Oberhausen..

Drei Experten für 14 interessierte Laien: Wenn die GMVA, Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage, ihre Türen öffnet, werden die WAZ-Leser bestens betreut. Mit Handschlag begrüßt Geschäftsführerin Maria Guthoff die Besucher, die sich vor dem Verwaltungsgebäude eingefunden haben. „Um mal zu gucken, was hier passiert“, begleitet Moritz Marten (12) seinen Vater. Er ist gespannt. „In der Schule haben wir im Fach Arbeitslehre/Wirtschaft etwas über Müllverbrennung gelernt.“ Jetzt hat er die Chance, mehr zu erfahren. „Es ist wichtig, Betriebe zu besichtigen, um die Umwelt besser zu begreifen“, findet Leserin Hede Logar.

Im Wandel der Zeit

„In Sichtweite“ der Anlage wohnt Axel Schulz. Für ihn ist das Vortragsthema „GMVA im Wandel der Zeit“ erlebte Geschichte. Er erinnert er sich gut daran, dass es einmal zwei Kamine gab. Den theoretischen Teil des WAZ-Tags der offenen Tür übernimmt Geschäftsführer Ingo Schellenberger im Vortragsraum, wo der Kaffee einladend duftend bereit steht. Die Atmosphäre ist angenehm.

Neue Umweltbestimmungen

Wir machen eine Zeitreise ins Jahr 1968, in dem die GMVA-Geschichte beginnt. „Das Zechenkraftwerk wurde still gelegt, die Energie sollte weiter genutzt werden“, sagt Schellenberger. Vier Jahre dauerte der Umbau. „Der Müllbunker wurde dazu gebaut, Elektrofilter auf die Kessel aufgesetzt.“ Dass nicht neu gebaut, sondern ständig umgebaut wurde, prägt die Optik und Entwicklung der Verbrennungsanlage mit Doppelfunktion: Abfall verbrennt und erzeugt Energie, die wiederum in Strom umgewandelt wird. Immer neue Umweltbestimmungen führten zur „Aufrüstung“.

So wurden zum Beispiel durch Rauchgaswäsche Schwefel- und Staub-Emissionen reduziert, 1985 kam der neue Schornstein hinzu. In den 90er Jahren wurde das Fernwärmenetz ausgebaut. Durch Kraftwärmekopplung gelang es, einen Teil der Abwärme dorthin abzuführen. Immer strengere Umweltauflagen erforderten ständig neue Sanierungen. Schellenberger: „Chlor- und Schwermetalle im Müll gerieten in Verruf. Die Grenzwerte für Müllverbrennungsanlagen sind extremer als die normaler Kraftwerke.“

Hinzu kam, dass die gelbe Tonne immer größer, die graue immer kleiner wurde. Folge: „Die Müllmenge ging zurück, wir hatten Auslastungsprobleme.“ Und Schulden: 360 Millionen Euro, was auch an den hohen Fixkosten lag.

Remondis kommt ins Boot

Hier kommt das Wasser- und Kreislaufunternehmen Remondis 2001 ins Boot, das 49 Prozent der GMVA von den Städten Oberhausen und Duisburg, denen die Anlage bisher gehörte, übernahm. Remondis lieferte Kapital, Technologie und Müll. Schellenberger: „Die hatten mit den Kommunen Münster, Steinfeld und Coesfeld langfristige Verträge.“ Dennoch: Der Rest-Hausmüll liefert nur die Hälfte des Verbrennungsmaterials, die anderen 50 Prozent sind Gewerbeabfall.

„Länger, als ich eigentlich wollte, habe ich nun geredet“: Schellenberger hat sehr ausführlich erklärt. Alles verstanden, Moritz? „Nein, es war etwas schwierig.“

Einige Leser haben noch Fragen. Warum ist es billiger, Betriebsmüll zu verbrennen, als Hausmüll? Sonst wäre es unmöglich, die gewünschte Menge, 700.000 Tonnen im Jahr, zu erreichen. Könnte man nicht Deponien abbauen und verbrennen? Nein, denn der Müll, der dort lagert, ist schon bezahlt. Wird die Schlacke nach Holland gefahren, um Deiche zu verstärken? Nein, sie darf nicht in Wasserschutzgebieten verbaut werden. Es muss immer noch eine Abdeckschicht drüber sein. Das funktioniert um Beispiel im Straßenbau. Wie viele Haushalte können mit dem Strom aus Abfall versorgt werden? 95.000.

Drei Krangreifer am Werk

Endlich geht’s nun ins Werk. Von der Krankanzel aus schauen wir in den Müll-Bunker. Gigantisch sieht die Halle von oben aus. Speicherkapazität: 26.000 Kubikmeter. „Tag und Nacht wird hier gearbeitet“, erklärt Hendrik Sparla, der stellvertretende Produktionsleiter. „Wir arbeiten im Fünf-Schicht-System.“ Drei Krangreifer sind am Werk, schaufeln jeweils fünf bis sechs Tonnen Müll in die Aufnahmetrichter der Kessel. Werden die Anfuhren eigentlich kontrolliert? Ja, sagt Maria Guthoff. „Es kommt immer mal vor, dass versucht wird, Sondermüll unterzumischen.“

Wir werfen einen Blick auf die Schlacke-Verarbeitung, passieren Turbinenhaus und Kondensator. Dort ist es zu laut, um zu reden. Weiter geht’s zum Leitstand, wo die Anlagenfahrer Verbrennungsprozess, Turbinen und das Fernwärmenetz kontrollieren. Neun Bildschirme haben die Männer jeweils im Blick. „Bei Störungen können sie von oben gegensteuern oder sie informieren jemanden, der sich kümmert“, sagt Ingo Schellenberger.

Am Fuße des 150 Meter hohen Schornsteins, in dem oben Falken nisten, fühlt man sich winzig. Die Kesselhäuser sind 60 bis 70 Meter hoch. Etwas weniger winzig als zuvor ist das Wissen. Leser Dirk Marten: „Es ist beachtlich, mit welch großem technischen Aufwand der Strom erzeugt wird. Ich bin beeindruckt und begeistert.“