Wer auf dem Höhenweg in Königshardt an der Fußgängerampel steht, dem kann es passieren, dass neben ihm ein Reiter auf einem Pferd steht und auch auf „Grün“ wartet.
„Hier gibt es eine Sondergenehmigung für das Reiten auf Bürgersteigen, weil es auf der Straße zu gefährlich wäre“, erzählt WAZ-Leserbeirätin Susanne Müller, die seit 1999 in Königshardt beheimatet ist. Die 53-jährige Dolmetscherin und Sprachdozentin ist Vorsitzende des ältesten Reitclubs in Oberhausen, des „Reit- und Fahrvereins Sterkrade 1924“, zugleich ist sie Vorsitzende des Kreisverbandes. Die Frau mag Pferde, und deswegen ist Königshardt der ideale Wohnort für sie. „Obwohl wir damals gar nicht deswegen hierher gezogen sind“, sagt die Mutter von zwei Kindern.
Aber es hat sich so ergeben: In dem Stadtbezirk mit dem königlichen Namen - der ist eine Referenz König Friedrich II. gegenüber, der 1776 Siedlern aus der Pfalz das Land schenkte, damit sie nicht nach Amerika auswanderten - begegnet man dem Reitsport allenthalben: Pferde auf Weiden im Schatten der Halde Haniel, Pferdetransporter auf vielen Hauszufahrten, ein Stall hinter einer Fassade am Höhenweg, die eher nach Wohnhaus aussieht. „Drei der vier Oberhausener Reitvereine haben ihren Sitz in der ländlichen Gegend von Königshardt“, sagt Susanne Müller. Von hier aus gibt’s einen Anschluss zum weit verzweigten „Euregio“-Reitwegenetz, zwar nicht direkt auf Oberhausener Stadtgebiet, aber Richtung Fernewald in Bottrop und dem Staatsforst Wesel. Oberhausen selbst habe nur wenige Kilometer Reitwege, bedauert Müller.
Für unsere Besichtigungstour steigen wir aufs Rad. Zuerst geht es zum „Zentrum“ von Königshardt, zum „Blauen Haus“ am Kreisel, in dessen Umfeld sich Geschäfte für die Nahversorgung finden: Supermarkt, Drogerie, Apotheke, Eis-Café, Bäcker, Ärzte, was der Mensch so braucht. Auf der Insel des Kreisverkehrs ist das Wappen von Königshardt zu finden, ein Kreuz, drei stilisierte Vögel und eine Plaggenhacke. Bei den Vögeln handelt es sich um Krammetsvögel, weiß Susanne Müller, und dass diese in der Gegend häufig vorkamen.
Wir machen einen Abstecher in die Falkestraße und einen Zwischenstopp am Reiterhof Tappe und dem Reitverein Königshardt, der hier beheimatet ist. Der letzte offizielle Sommertag des Kalenders gibt noch einmal alles, blauer Himmel, das Grün der Weiden leuchtet, wir kommen an gut gepflegten Eigenheimen vorbei, eine Frau fegt den Bürgersteig, ein Mann werkelt im Vorgarten, hat sich seinen Kaffee auf das Mäuerchen gestellt, irgendwo ist natürlich auch ein Rasenmäher zu hören. Schön, friedlich, gediegen. „’Was, das ist Oberhausen’“, zitiert Susanne Müller auswärtige Bekannte oder Freunde, wenn sie ihnen Fotos von diesem Idyll zeigt. Woanders gibt es mehr Geschäfte, auch mehr kulturelle Angebote - was Susanne Müller durchaus bedauert - aber „hier ist der Wohnwert“, sagt sie überzeugt. Königshardt war für die Vielsprachige, die im Bergischen Land und auf der Schwäbischen Alb gelebt hat, ein guter Kompromiss.
Während wir zum denkmalgeschützen Barmscheider Backhaus an der Pfälzer Straße radeln, das um 1850 erbaut, 1983 renoviert wurde und noch heute zu besonderen Gelegenheiten in Betrieb genommen wird, berichtet die Leserbeirätin, dass der Verkehr in den letzten Jahren in Königshardt doch deutlich zugenommen habe. Vor allem seit Einführung der Lkw-Maut würden die Laster den Höhenweg und die Hartmannstraße unsicher machen.
Noch einen Abstecher machen wir zum Hof des Vereins „Pferde in Not“: Hier päppelt Susanne Bungert verwahrloste Pferde wieder auf oder solche, die längst zum Schlachthof sollten. Die Tierheilpraktikerin kümmert sich derzeit um 22 Pferde, Hunde, Hühner, Kaninchen kommen dazu. In den Ferien gibt es hier Kurse für Kinder, „meine Tochter hat sich hier immer sehr wohl gefühlt“, sagt Susanne Müller. Wir radeln weiter über die Kirchhellener Straße, wo auch der eigene Reitclub der Leserbeirätin angesiedelt ist und zwar da, wo das China-Restaurant „Bambus Garten“ liegt, es hieß früher „Zum Rabenhort“. Der Besitzer und Wirt wurde „Kohlen Dors“ genannt, hier trafen sich die Alten und die Oberhausener Jäger zum Stammtisch. Ein Stück geht’s noch auf dem Alten Postweg entlang, der Stadtgrenze, und dann zurück durch den Hiesfelder Wald zum Höhenweg.