Oberhausen. Zu seinem 50. Jahrestag ist das „Oberhausener Manifest“ Themenprogramm der 58. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen vom 26. April bis 1. Mai. Die Unterzeichner - Regisseure, Autoren, Filmschaffende etlicher Couleur - traten an, den deutschen Film samt Produktionsbedingungen zu revolutionieren.
„Kino der Tiere“ war gestern, „Provokation der Wirklichkeit“ ist morgen: Zu seinem 50. Jahrestag ist das „Oberhausener Manifest“ Themenprogramm der 58. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen vom 26. April bis zum 1. Mai. „Der alte Film ist tot, wir glauben an einen neuen“, so die Botschaft der Erklärung, die am 28. Februar 1962 während des achten, damals noch „Westdeutsche Kurzfilmtage“ genannten Festivals verlesen wurde. Die 26 Unterzeichner, neben Regisseuren auch Autoren, Produzenten, Kameraleute, Cutter, Komponisten, und Schauspieler traten an, den deutschen Film und dessen Produktionsbedingungen zu revolutionieren. Dass die Verlesung des Manifests während des Oberhausener Filmfests geschah, unterstreiche seinen bedeutenden Rang, so die damalige Presse.
Initiative DOC 59
Keineswegs, so Hajo Senft, seit 1954 Regisseur und Produzent von Kurz-, Dokumentar- und Spielfilmen und Mit-Unterzeichner des Manifests, sei dieses während der 8. Westdeutschen Kurzfilmtage spontan entstanden. Vielmehr sei es eine Initiative von DOC 59, eines von Cineasten in München Schwabing gegründeten Vereins zur Durchsetzung eines neuen Filmschaffens in der BRD gewesen, von denen 16 die Oberhausener Erklärung unterzeichneten.
Entrüstung, Spott und Häme hätten sie durch die Verlesung des Manifests geerntet, und dennoch beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Senft nennt die Gründung der Stiftung junger deutscher Film, die, nur drei Jahre später, den Neuen Deutschen Film eingeleitet habe. Senft betont auch, dass der Protest ein Symbol der Hoffnung war, die nicht nur die Kino-Entwicklung in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern widerspiegelte oder vorwegnahm.
Film als Kunst
Überall auf der Welt bildeten sich damals Gruppen, die das Kino verändern wollten. Erklärungen gab es zu Hauf, nur keine von ihnen, hat einen so nachhaltigen Ruf erlangt, wie das Manifest von Oberhausen. Ein möglicher Grund: Es ging den Filmemachern um die Bedeutung des Films als Kunst, „als eigenständiges wertvolles Ausdrucksmittel“, so Senft. Und das ist ein Aspekt, der stets bei den Internationalen Kurzfilmtagen eine entscheidende Rolle gespielt hat und spielt.
Die 58. Internationalen Kurzfilmtage stellen das Themenprogramm in den Kontext seiner Zeit und zeigen neben frühen Filmen der Manifest-Unterzeichner auch Arbeiten aus Ungarn, den USA, Japan, Schweden und Frankreich von Regisseuren, die zur gleichen Zeit wie sie rebellierten und Neues schufen.
Chance für den neuen Film
Selbstbewusst traten sie auf, die Unterzeichner des Oberhausener Manifests. Verlesen wurde es nicht im Kino, sondern im Vortragssaal der Volkshochschule. Das Interesse war enorm, der Saal platzte aus allen Nähten. Leiter der anschließenden Pressekonferenz war Dr. Alexander Kluge, der mit Peter Schamoni, ebenfalls Unterzeichner, mit dem Film „Brutalität in Stein“ beim Kurzfilmfestival im Jahr zuvor Aufsehen erregt hatte. Regisseur Peter Schamoni verlas die Erklärung:
Der Zusammenbruch des konventionellen deutschen Films entzieht einer von uns abgelehnten Geisteshaltung endlich den wirtschaftlichen Boden. Dadurch hat der neue Film die Chance, lebendig zu werden.
Anerkennung der internationalen Kritik
Deutsche Kurzfilme von jungen Autoren, Regisseuren und Produzenten erhielten in den letzten Jahren eine große Anzahl an Preisen auf internationalen Festivals und fanden Anerkennung der internationalen Kritik. Diese Arbeiten und Erfolge zeigen, dass die Zukunft des deutschen Films bei denen liegt, die bewiesen haben, dass sie eine neue Sprache des Films sprechen. Wie in anderen Ländern, so ist auch in Deutschland der Kurzfilm Schule und Experimentierfeld des Spielfilms geworden. Wir erklären unseren Anspruch, den neuen deutschen Film zu schaffen.
Dieser Film braucht neue Freiheiten, Freiheit von den branchenüblichen Konventionen, von der Beeinflussung durch kommerzielle Partner, von der Bevormundung von Interessengruppen. Wir haben von der Produktion des neuen deutschen Films konkrete Vorstellungen. Wir sind gemeinsam bereit, wirtschaftliche Risiken zu tragen.