Oberhausen. Die Verdi-Bezirkschefin Henrike Greven hat nun auch offiziell ihren Hut für die Bundestagskandidatur der SPD in den Ring geworfen. Doch ihr fehlt der Stallgeruch. Und ihre Parteikarriere weist Brüche auf.
Roter Mantel, rote Schuhe, rot lackierte Fingernägel: Nicht nur beim Besuch in der Redaktion ist die Farbe derzeit Programm für Henrike Greven. Mit der Abgabe einer Bewerbungsmappe beim hiesigen SPD-Unterbezirk hat die Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Mülheim-Oberhausen nun auch offiziell ihren Hut für die Bundestagskandidatur der SPD im Wahlkreis Oberhausen/Dinslaken in den Ring geworfen.
Seit einer Woche ist sie auf Tour, um in beiden Städten Gespräche zu führen. Dabei wird sie noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. „In Dinslaken kennt mich kein Mensch“, weiß sie. Und auch in Oberhausen fehlt ihr der Stallgeruch: Greven ist Mitglied der SPD in Mülheim und wohnt in Düsseldorf – auch wenn sie nach einem langen Arbeitstag schon so manche Nacht auf dem Sofa im hiesigen Gewerkschaftsbüro verbracht hat.
Chancen gegenüber Dirk Vöpelsieht sieht sie bei „50:50“
Ihre Chancen gegenüber dem bisher einzigen Mitbewerber um die Kandidatur, dem Alt-Oberhausener Bezirksbürgermeister Dirk Vöpel, sieht sie dennoch bei „50:50“. Das von der SPD in dem Wahlkreis erstmals angewendete Verfahren der Urwahl durch die Mitglieder halte sie für sehr gut, sagt Greven. Sie unterstützt dies als gelebte parteiinterne Demokratie. Das Votum der Basis will sie deshalb akzeptieren. Wenn sie nominiert werde, ziehe sie nach Oberhausen, kündigt sie an.
Grevens Parteikarriere weist durchaus Brüche auf: Die heute 47-Jährige war 1994 Mitglied der SPD in Essen geworden. 1999 war sie dann aber wegen des sogenannten „Schröder-Blair-Papiers“ ausgetreten. Das Papier mit dem Titel „Der Weg nach vorne für Europas Sozialdemokraten“ war damals von der SPD-Linken um den kurz zuvor als Bundesfinanzminister zurückgetretenen Oscar Lafontaine massiv attackiert worden, weil es konservative und neoliberale Positionen übernehme.
Erst 2010 trat Greven als Mitglied wieder in die SPD ein, weil sie sich mit dem damaligen Landtagswahlprogramm sowie den SPD-Plänen für Korrekturen an Hartz IV und an der Rente mit 67 identifizieren konnte. Ihre Rückkehr in die Arme der Genossen war öffentlichkeitswirksam inszeniert: Die damalige Landeschefin und heutige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft warb sie persönlich im Mülheimer Ortsverein Dümpten wieder an. Mit Hannelore Kraft habe es zu tun, dass der Mensch wieder Vorrang vor dem Markt habe, machte Greven damals deutlich. Zuletzt beantragte sie den Wechsel zum Unterbezirk Oberhausen.
Kampf gegen Dumpinglöhnebei Kik machte sie bekannt
Auch als Gewerkschafterin ist die gebürtige Dortmunderin erwiesenermaßen streitbar. So hatte ihr Einsatz im – erfolgreichen – Kampf gegen Dumping-Löhne beim Textildiscounter Kik weit über die Stadtgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. Das brachte ihr sogar eine Einladung zur ARD-Talkerin Anne Will ein.
Einen bundesweit gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro einführen, sachgrundlose Befristungen bei Arbeitsverträgen abschaffen, die Wochenarbeitszeit bei Minijobs auf zwölf Stunden begrenzen, die Rente mit 67 zurücknehmen und die Leiharbeiter-Löhne an die Bezahlung der Festangestellten angleichen – das sind denn auch die Themen, die sich Greven für Berlin auf die Fahne geschrieben hat, sollte sie 2013 in den Bundestag einziehen: „Faire Arbeitsmarktbedingungen können nur flächendeckend durch den Bundestag beschlossen werden“, sagt sie.
Das große Thema für das hoch verschuldete Oberhausen sei zudem die Verbesserung der Kommunalfinanzen. „Wir werden es in Oberhausen alleine nicht schaffen. Hier muss der Bund mit einer Umverteilungsaktion einsteigen, etwa über eine Vermögenssteuer.“
Die Diplom-Betriebswirtin weiß, dass sie als neue Parlamentarierin in Berlin zunächst „am Katzentisch“ sitzen würde. „Das ist Knochenarbeit. Aber ich bin sehr zielstrebig und kann mich durchsetzen. Auch wenn ich weiß, dass ich dafür Zeit brauche.“