Oberhausen. Eine 94-jährige Frau scheiterte mit ihrem Rollator an den hohen Einstiegsstufen einer Straßenbahn. Für die Oberhausenerin waren die Stufen der alten Bahn einfach zu hoch. Das Verkehrsunternehmen Stoag entschuldigt sich bei der Seniorin und verweist auf Wartungsarbeiten an den neueren Bahnen.
WAZ-Leser Heiner Jehl ist empört. Seine 94-jährige Mutter blieb mit ihrem Rollator an der Haltestelle stehen. Die Straßenbahn, in die sie einsteigen wollte, fuhr einfach ohne sie ab.
Die Seniorin, erzählt Jehl, sei noch sehr aktiv. Sie gehe gerne einkaufen, erledige auch ihre Arztbesuche ohne Begleitung. Sie sei dabei aber auf ihren Rollator angewiesen. Kürzlich wollte sie mit der Straßenbahn von der Marktstraße aus in Richtung Neue Mitte fahren. „Um dort eine Änderungsarbeit abzuholen, dafür hatte sie sich in einem Ticketcenter der Stoag eine Viererfahrkarte gekauft.“
Doch als die Bahn kam, waren die Stufen für die Seniorin einfach zu hoch. „Eine Mutter mit Kinderwagen kam auch nicht hinein.“ Geholfen habe niemand, auch der Fahrer nicht. Beide Frauen hätten dann 20 Minuten auf die nächste Straßenbahn gewartet.
„Aber auch bei dieser Bahn waren die Stufen so hoch, dass sie wieder nicht einsteigen konnten“, erzählt Heiner Jehl entrüstet. Seine Mutter habe schließlich ein Taxi genommen. „Der Gipfel war, dass sie auch noch eine Gebühr in Höhe von zwei Euro zahlen sollte, als sie das Ticket bei der Stoag zurückgeben wollte.“ Erst nachdem sich die 94-Jährige in dem Center lautstark Luft gemacht hatte, sei ihr diese Gebühr doch erlassen worden.
"Das ist eine Situation, die uns total leid tut"
Auf Nachfrage der WAZ räumt Stoag-Sprecherin Sabine Müller ein: „Das ist eine Situation, die uns total leid tut. Das entspricht garantiert nicht dem, was wir uns für unsere Fahrgäste wünschen.“ Sechs Niederflur-Straßenbahnen seien üblicherweise für die Stoag im Stadtgebiet unterwegs. Die seien zwar schon rund 18 Jahre alt, lägen aber so tief, dass ein Einstieg auch für Rollstuhlfahrer kein Problem sei. Zurzeit aber seien davon nur zwei in Betrieb. „Die anderen müssen gewartet oder repariert werden“, sagt Müller. Auch von den vier Mülheimer Bahnen, die in Oberhausen führen, seien aus gleichem Grund im Moment nur zwei im Einsatz.
Um für solche Fälle gerüstet zu sein, habe die Stoag alte Straßenbahnen so umgebaut, dass es zumindest in der Mitte der Bahn einen tiefer gelegenen Einstieg gebe. Um die Fahrpläne einhalten zu können, seien darüber hinaus aktuell außerdem einige alte Hochflur-Straßenbahnen im Einsatz. „Ein barrierefreier Einstieg ist dort nicht möglich“, bedauert Müller. Mehr noch: „Die Stufen sind sehr hoch und in der Mitte befindet sich ein Haltegriff.“ Fahrgäste im Rollstuhl, mit Rollator oder Kinderwagen kämen dort – selbst mit Hilfe des Fahrers – gar nicht hinein. Üblicherweise solle vermieden werden, dass gleich zwei solcher Bahnen hintereinander dieselbe Haltestelle anfahren. „Das aber muss in diesem Fall passiert sein, was wir sehr bedauern.“