OBERHAUSEN.. Starker Wellengang und aufbrausende Stimmung. Die deutsche Pop-Folk-Band Santiano verwandelte 10.000 Fans in der Arena Oberhausen in Seebären.
Selbst erfahrene Nautiker sind platt. Hans-Timm Hinrichsen lässt eine Frage nach der anderen ins Publikum schwappen. Doch viele der 10 000 Fans wünschen sich ein Wörterbuch herbei. Der Gitarrist der Pop-Folk-Gruppe Santiano plaudert beim nahezu ausverkauften Konzert in der Arena über seine nordischen Plattdeutsch-Kenntnisse. Inverstahn? Allerbest!
Zusammen mit seinen Kollegen Axel Stosberg, Björn Both, Andreas Fahnert und Peter David Sage zieht es Hinrichsen weiter schwer erfolgreich auf die stürmische Konzertsee. Am Samstagabend segelt Oberhausen bereitwillig mit – Fans mit Piratenkappen, Anhänger in Nordsee-Tracht und Familien mit Kindergartenkindern (mit Schallschutzkopfhörern) auf dem Arm schunkeln hier gemeinsam. „Leinen los, volle Fahrt, Santiano...“
Auch wenn die tanzbaren Klangböen pausenlos vor den Bug knallen, erkennt man deutlich: Santiano befriedigen offenbar gleich Schiffsladungen von Sehnsüchten. Es vereint sich dieses wohlige Urlaubsgefühl vom Nordseestrand, die Illusion von Freiheit durch das Abdriften auf die weite See und eine durch einfach gestrickte Melodien geförderte hohe Mitsingquote.
Nicht nur für Männer mit Bärten
Tatsächlich kann man Santiano nicht vorwerfen, verstaubtes Seemannsgarn zu rezitieren. Im Trubel hoher Wellen haben sich Elemente aus Pop, Folk, Irish-Folk, Shanty und Schlager-Rock längst vermischt. Das erkennt man auch beim ziemlich durcheinandergewirbelten Publikum. Sämtliche Altersklassen schunkeln mit. „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein...“ Stimmt nicht.
Während andere Musikgruppen mit steigendem Alter bei Konzerten ihre Steh- in Sitzplätze verwandeln, gehen die singenden Klabautermänner den umgekehrten Weg. Mittlerweile gibt es vor der Bühne einen kleinen Stehplatzbereich für die jubelstärksten Fans. Obgleich spätestens ab dem dritten Lied sowieso die meisten der 10 000 Fans in Oberhausen wie agile Steh-auf-Männchen mitklatschen.
Die Eingangsfrage der Männer aus Schleswig-Holstein „Wollt ihr die Nacht mit uns verbringen?“ haben die Fans jedenfalls früh beantwortet. Sie wissen längst „Gott muss ein Seemann sein“ und „Es gibt nur Wasser“ (stimmt mit Blick in die Getränkebecher ebenfalls nicht). Eine muntere Instrumentenparade mit Gitarre, Mundharmonika, Tin Whistle und Mandoline veredelt das vergnügliche Seemannsgarn.
Apropos: Wer bei den Ü50-Musikern eine schon seit Jahrzehnten gemeinsam musizierende Gemeinschaft von Seebären vermutet, liegt daneben. Santiano schlossen sich erst vor knapp sieben Jahren zusammen, zuvor verfolgten die Bandmitglieder eigene Projekte.
Das Konzert hinterlässt bei den meisten Fans einen bleibenden Eindruck: Auch wenn der letzte Kaventsmann aus nordischen Melodien in der Arena den Gehörgang erreicht, die Ohrwürmer darin musizieren noch munter weiter.
>>>> BELIEBTHEIT IST MIT DEN JAHREN GESTIEGEN
Die Gruppe Santiano segelt immer wieder nach Oberhausen. Die Beliebtheit ist mit den Jahren gestiegen: 2014 wollten 4500 Seebären die Musik von Santiano in der Arena hören. Vor zwei Jahren waren es 9000.
Die Männer aus dem Norden zitieren bei ihrem Song „Könnt ihr mich hören“ die berühmte Filmmusik aus „Das Boot“ von Klaus Doldinger. Santiano platzierten sich in den vergangenen fünf Jahren 450 Wochen in den deutschen Charts.