Oberhausen.. Bei dem Oberhausener Festival „Kurzfilmtage“ nutzte der Regisseur Klaus Lemke die Verleihung des 16. MuVi-Preis für eine wohldosierte Provokation. „Nach Kunst, Kommerz und Tinnitus kommt eine Liebesgeschichte“, so stellt er seinen Beitrag vor. Preis fürs beste Musikvideo geht hochverdient an „Goldene Zitronen“.
Der schlimmste Feind eines Kreativen ist nicht die Gehirn-Blockade. Sportliche Abgabefristen sind zwar kein Anlass sich euphorisch zuzuprosten, aber lösbar. Kaum Geld zu haben, das lässt dagegen schon vor der ersten Klappe Gedanken-Türme einstürzen und Zeitpläne zu artfremden Notizzetteln mutieren.
Ist es da erstaunlich, dass beim 16. MuVi-Preis der Sieger-Clip „Die Investoren“ für die Hamburger Punkband „Die Goldenen Zitronen“ mit 200 Euro Budget auskommt?
Katharina Duve, Ted Gaier und Timo Schierhorn stehen am Samstag kurz vor Mitternacht bei der ersten Preisvergabe der Kurzfilmtage jedenfalls vor einem guten Geschäft. Der erste Preis ist mit 2000 Euro dotiert. Einsatz verzehnfacht! Aber wer will jetzt von Geld reden?
Güterbahnhof wird zum Laufsteg
In dem Video selbst geht es sehr wohl um Moneten: Auf einem alten Güterbahnhofsgelände verdrehen die Filmemacher den Bahnsteig zum Laufsteg. Die Investoren, so die akustische Marschrichtung, stehen auf Außenseiterglamour. Die Festivaljury sieht es so: „Die – ehemalige – Subkultur als Attraktion für modernes Stadtmarketing, dagegen und doch dabei, ob sie wollen oder nicht.“
50 bis 60 Freunde haben die Filmemacher für den Dreh in der kargen Kulisse aus Stein und Stahl rekrutiert. Ein Schaulaufen der Charaktere, von 20 bis 80 Jahren. Für die helfenden Mimen wartet wohl angesichts der neuen Budgetlage ein anerkennender Umtrunk. Ein hochverdienter erster Platz.
Gerade das macht den MuVi-Preis wertvoll. Sonst wären Clips von Dietrich Brüggemann für „Easy or Not“ (Tim Neuhaus), in dem ein Paar im selben Pullover verschmelzt (Publikumspreis), und Masahiro Miwas Metamorphose der Räume in „Unser Haus“ (2. Jurypreis) wohl der großen Leinwänden verborgen geblieben.
Totengräber und Liebesgeschichte
Würze erhält die Preisvergabe durch Regisseur Klaus Lemke. Der 73-Jährige erzählt wohldosiert provokant über abgelehnte Filme aus vergangenen Jahrzehnten, bezeichnet das damalige Oberhausen als „Totengräber des deutschen Films“. Sein Video stellt er mit Henning Gronkowski vor: „Nach Kunst, Kommerz und Tinnitus kommt eine Liebesgeschichte.“