Mülheim. Eine Mülheimer Familie musste mit ihrem todkranken Vater aus ihrer Wohnung raus. Sie hatte noch alles versucht, um der Zwangsräumung zu entgehen.

Zwei Gerichtsvollzieher, sechs Polizisten, eine Notärztin und zwei Stunden Verhandlungen. Danach stand fest: Die angekündigte Zwangsräumung einer Mülheimer Familie mit einem Schwerstkranken wird stattfinden.

Das 62 und 67 Jahre alte Ehepaar Köhler (Namen von der Redaktion geändert) und die erwachsene Tochter wurden am Morgen in eine möblierte Notwohnung der Stadt umgesiedelt. Zuvor hatte es heftige Diskussionen gegeben.

Mülheimer versucht verzweifelt, Räumung abzuwenden

„Die wollen uns in eine Kaschemme abschieben“, gab Manuela Köhler zeitweise aufgelöst am Telefon durch, in einem verzweifelten Versuch, die Räumung doch noch abzuwenden.

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Vor dem Haus standen derweil Vertreter des Vermieters, die nach eigener Auskunft seit zwei Jahren schon keine vollständigen Mietzahlungen mehr erhalten. „Dieser Fall ist in jeder Hinsicht außergewöhnlich“, sagt eine Sprecherin.

Seit Jahren schwelt der Konflikt im Mülheimer Mehrfamilienhaus

Zum Hintergrund: Seit Jahren gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen der Mülheimer Familie Köhler und anderen Mietern des Vier-Parteien-Hauses. Von „massivem Mobbing“ spricht ein Freund der Familie, der am Dienstag sichtlich betroffen vor dem Haus ausharrte. Das Leben von Manuela Köhler drehe sich seit langem „um Mann, Pflege und Wohnung“.

Der Vermieter sieht es anders, sieht durch die Räumung den Hausfrieden wieder hergestellt. Es ist schwer, in diesem seit Jahren schwelenden Konflikt herauszufinden, wo er seinen Anfang nahm. Seit acht Jahren wohnte die Familie in dem Haus, seit drei Jahren gab es laut Vermieter Bemühungen, das Mietverhältnis zu beenden.

Notarzt sollte über Transport in ein Mülheimer Krankenhaus entscheiden

Seit eineinhalb Jahren stand die Zwangsräumung im Raum, wurde mehrfach verschoben. Am Dienstag war nun das erreicht, was einer der Anwesenden „das Ende der Fahnenstange“ nannte.

Familie Köhler setzte dennoch alles daran, in der 70-Quadratmeter-Wohnung bleiben zu können, hatte kurz vor knapp noch die Sozialberatung der Linken mit ins Boot geholt und Medien eingeschaltet. Und das aus gutem Grund: Denn Ralf Köhler ist todkrank, leidet unter anderem an Lungenkrebs und ist bettlägerig.

So begann die Zwangsräumung am Dienstag mit dem Eintreffen der Notärztin, die zunächst einmal feststellen musste, ob ein Krankenhausaufenthalt angebracht ist. Ergebnis: Ralf Köhler gehört nicht ins Krankenhaus. Eine Unterbringung in eine Notwohnung sei ihm zuzumuten.

Nach zwei Stunden wurde die erste Umzugskiste verladen

Manuela Köhler hatte bis zuletzt all ihre Hoffnungen auf das Gutachten gesetzt und reagierte entsetzt. „Das ist unmöglich!“, ruft sie ins Telefon. Zwischenzeitlich wurde BV3-Mitglied Reinhold Leuschner als Vermittler in die Wohnung gebeten. Um 9.56 Uhr, knapp zwei Stunden nach Beginn, wurde die erste Umzugskiste in den bereitstehenden Wagen geladen.

Der Freund der Köhlers, der unter anderem einmal pro Woche mit Manuela Köhler einkaufen fährt und die schweren Einkäufe in den ersten Stock trug, versicherte, dass sich die Familie um eine neue Bleibe bemüht habe. „Aber eine bezahlbare, behindertengerechte Wohnung ist kaum zu finden. Wir sind bis ins Sauerland gefahren.“

Sozialarbeiter: Hilfsangebote seien nicht angenommen worden

Anders klingt es bei Jörg Hartwich von der Zentralstelle Wohnungsbeschaffung des Mülheimer Sozialamtes. „Es gab seit Monaten Versuche, Kontakt zur Familie herzustellen. Bisher wurde kein Hilfsangebot angenommen.“ Jörg Hartwich konnte die Familie am Dienstag in eine von vier Notwohnungen der Stadt Mülheim bringen.

Die Wohnung ist möbliert, 48 Quadratmeter groß und dient lediglich dem Übergang. „Wir bieten Hilfe zur Vermittlung an, sind aber von der Kooperation der Hilfesuchenden abhängig“, versichert der Sozialarbeiter. Am Mittag kam eine Nachricht von Manuela Köhler aus der Wohnung. Sie sei für einen Schwerkranken nicht zumutbar, berichtet die 62-Jährige.

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