Oberhausen.

Der Startschuss ist gefallen. Die Frauen erobern die Stadt: Schlips ab! Schnürsenkel hinfort! Haupthaar zwangsgefärbt. An Altweiber übernehmen die Jecken das Kommando. Wir mischen uns einen Tag lang unter das Narrenvolk. Sind die tollen Tage wirklich so gut?

9.30 Uhr: Frühstart im Hotel zum Rathaus! Erste Helau-Salven erschallen. Die CDU lädt zum Prinzenfrühstück. Es klirren die Tassen (Inhalt: Kaffee), knuspern die Brötchen. Walter Paßgang erzählt den ersten Witz des Tages (Note: 3+).

10.03 Uhr: CDU-Geschäftsführer Hannes Fritsche ist als Schiedsrichter verkleidet, zückt aber nur die Gelbe Karte. Aus seiner Sicht politisch korrekt. „Die Rote Karte bleibt in der Tasche!“ Auf der Nase sitzt die schwarze Pappnase. In den Sitzreihen formiert sich eine ganz große Koalition: Steffi Opitz (Grüne, in Zivil), Bernard Elsemann (SPD, als Jäger) oder Hardy Schmidt (SPD/OGM, als Schotte) sorgen für parteiübergreifende Heiterkeit.

10.17 Uhr: Pagin Lena schränkt das Bützen ein. Die Begleiterin des Stadtprinzen hat sich eine leichte Erkältung eingefangen. Kein Wunder: Die 20-Jährige ist schon seit der Kindheit mit dem „Bazillus Karnevalis“ infiziert. Sie war vor 11 Jahren sogar Kinderprinzessin. Ein Karnevalistin mit Leib und Seele.

10.53 Uhr: So langsam füllt sich der Altmarkt. Hauptausschuss-Präsident Heiner Dehorn blickt zum Himmel. Fazit: „Wunderbar!“ Es ist sonnig. Nur Narren mit dünnem Schuhwerk jammern über Feuchtigkeit, die aufgrund des Schnees ins Innere ihrer Treter zieht. Es ist nicht ganz so voll wie in den Vorjahren – 400 Jecken, so die Schätzung.

11.11 Uhr: Loooooos! Die AOK Weiß-Rot zieht mit Senatoren, Elferrat und Garde auf die Bühne. „He-lau! He-lau! He-lau!“ Die Möhnen fühlen sich bestätigt. Ihre Stimme hat nun Gewicht. Sie lassen die Männer nach ihrer (Triller)-Pfeife tanzen. Die Drei Dötze gehorchen. Sie singen: „Ja, da simma dabei!“

11.28 Uhr: Kamera-Leute haben es auch nicht leicht! Ein Kollege vom WDR wird zur Zielscheibe eines Bauchredners, der seinen schwarzen Raben spotten lässt. Die Fernseh-Leute flüchten. Bei Sport Wonsyld wärmen sich unterdessen die Jecken mit den nassen Füßen auf. Der Geschäftsmann bittet zum närrischen Feldlager – doch es ist keine Zeit zum Hinsetzen.

12.45 Uhr: Aufbruchstimmung auf dem Markt. „Jetzt geht es dem OB an den Kragen!“, murmelt ein Uniformierter. Der Sturm aufs Rathaus steht auf dem Plan – und die Jecken machen durchaus Gefangene. Amtsleiter, Chefs und Bürgermeister rüsten sich zur Verteidigung.

OB Klaus Wehling geht es an den Kragen

13.18 Uhr: Wachablösung am Polizeipräsidium. Kommandeurin Christa Verhufen lässt Nachfolgerin Steffi reimen. Ohne Erfolg: Präsidentin Kerstin Wittmeier wird vom Prinzen abgeführt.

13.41 Uhr: Im Amtsgericht eilt Leiter Berthold Bendorf ein Rocker zur Hilfe. Der spottet mit spitzer Zunge über politische Themen in der unmittelbaren Nachbarschaft: „Heute heißt es doch, niemand hatte die Absicht, ein Therapiezentrum zu errichten.“ Beim Finanzamt wird kurz gerangelt, doch trotz einer flammenden Gegensteuer-Erklärung wird Vorsteher Ludger Brückmann in die närrische Haft umgeleitet. Handschellen!

14.01 Uhr: Das Rathaus ist die letzte Station. OB Klaus Wehling singt den Machtwechsel herbei, scheint schon gänzlich zur Narretei übergelaufen zu sein. Er frohlockt mit Vertretern aus Rat und Verwaltung das Prinzenlied und übergibt den Stadtschlüssel schließlich ohne jegliche Gegenwehr. Prinz Gerhard I. übergibt den Schlüssel schnell an sein Gefolge. „Ab in den Tresor damit!“ Manche scherzen am Treppenrand: „Was will man im Rathaus eigentlich klauen?“

15.17 Uhr: Zwischendurch wird das Kamelle-Fachwissen vertieft. Denn: Sollten Sie in diesen Tagen als „Narrhallese“ bezeichnet werden, so handelt es sich nicht um eine Beleidigung. Sondern: Nach einer Legende um Narrhalla soll dies das Reich des ewigen Karnevals sein. Nur die männlichen Bewohner dieses „gelobten Landes der Jecken“ werden „Narrhallesen“ genannt. Daraus entstand die Begrüßung „Liebe Närrinnen und Narrhallesen“.  Allerhand!

15.51 Uhr: Den Jecken in der Luise-Albertz-Halle ist das egal: Die Damen sind unter sich. Knapp 1000 Möhnen in einem Saal. Ein Hexenkessel. Die KG Weiß-Grün Hoag hat bei ihrem Altweiberball mehr als vier Stunden Remmi-Demmi aufgefahren. Die Elferratsschau haut mächtig rein. Die Aktiven haben sich als Schlager- und Karnevalssänger verkleidet. Die Frauen singen: „Trink’ doch ene mit!“ Klopfer-Klacken schallt durch den Saal.

16.45 Uhr: Die Scheunenrocker scheuen keinen Schunkel-Hit. Schon stehen Piratinnen, Schlumpfinen und Tänzerinnen auf dem Tisch. Arme wandern von links nach rechts. Von der Seite schallt es: „Ich hol’ mal neue Klopfer!“ Prost, Mahlzeit!

17.27 Uhr: Jetzt beginnt an den Tischen die Tratscherei. Ein gepflegter Altweiberwitz hier, an der anderen Seite singen sie: „Trink’, trink’, Brüderlein trink’“ - und woanders noch „Ein Stern, der deinen Namen trägt“. Närrischer Schabernack, wohin mann blickt (und hört).

18.12 Uhr: Wolfgang Petry kommt. Zumindest als Double. Ein Traum. Oder sagen wir: Wahnsinn! Der Schnauzbart wird euphorisch gefeiert.

18.26 Uhr: Prinz Karneval ist in seinem Element. Reist durch die Säle. Sein Äußeres: ein Knüller. Lesen Sie in der Samstagsausgabe dieser Zeitung, was Gerhard I. in den Sälen der Stadt erlebt hat.