Oberhausen. Sie galten lange als spießig, aber für Familien ist ein Kleingarten paradiesisch. Am Rechenacker legen die Mitglieder Wert aufs Miteinander.
Idyllisch und ruhig ist es an diesem Morgen in der Kleingartenanlage Am Rechenacker – und heiß: Bei 30 Grad im Schatten weht kein Lüftchen über die Gärten und Wege, vereinzelt arbeiten Menschen in ihren Gärten oder sitzen auf ihren Terassen. „Die Kleingärten werden ganz anders genutzt als noch vor ein paar Jahrzehnten“, erklärt Andreas Brück, Vorstandsmitglied des Kleingartenvereins Oberhausen-Süd Am Rechenacker. Ursprünglich seien die Anlagen einmal als Armengärten geschaffen worden. Und in den Jahrzehnten nach dem Krieg habe der eigene Kleingarten weniger der Erholung, als dem Anbau von Gemüse, Kräutern und Obst gedient. „Heute wollen sich Familien und Rentner hier hauptsächlich erholen und ihre Gärten schön bepflanzen“, sagt Heinz Binder, Vorsitzender des Oberhausener Kreisverbands der Kleingärtner, zu dem 27 Vereine gehören.
Trotzdem gebe es immer noch einige Pächter, die für den eigenen Bedarf Gemüse anbauen würden. „Kohlrabi, Kopfsalat, Bohnen, Tomaten, Zwiebeln oder Zucchini sind beliebt“, erzählt Brück, der selbst seit vier Jahren einen der Gärten am Rechenacker gepachtet hat. Gesünder geht es fast nicht, denn es darf nicht gespritzt werden. „Alle Kinder, die mit ihren Familien hierherkommen, wachsen mit der Natur und den Pflanzen auf, das ist gerade in diesem städtischen Umfeld sehr wichtig“, so Brück. Mittlerweile gebe es auch Bienenvölker in einigen der 34 Oberhausener Anlagen.
80 Prozent der Pächter sind Familien
Die Kleingärten, so Brück, hätten sich der gesellschaftlichen Entwicklung angepasst. „Spießig ist es hier schon lange nicht mehr und natürlich haben hier im Unterschied zu früher alle Hütten Strom und Wasser.“ Der Freizeitwert sei in den vergangenen Jahren extrem in den Vordergrund gerückt, oft werde gegrillt, auch kleine Planschbecken sind erlaubt.
Das Durchschnittsalter liegt derzeit bei etwa 60 Jahren, 80 Prozent der Pächter sind Familien, 20 Prozent haben einen Migrationshintergrund. „Es ist zwar nicht so, dass es wie in einigen anderen Kommunen lange Wartelisten bei uns gibt, aber wir merken auch, dass wir für jüngere Menschen immer attraktiver werden“, erzählt Brück. Urlaub mit Kindern sei für viele Familien im Ruhrgebiet zu teuer, während eine Fläche in der Kleingartenanlage mit Strom, Wasser und Versicherung rund 40 Euro im Monat, also rund 320 Euro jährlich koste.
Ein Stückchen Urlaub in Oberhausen
Zudem hätten viele Familien aufgrund der Wohnungsknappheit keinen eigenen Balkon, so dass der Kleingarten für sie ein Stück Urlaub bedeute. Das Übernachten in den bis zu 24 Quadratmeter großen Hütten sei ebenfalls kein Problem, solange sie nicht dauerhaft genutzt werden. „Das ist ebensowenig erlaubt, wie das Aufbauen von großen Trampolins oder Pools, da es sich sonst eher um eine Freizeitanlage handelt“, erklärt Binder. Wer sich für eine der durchschnittlich 345 Quadratmeter großen Flächen interessiere, müsse nicht länger als ein halbes Jahr warten.
Größter Kostenpunkt: Das Gartenhäuschen muss selbst gekauft werden. „Die Spanne reicht von 1500 bis 8000 Euro, je nachdem, wieviel Komfort, welche Größe und welches Material gewünscht ist“, so Brück.
Das Leben in der Anlage ist eingespielt: „Zwei Mal im Jahr machen wir gemeinsam den Heckenschnitt und ebenfalls zwei Mal die Gemeinschaftsarbeit“, schildert Brück. Am 1. Mai, im Sommer und im Herbst werden gemeinsam Feste gefeiert, das Vereinsheim kann man auch für private Feiern mieten. „Das Gemeinschaftsgefühl ist da, jeder hilft jedem, wenn mal ein Werkzeug oder etwas zum Grillen fehlt“, so das Vorstandsmitglied. Abends nach Feierabend und am Wochenende ist der Oberhausener stets am Rechenacker anzutreffen. „Man kennt sich, hält mit jedem ein Pläuschchen, das ist einfach schön.“
Kaninchen machen Probleme
Probleme gibt’s eigentlich keine. „Bis auf die Kaninchen“, sagt Brück. „Wenn man abends in die Gärten schaut, sieht man überall welche herumrennen.“ Viele Kleingärtner würden sich kaum noch trauen, etwas anzupflanzen, weil die Kaninchen nachts ohnehin wieder alles abfressen würden. Brück selbst hat deswegen ein Hochbeet angelegt, wo er Gemüse anbaut. „Die Kaninchen sind erst da, seit das Neubaugebiet Rechenacker geschaffen wurden“, sagt Brück. „Da haben sie wahrscheinlich vorher gelebt und sind jetzt hierüber gekommen.“ In den meisten anderen Kleingartenanlagen in Oberhausen seien Kaninchen dagegen gar kein Problem.