Sprachstörungen
Für alle, die einen den Brustkorb verengenden Schmerz verspüren oder über plötzlich einsetzende halbseitige Lähmungen, Schwindel, Doppelbilder, Sprachstörungen klagen, gilt: „Über die Rufnummer 112 den Rettungsdienst alarmieren“, betont Tingler. Der sei in etwa zehn Minuten vor Ort. Die Kosten für einen solchen Notfalltransport übernehmen selbstverständlich die Krankenkassen (die Eigenbeteiligung für Patienten beträgt 10 Euro).
Das EKO deckt 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr eine Infarktversorgung ab. „Als größter kardiologischer Fachbereich in Oberhausen sind wir auf Patienten mit Verdacht auf akute Herz- oder Gefäßerkrankungen spezialisiert“, so EKO-Geschäftsführer Marcus Polle.
Das KKO hat für Schlaganfallpatienten im St.-Josef-Hospital eine Stroke Unit eingerichtet. „Um Gehirnschäden so gering wie möglich zu halten, steht auf dieser Schlaganfallstation ein Team von Ärzten und speziell ausgebildeten Pflegekräften 24 Stunden zur Verfügung – damit gewährleisten wir eine rasche und fachkundige Diagnostik“, erläutert KKO-Chefneurologe Christoph Zimmermann.