Oberhausen.

Drei junge Männer waren alkoholisiert, als der Unfall in einer Nacht zum ersten Mai in Königshardt geschah. Sven lag auf der Rückbank, nicht angeschnallt. Sven ist tot. Der Polizeibeamte Stefan Schneider fand ihn neben dem Unfallauto. Zwei Leben zerstört, eines erloschen. „Mit Grauen, Wut und Verzweiflung“ denkt Schneider an den Einsatz zurück. 150 Schüler hören ihm gebannt zu.

Bilder des Verunglückten und des Unfallfahrzeugs sind auf der Leinwand zu sehen. „Unfälle fallen nicht vom Himmel, Unfälle werden verursacht“, sagt Dirk Marten. Der 42-Jährige ist seit 1987 im Polizeidienst. Gestern moderierte er die Veranstaltung „Crash Kurs NRW“, die die Zehntklässler der Anne-Frank-Realschule mit „echten Bildern und realen Schilderungen“ konfrontierte.

7439 Verkehrsunfälle, 696 Verletzte, zwei Tote. „Was steckt hinter solchen Zahlen?“, fragt Marten und gibt die Antwort selbst: „In sieben Jahren sind es zehn von euch oder eure besten Bekannten. Vier werden leicht verletzt sein, vier schwere Schäden erleiden, zwei werden sterben!“ Marko, den der Berufsfeuerwehrmann Eberhard Illigen nach seinem Motorradunfall fand, lebt noch.

Junge Fahrer sind häufig an schweren Unfällen beteiligt

Ihm fehlt jedoch eine Hand, die andere ist schwer beschädigt. „Der fährt nicht mehr Motorrad und der wird auch kein Chirurg“, sagt Illigen. So mitgenommen hatte ihn damals Markos Schicksal, dass er sich selbst längere Zeit nicht mehr auf sein Motorrad wagte „und seither fahre ich langsamer“. Eine Unvorsichtigkeit, alles vorbei. Wie ein Luftballon platzen alle Zukunftsräume.

Alkohol- und Drogenfahrten, Ablenkung durch Telefonieren oder nicht angeschnallt sein – das sind die Hauptursachen dafür, dass junge Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren überproportional häufig an schweren Unfällen beteiligt sind. Der „Crash-Kurs“ soll aufrütteln, hautnah, schonungslos, emotional. Zur Einstimmung gibt’s Oberhausen-Bilder und Texte von Jugendlichen, die Tatsachen schildern, untermalt von dem Song „Geboren um zu leben“.

Jenny wäre heute 26 Jahre alt

„Kevin nahm Drogen und fuhr in den Tod.“ „Eine Spritztour endete im Leichenwagen“. Neuntklässler der Anne-Frank-Realschule haben sie zusammengestellt. Dann folgen die erlebten Geschichten. Was macht ein Unfall mit dem Polizeibeamten, dem Rettungssanitäter, dem Notfallseelsorger, der den Eltern die Nachricht überbringen muss, dass Sohn oder Tochter nicht mehr leben? „Ein Kind zu verlieren“, sagt Marten, „ist das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann.“

Monika Klaas verlor ihre Jenny, weil ein Verrückter mit 120 km/h in die Gruppe raste, in der sie sich befand. Damals war Jenny knapp 16, heute wäre sie 26 Jahre alt. Frau Klaas’ Beitrag zum Crash-Kurs ging unter die Haut.

Erzählungen hinterließen einen bleibenden Eindruck

„Es ist ein bleibender Eindruck, es fehlen mir die Worte“, sagt Doreen Müller (15). „Die Bilder waren weniger schlimm als das, was die Leute erzählt haben.“ „Die Beispiele brennen sich ins Gefühl ein“, sagt Mert Patir (16). Jan B. (16): „Wir sind ja kurz vor dem Führerschein. Jetzt sieht man, was man anrichten kann, dass es doch eine große Gefahr ist, selbst zu fahren.“ „Sehr glaubwürdig“, meint Alina Speer (16), hätten alle Beteiligten die Mahnung rübergebracht. „Bei der Erzählung der Mutter hatte ich einen Kloß im Hals.“

Mit dem Crash-Kurs möchte die Oberhausener Polizei alle Zehntklässler der Stadt konfrontieren. Die Verkehrswacht begleitet die Aktion mit kostenlosen Sicherheitstrainings für junge Fahrer (18-24), Checks der Fahrzeuge und Seh- und Reaktionstests.