Mülheim. Die Künstlerin RonA Nekes erwarb das frühere Mülheimer Naturfreundehaus. Es soll ein Begegnungsort werden. Jeder darf zuvor Ideen einbringen.

Ein hübscher alter Sekretär steht in der Diele des Ruhrtalhauses, der früheren Herberge der Naturfreunde am Böllroth in Raadt. Darüber entdeckt man ein historisches Schild mit der Aufschrift „Büro/Anmeldung“. Das sieht schön aus, erinnert an gute alte Zeiten, aber richtig gebraucht wird eine Rezeption noch nicht. Denn noch steckt das Projekt CCINO.Centrum für Freiraum in den Kinderschuhen. Eigentümerin RonA Nekes möchte hier einen Begegnungsort schaffen, den Menschen unterschiedlichster Art nutzen und an dem sie sich austauschen können. Erste Schritte sind getan, das alte Haus im Wald (von 1929) mausert sich langsam.

„Das Dach ist geflickt“, berichtet RonA Nekes, die das seit 2021 ungenutzte Gebäude samt Nebenhaus und Außenanlagen Ende 2023 vom Landesverband der Naturfreunde erwarb. Dieser wollte es nicht an einen Investor veräußern, um einen Abriss zu vermeiden. Es sollte auch nach dem Verkauf als Ort der Begegnung erhalten bleiben. „Das Haus stand nur eine Stunde im Netz und wurde dann wieder rausgenommen, weil es schon so viele Interessenten gab“, berichtet die Eigentümerin. „Ich war schockverliebt und habe gleich ein Konzept geschrieben und eingereicht. Ich hatte Glück und bekam den Zuschlag.“

Der kleinere von zwei Speisesälen im ehemaligen Mülheimer Naturfreundehaus. An der Wand eine Kunst-am-Bau-Arbeit eines Essener Künstlers vermutlich aus den 70er Jahren. Auch die alten Stühle und Tische haben Retro-Flair.
Der kleinere von zwei Speisesälen im ehemaligen Mülheimer Naturfreundehaus. An der Wand eine Kunst-am-Bau-Arbeit eines Essener Künstlers vermutlich aus den 70er Jahren. Auch die alten Stühle und Tische haben Retro-Flair. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Mülheimer Künstlerin musste erstmal zwei Monate lang entmüllen

Einen Lebenstraum verwirklicht sich die Künstlerin und Kunstpädagogin, die auch dem Kunsthaus e.V. angehört und dort Unterstützung findet. Gerade eben ist sie mit Familie ins Nebenhaus eingezogen, hat dort ihr Atelier eingerichtet, in dem auch Kunstkurse stattfinden sollen. Drüben im jetzt rot gestrichenen Haupthaus habe sie „erstmal zwei Monate lang entmüllt“. „Überall stand olles Zeug herum. Der ehemalige Kiosk war vollgestopft mit Altpapier.“ Das ist nun weg, hat wieder einer ordentlichen Küche Platz gemacht.

Für die kommende Sommersaison gibt es auch schonen einen Nutzungsplan: Ein Bistro mit (vorwiegend) Sitzplätzen im Freien soll dann die Spaziergänger (und andere Leute) anlocken. Es wird Cappu@ccino heißen. Bis dahin soll es dann auch barrierefreie, neue Toiletten im Untergeschoss geben.

Das wichtigste Utensil derzeit: ein Briefkasten für Ideen und Wünsche. Dort können Menschen Zettel einwerfen, auf denen sie Einfälle für das neue Centrum notiert haben – oder auch anbieten, bei bestimmten Arbeiten mitzuhelfen. Viel Unterstützung hat RonA Nekes schon erfahren bei Reparaturen oder auch der „Wiedergewinnung“ des Grundstücks, das ziemlich zugewuchert war. So hat die Nähgruppe aus dem benachbarten Seniorenzentrum die zerrissenen Sonnenschirme geflickt, haben Schüler der Willy-Brandt-Schule die große Terrasse gesäubert. Auch die Flüchtlinge aus der ZUE, ein Gartenbaubetrieb, ein Baumarkt und Künstlerkollegen haben bei Renovierungsarbeiten mitgeholfen. Das CBE und das KoKoBe sowie Kunstschaffende waren bei ersten Veranstaltungen mit im Boot – etwa bei einer Aktion zum Ehrenamtstag, einem Flohmarkt mit Live-Musik oder den Tagen des offenen Ateliers.

RonA Nekes öffnete zum Tag des offenen Ateliers in Mülheim ihre Türen und zeigte Werke verschiedener Mülheimer Künstler in ihrem CCINO.Centrum für Freiraum. Auch eigene Arbeiten (re.), die „Lichtgestalten“ stellte sie aus.
RonA Nekes öffnete zum Tag des offenen Ateliers in Mülheim ihre Türen und zeigte Werke verschiedener Mülheimer Künstler in ihrem CCINO.Centrum für Freiraum. Auch eigene Arbeiten (re.), die „Lichtgestalten“ stellte sie aus. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Spaziergänger aus Mülheim blieben stehen und bieten sogar ihre Hilfe an

„Die Passanten bleiben stehen und gucken und fragen und bieten ihre Hilfe an“, erzählt RonA Nekes. „Andere Leute kommen gezielt her. Einmal sogar ein Holländer, der hier wohl während seiner Ausbildung mal gewohnt hat.“ Außerdem gibt es eine Nachbarschafts-Whatsapp-Gruppe. „Da schreibe ich rein, wenn ich mit den Arbeiten alleine nicht weiterkomme – und meist kommt dann jemand und hilft.“ Bei einem Projekt wie diesem gebe es viele offene Fragen, da könne „Schwarmwissen“ viel nutzen. Nicht nur, wenn es um den anstehenden barrierefreien Ausbau oder die energetische Sanierung gehe. Im nächsten Jahr möchte RonA Nekes daher auch Ideenlabore ausrichten mit heterogenen Gruppen. Darüber hinaus gilt es, öffentliche und private Gelder aufzutun.

Die Fantasie geht mit jedem durch, der durch das in die Jahre gekommene Haus mit seinem Retro-Charme streift. Es könnte gut als Filmkulisse dienen. „Für einen Tatort oder einen Hanni-und-Nanni-Film“, sagt die Eigentümerin lachend. Viele Dinge im Haus erinnern an alte Seminar-Zeiten oder Familien-Freizeiten: die große grüne Tafel, die herunterziehbare Leinwand für Diavorträge, die Kunst am Bau im großen Speisesaal. Die Schlafsäle scheint die Eigentümerin noch gar nicht angetastet zu haben, es bleibt viel zu tun.

Das ehemalige Fernsehzimmer der Mülheimer Herberge. An den braunen Holzwänden hängen jetzt Bilder von Mülheimer Künstlern.
Das ehemalige Fernsehzimmer der Mülheimer Herberge. An den braunen Holzwänden hängen jetzt Bilder von Mülheimer Künstlern. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Verrückte Ideen für neue Location in Mülheim: Vinyl-Gottesdienste oder Schlittschuhbahn

RonA Nekes hat mit Freunden und Fremden schon reichlich nachgedacht über die Zukunft des CCINO.Centrums für Freiraum: Als Künstlerresidenz für begrenzte Zeiträume könnte es dienen, als offenes grünes Klassenzimmer, als Ort für Seminare und Workshops jeder Art (vor allem auch Kunst), als Konzert- oder Partylocation, als Übungsstätte für einen neuen Chor, als Skulpturenpark. Es sind aber auch noch verrücktere Ideen laut geworden: Wie wäre es mit Silent-Disko, Winterschlittschuhbahn, Vinyl-Gottesdienst?

„Ein Traum wäre es, hier auch einen Hotel-Lehrbetrieb für Menschen mit Behinderung einzurichten“, sagt die Kunstpädagogin. Eins ist für sie klar: „Die Menschen haben heutzutage keine Treffpunkte mehr. Städte und Verbände erarbeiten schon Programme gegen Einsamkeit. Die Leute sehnen sich nach Orten der Begegnung – und dies hier soll einer werden.“ Wer dabei mithelfen möchte, weiß ja, wo der Briefkasten (siehe oben) hängt. Kontakt: rona.nekes@ccino.info

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