Oberhausen.. In der Sitzung am Montag haben die Fraktionen und Gruppen des Rats der Stadt Oberhausen mehrheitlich den Haushalt verabschiedet. Wir zitieren Auszüge aus den Haushaltsreden.
SPD: Setzen Sie Ihre Wahlversprechen um!
Wolfgang Große Brömer, SPD-Fraktionsvorsitzender: „Der Haushalt 2016 wird der fünfte genehmigte Haushalt in Folge sein – und die ,Schwarze Null’, der erste Haushaltsausgleich seit Jahren, ist für 2017 in Sicht. Durch die wiedergewonnenen Handlungsspielräume werden die von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, viel geschmähten Stadtentwicklungsprojekte verwirklicht werden. Sie werden in den nächsten Monaten mit großer Freude das ernten, was Sie nun wirklich nicht gesät haben.
Zum Abstimmungsverhalten der CDU: Dieser Haushalt ist nicht Ihr Haushalt, das ist richtig. Sie konnten sich in der Vergangenheit als Opposition im wahrsten Sinn des Wortes ein verantwortungsloses Handeln leisten: Jahr für Jahr wurde dem Haushalt die Zustimmung versagt – selbst dann, wenn eine möglichst einstimmige Verabschiedung des Haushalts die Position der Stadt gegenüber der Gemeindeaufsicht gestärkt hätte. Opposition pur! Die Verantwortung sollten die SPD, die Grünen und die FDP übernehmen.
Diese bequemen Zeiten sind nun vorbei. Sie haben den Wählern suggeriert, dass für das Anbrechen des Goldenen Zeitalters in Oberhausen nur noch die Stimme des Oberbürgermeisters fehlen würde. Die haben Sie jetzt!
Wo sind Ihre Vorschläge? Sie haben ja den Menschen stets weisgemacht, dass die fertigen CDU-Konzepte bereits in der Schublade lägen und Sie nur noch auf eine eigene Mehrheit warten müssten.
Herr Oberbürgermeister, Ihre Wahlversprechen müssen Sie nun in die Tat umsetzen. Das sind Sie den Wählern schuldig – und wir werden Sie stets daran erinnern. Ich möchte Sie bitten, sich Ihre und unsere Stellungnahmen im Wahlkampf durchzulesen. Sie werden zweifelsfrei feststellen müssen, dass die Verletzungen und Verwundungen eine recht einseitige Angelegenheit gewesen sind – nämlich die Ihrer Partei! Und dafür tragen Sie die Mitverantwortung. Zudem haben Sie am Freitag in der Personalversammlung der Beamten angekündigt, vorzeitig 80 Beförderungen auszusprechen. Damit wollen Sie offensichtlich einen Teil des Porzellans kitten, das Sie mit Ihren unsäglichen Vorwürfen gegen die städtische Verwaltung in der Vergangenheit zerschlagen haben! Wenn das keine Beglückungspolitik ist? Wir erwarten von Ihnen einen anderen Politikstil, einen anderen als Sie ihn bisher praktiziert haben.“
CDU: Oberhausen steckt in einer verzwickten Lage
Simone-Tatjana Stehr, Vorsitzende der CDU-Fraktion: „Die Tradition der klassischen Haushaltsrede mit angespitzter Wortwahl und zuweilen auch angriffslustiger Rhetorik werde ich hier und heute nicht fortsetzen. Was nichts Anderes heißt, als dass es mir jetzt und in Zukunft um absolute Sachlichkeit gehen wird.
Und das hat gleich mehrere Gründe: Beginnen wir mit dem Begriff der Oppositionsparteien. Gibt es diese Oppositionsparteien angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse überhaupt noch in unserem Stadtparlament? Und wenn nicht, wie nennen wir sie denn sonst? Die Bezeichnung Opposition als Sammelbegriff für BOB, Linke Liste, Bürgerliste und CDU ist jedenfalls genauso so irreführend wie das Festhalten von SPD, Grünen und FDP an der Ampelkoalition. Denn eine Koalition ergibt ja nur dann Sinn, wenn sie regierungsfähig ist. Und das ist sie mit ihren 30 Sitzen seit dem Sieg von Daniel Schranz bei der OB-Wahl nicht mehr. Dagegen kann die Opposition mit der Stimme des Oberbürgermeisters noch jederzeit eine Mehrheit herstellen. Haben wir es also hier mit der eigentlichen Stadtregierung zu tun? Ich meine nicht, und falls das jemandem Sorgen bereiten sollte: Das ist auch gar nicht unser Bestreben. Wir alle im Rat sollten uns der Tatsache bewusst sein, dass wir einander mehr denn je brauchen, wenn wir Oberhausen nach vorn bringen wollen. Die Zeit des Durchregierens ist vorbei. Oberhausen steckt aus vielen Gründen in einer sehr schwierigen Situation und in einer politisch verzwickten Lage. Das schreit nach Gemeinsamkeit.
Schauen wir daher nach vorn und machen uns zunutze, dass die Dinge im Rückspiegel oft deutlich kleiner werden und unbedeutender wirken, wenngleich ich einräume, dass nach einer verlorenen Wahl das Vergessen und Vergeben schwerer fällt als nach einer gewonnenen. Lassen Sie uns einen neuen Politikstil einschlagen, neue Wege nach Lösungen suchen. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht mehr in der Sache um die besten Ideen streiten sollten.“
Grüne: „Der neue Oberbürgermeister hat keine eigene Mehrheit“
Regina Wittmann, Grünen-Fraktionssprecherin: „Mit dem Haushalt 2016 bleiben wir auf Erfolgskurs! Wenn wir diesen Konsolidierungskurs fortsetzen, haben wir im nächsten Jahr ein großes Ziel erreicht: einen ausgeglichenen Haushalt! Damit ist eine ganz wesentliche Grundlage für eine tragfähige Zukunft unseres kommunalen Gemeinwesens zum Greifen nahe.
Diese positive Haushaltsentwicklung haben sich die Oberhausener mit Sparmaßnahmen teuer erkauft. Dafür zeigt sich nun aber immer deutlicher, wie sehr sich dies mit Blick auf die Förderoptionen auszahlt: Ein eigener Fachbereich Klimaschutz, die Umsetzung integrierter Handlungskonzepte für Sterkrade und Osterfeld mit Mitteln der Städtebauförderung, das neue Jugendzentrum in Alt-Oberhausen, die Verbesserung der Ernährungssituation an Oberhausener Schulen.
Die Ampelkoalition wird weiter Bestand haben, weil sie mit ihrem Koalitionsvertrag ein sehr gutes, inhaltliches Fundament formuliert hat. Der neue Oberbürgermeister hat keine Mehrheit. Angesichts der in vielen Punkten uneinigen Opposition sehen wir diese Perspektive weder als verlässliche Basis noch als inhaltliche Plattform. Wir sind sehr gespannt, ob die CDU zu einer neuen Rolle finden will. Wird sie weiterhin Blockaden und Polarisierung in den Vordergrund stellen?“
Linke: „Wir geben nicht zu viel aus, wir nehmen zu wenig ein“
Martin Goeke, stellv. Ratsfraktionsvorsitzender der Linken: „Der Schuldenstand ist nach wie vor unaussprechbar hoch und übersteigt das komplette Vermögen und den Besitz der Kommune. Viele hier im Ratssaal betrachten ihn als hausgemachtes Problem. Doch dies ist nur zu einem Teil richtig. Vielmehr liegt es daran, dass Bund und Land seit Jahrzehnten Aufgaben an die Kommune weitergeben, ohne für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Wir geben nicht zu viel aus, wir nehmen zu wenig ein. Auf Hilfe aus Berlin und Düsseldorf warten wir seit Jahren vergebens.
Eine verlässliche Kinderbetreuung, gute Schulen, eine funktionierende öffentliche Verwaltung, attraktive Kultur- oder Sporteinrichtungen, eine moderne Infrastruktur – das ist das, was Bürger von ihren Kommunalvertretungen erwarten. In einem der reichsten Länder sollte ein solches Angebot selbstverständlich sein. Geld ist genug da!
Sie alle hier versuchen hingegen seit Jahren vergeblich mit Kürzungen im Jugend-, Sport- und Sozialbereich sowie beim öffentlichen Nahverkehr und bei Investitionen für Gebäude und Straßen die dramatische Haushaltslage in den Griff zu bekommen. Diese jahrelange Sparpolitik in Oberhausen hat in vielen dieser Bereiche zu einer strukturellen Unterversorgung geführt – die Lebensqualität der Bürger leidet.“
BOB: „Oberhausen braucht wirtschaftlichen Aufbruch“
Karl-Heinz Mellis, Fraktionsvorsitzender Bündnis Oberhausener Bürger (BOB): „Zur Wahrheit gehört, dass für einen ausgeglichenen Haushalt weniger der Verwaltung als vielmehr den Bürgern gedankt werden sollte. Denn sie tragen den seit Jahren immer enger gezogenen Gürtel aus Kultur-, Sozial- und Dienstleistungsabbau, aus maroden Schul- und anderen öffentlichen Gebäuden, mangelhaft gepflegten Parks, überzogenen Müllgebühren, unattraktiven Parkplatzgebühren mit überraschend viel Geduld. Unsere Stadt braucht einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch. Es müssen dringend Hochschuleinrichtungen angesiedelt und Forschungsallianzen gefördert werden.“
Bürgerliste: Ein Plädoyer für einen echten Bürgerhaushalt
Andrea-Cora Walther, Sprecherin der Bürgerliste Oberhausen: „Der Haushalt 2016 – wer ist betroffen? Wer ist beteiligt? Die BürgerInnen? Die viel beschworene „Stadtgesellschaft“? Betroffen? Ja. Beteiligt? Nein. Auch hier wäre es doch bedenkenswert für die Zukunft mehr die Betroffenen und mehr die Stadtgesellschaft in die Aufstellung einer Haushaltsplanung einzubeziehen. Wissen sie nicht am besten, was das Beste für unsere Stadt ist?
Ich gehe davon aus, dass wir mehr brauchen, wenn wir das „Willkommen Asylsuchende“ ernst nehmen. Wir sind noch weit davon entfernt, diese neuen MitbürgerInnen als Chance zu begreifen.“