Duisburg/Oberhausen.

Muss der Gebührenzahler für die Müllentsorgung tiefer in die Tasche greifen als eigentlich preisrechtlich erlaubt? Droht der GMVA die Pleite, wenn das neue Rechtsmodell nicht von den Räten in Duisburg und Oberhausen durchgewinkt und ab 1. Januar 2014 eingeführt wird? Wir stellen hier die derzeitige Situation rund um den Liricher Müllofen und den Lösungswunsch der GMVA-Spitze dar:

Was ist das Problem?

Um die Jahrtausendwende hatte die GVMA in Oberhausen wegen zu geringer Auslastung und hohem Investitionsbedarf rund eine halbe Milliarde Euro Schulden angehäuft. Mit Rethmann, heute Remondis, wurde ein privater Partner gefunden, der 49 Prozent der Anlage übernahm. 35,8 Prozent gehören seither Duisburg, der Rest Oberhausen. Zwischen den Städten und der GMVA wurde ein langlaufender Entsorgungsvertrag geschlossen mit festgeschriebenen Verbrennungspreisen von zunächst 150 bis 170 Euro, ab 2011 dann 257 Euro pro Tonne, danach sogar 280 Euro bis 2020. Und es wurde eine Umschuldung mit einer Bank vereinbart, die bis 2020 läuft und nach Angaben der Duisburger Wirtschaftsexperten der Stadt mit 140 Euro pro Tonne der Verbrennungskosten bedient wird. Diese Zahlung garantieren die beiden Städte. 224 Millionen Euro Schulden sind derzeit noch offen, der Oberhausener Anteil liegt bei rund 73 Millionen Euro.

Also weiter abzahlen?

Im Prinzip ja, aber inzwischen haben Verwaltungsrichter diverse Kritikpunkte an der gängigen Verbrennungskostenfestsetzung gefunden, mit der Folge, dass die vertraglich festgelegten Preise nicht mehr zu halten waren. Wirtschaftsprüfer hatten einen Tonnenpreis von 175 Euro ermittelt (der aktuell berechnet wird), das war allerdings dem Verwaltungsgericht Düsseldorf zu viel. Gerügt wurden vor allem zwei Punkte: eine zu hohe Kapazität der Anlage und dass diese Kosten für die gesamte Kapazität nach dem heutigen Preismodell ausschließlich die Bürger der Städte zahlen müssen; und dass Verkaufserlöse für den aus der Müllverbrennung erzeugten Strom und gewonnener Fernwärme nicht gebührenmindernd angerechnet werden.

Ist das Urteil rechtskräftig?

Nein, ist es nicht. Eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist kürzlich erlaubt worden. Eine Entscheidung kann 2014 oder auch erst 2015 fallen.

Und bis dahin?

Bis dahin ist aus Sicht der GMVA Spitze nicht sicher, ob die bisherige Gebührenkalkulation zu halten sein wird. Sollte das bisherige Verbrennungsentgelt nach Einschätzung der Richter in Münster zu hoch sein, droht der GMVA eine Rückzahlung an alle Gebührenzahler für die Jahre ab 2011. Je nach Urteil des Gerichts müsste die GMVA zwischen 18 und 39 Millionen Euro zahlen. So hat die GMVA bereits 15 Mio Euro an zusätzlichen Rückstellungen 2012 gebildet.

Könnte die GMVA zahlen?

Unmöglich ist das nicht, wenn man die Bilanz 2012 betrachtet. Gleichwohl würde dies das Ergebnis der GMVA stark belasten. Zugleich wird die GMVA aber von drei Negativfaktoren in die Zange genommen: Wenn durch die Preisprüfer oder Gerichte der Preis von 175 Euro etwa auf 110 Euro sinken müsste, brächen die Erlöse drastisch ein. Auf dem freien Markt angeworbener Müll bringt immer weniger ein: Für 2014 sind statt 52 Euro nur noch 40 Euro pro Tonne geplant. Der Preisverfall für sogenannte Drittmengen außerhalb des kommunalen Hausmülls ist seit Jahren zu beobachten, weil NRW zu viel Müllöfen hat, die sich gegenseitig harte Konkurrenz machen. Zudem sinken angeblich nun die Einnahmen aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme. Deshalb droht ohne das neue Rechtsmodell der GMVA die Pleite, meint die Geschäftsführung.

Die Folgen für die Stadt?

Die Städte müssten die 224 Mio Euro weiter abbezahlen, sind aufgrund der Haushaltslage dazu aber nicht in der Lage . Rund 200 Arbeitsplätze gingen verloren und jährlich 25 Mio Euro Auftragsvolumen für Zulieferer in der Umgebung.

Was ändert das neue Rechtsgeflecht?

Zum 1. Januar 2014 übernimmt eine GmbH & Co KG die Entsorgungsverträge von Duisburg und Oberhausen. Sie beauftragt die GMVA mit der Müllverbrennung. So entzieht sich die GMVA dem öffentlichen Preisrecht – und sie darf weiterhin die Verkaufserlöse von Strom und Fernwärme einstecken und muss diese nicht zur Preisreduzierung für die Bürger verwenden. Wenn der Rat am Montag, 11. November, „Ja“ sagt zur Neuordnung der GMVA-Konstruktion, ist nach Einschätzung der GMVA-Führung die GMVA und die Abzahlung der Altschulden gesichert – ohne Belastung des städtischen Haushaltes.

Wird’s teurer für die Bürger?

Zum 1. Januar 2014 sollen die Verbrennungskosten von zurzeit 175 Euro auf 159,80 Euro pro Tonne gesenkt werden. Dadurch sinken die privaten Entsorgungskosten: die Grundgebühr für die Müllabfuhr um 2,6 Prozent, die Leistungsgebühr um 0,9 Prozent. Bedeutet pro durchschnittlichem Haushalt eine Einsparung von fünf bis zehn Euro – pro Jahr wohlgemerkt.

Reicht das für die GMVA?

Die GMVA-Führung beteuert, dass sie mit 160 Euro ganz knapp hinkommt – aber auf jeden Fall angesichts dieses niedrigen Preises ein Kostensenkungsprogramm fahren muss, um nicht in die Miesen zu rutschen.