Oberhausen.
Michael Wendler zeigt seine Privatgemächer häufig und gerne: Die Offenheit des selbst ernannten Königs des Popschlagers äußerte er nicht nur abendfüllend in seiner TV-Serie „Wendler Clan“, sondern immer wieder bei einem alljährlichen Riesen-Konzert in der König-Pilsener-Arena. „Oberhausen ist mittlerweile mein Wohnzimmer geworden“, sagt der gebürtige Dinslakener am Samstag – und die 12 000 Fans in der ausverkauften Halle sind entzückt.
Dabei macht sich der Mann nicht gerade rar: Einige Tage zuvor hat der 39-Jährige mit einem Gratis-Konzert noch eine Spielhalle eröffnet, am kommenden Freitag soll er in seiner Disco „Nina“ am Bottroper Bahnhof singen - trotzdem zahlen die Fans in Oberhausen bis zu 50 Euro, um „den Wendler“ in der großen Halle zu sehen. Ein polterndes Party-Phänomen, das bereits seit sieben Jahren funktioniert. „Die Stimmung stimmt – und die Leute sind nett. Das spart den Weg nach Mallorca“, sagt Jennifer Bolt aus Essen. Eine vergleichsweise kurze Anreise.
Andere haben „Leipzig rockt Oberhausen“ auf ihre T-Shirts geschrieben. Frauenriegen in Kegelclubstärke klatschen in der ersten Reihe. Auf ihren Klamotten steht: „Wir sind alle Wendler-Girls!“ Die Frauen sind klar in der Mehrzahl, singen sich mit Plastik-Sektgläsern in der Hand in Stimmung. Die Herren verstecken sich nicht, haben ebenfalls fleißig getextet: „Frankie goes to Wendler!“ Der junge Mann kommt in den Gängen der Halle, die zügig zu Tanzflächen umfunktioniert werden, schnell ins Gespräch. Und der Sänger selbst? Er trägt stets sein weißes Hemd, bei dem sich im Laufe des Abends die Knöpfe öffnen. Das freut die Damenwelt – veranlasst begleitende Herren aber eher, mit Papp-Tabletts die Getränkestationen anzusteuern. „180 Grad“ oder „Sie liebt den DJ“ – seine Hits singen die Fans lautstark mit. Eine Band braucht man dazu nicht, dafür stehen plötzlich Gast-Stars wie Kollegin Michelle auf der Bühne – die hämmernden Discofox-Beats werden von zehn Tänzerinnen begleitet, die auf einem riesigen Kirmes-Fahrgeschäft in die Halle schweben. Rummelplatz, Mallorca-Gaudi, Oktoberfest – bei diesem Konzert kommt alles zusammen.
Rummelplatz und Oktoberfest
Zwei Stunden Zicke-Zacke erfreuen nicht nur die Anhänger, sondern auch den Protagonisten selbst. Der verabschiedet sich in dröhnender Theatralik: „Ich verneige mich vor euch!“ Vor der Halle stehen vor allem junge Menschen, die ungeduldig mit dem Autoschlüssel auf ihre Handflächen schlagen. „Wir holen unsere Eltern ab!“ In der Wendler-Welt ist eben alles ein bisschen anders.