Oberhausen.. Aus der Bezirksvertretung I: Anwohner wollen Tempo 30 und Tonnagengrenze. Verwaltung will abwarten – Bezirksbürgermeister bittet mehrfach um Ruhe.
Mit einem bewegenden Appell haben sich Anwohner der oberen Kirchhellener- und der Fernewaldstraße in Königshardt an die Mitglieder der Bezirksvertretung (BV) Sterkrade gewandt, um Tempo 30 und ein Verbot von Schwertransportern vor ihren Wohnhäusern zu erreichen. Sie leiden unter dem Krach von, so die Anwohner, bis zu mehreren Hundert Lastwagen am Tag sowie während der Nachtruhe, viele sollen rasen, Motorradfahrer drehen am Wochenende laut auf.
Doch bei den anwesenden Vertretern der Verwaltung stießen die Lärmgeplagten auf taube Ohren: Um Lärmschutzmaßnahmen anzugehen, müsse die Intensität des Krachs erst einmal genau berechnet werden, hieß es – und das könnte noch zwei weitere Jahre dauern.
Sofortmaßnahmen werden wohl nicht ergriffen, da die beiden Straßen, das gab der Bezirksbeamte Volker Manderscheid bei der BV-Sitzung an, nicht als Raserzone oder Unfallschwerpunkt bekannt seien, somit kein akuter Anlass bestehe. Die Anwohner kündigten an: „Wir geben keine Ruhe, weil man uns keine Ruhe gönnt.“
„Lärm ist Folter und Terror“
„Wir können nicht mehr“, sagte Helga Mondrowski, die als Sprecherin der rund 25 anwesenden Bürger auftrat. „Wir leben mit einer Dauerbeschallung und einer Dauerbelastung durch Feinstaub und Abgase. Wir können nicht mehr schlafen, die Fassaden unserer Häuser haben durch die vorbeirasenden 40-Tonner Risse. Das können wir nicht mehr ertragen.“ Mit Bannern – „Lärm ist Folter und Terror“, „500 Schwertransporter alltäglich“ – standen die verärgerten Bürger vor der Politik, riefen mehrfach in die Runde, so dass Bezirksbürgermeister Dieter Janßen (SPD) die Versammlung zwei Mal zur Ordnung rufen musste.
Seit 2009 versuchen die Königshardter gegen den Lärm vor ihren Haustüren anzugehen, auf Antrag der CDU-Fraktion war das Thema in der Bezirksvertretung nun diskutiert worden. Die CDU beantragte ein Fahrverbot für Lkw ab 7,5 Tonnen und Tempo 30. Vorsichtige Unterstützung fand dies bei SPD und Grünen, der Sterkrader SPD-Fraktionssprecher Hubert Cordes schlug ein Lkw-Nachtfahrverbot vor. Peter Schuler (FDP) machte hingegen auf ansässige Betriebe aufmerksam, die von einem möglichen Fahrverbot für Schwertransporter betroffen wären.
Keine Entscheidung auf Zuruf
Ob es so eine Tonnagenbegrenzung oder ein Nachtfahrverbot kurzfristig überhaupt geben wird, Planungsdezernent Peter Klunk machte wenig Hoffnung. Er verwies auf die besondere Bedeutung der Kirchhellener Straße als Landesstraße, wohl will er auch keinen Präzedenzfall schaffen: „Was sage ich Anwohnern anderer Landesstraßen, wenn ohne Anlass an der Kirchhellener Straße eine Veränderung durchgeführt wird?“
Anlass würde eine gesundheitsschädliche Lärmbelastung geben, wie sie wohl aber zuerst im Lärmkataster erfasst werden muss, das die Stadtverwaltung für alle Straßen mit mehr als 8000 Fahrzeugen täglich berechnen will. Darunter fällt auch die Kirchhellener Straße. Das Lärmkataster sollte bis 2013 fertig sein, 2014 ist aber wahrscheinlicher, das wurde am Donnerstag deutlich. Die Anwohner reagierten mit wiederholten Zwischenrufen. Rechtsdezernent Frank Motschull sagte dazu: „Eine Verwaltung kann zu so eine Entscheidung nicht auf Zuruf finden.“