Mülheim. Ein einst angesehener Mülheimer Geschäftsmann sitzt in U-Haft. Er muss sich mehreren Strafverfahren stellen. Kunden warteten vergeblich auf Geld.
Fahrzeuge der teuersten Hersteller hatte ein Autovermieter an der Eltener Straße in Mülheim-Broich auf seinem Hof stehen. Hier wurde jeder bedient, der motorgewaltige Boliden für eine Spritztour suchte. Seine Mietwagen der Oberklasse von Mercedes, ein Lamborghini, ein Audi RS Q3 mit 400 PS und andere schwere Fahrzeuge waren gefragt: „Top Service! Gute Preise!“ jubelten Mieter in Google-Rezensionen, die man heute noch im Internet nachlesen kann. Doch Anfang 2022 gab es offenbar einen Knick im Lebensweg des Esseners (36). Wegen sieben Straftaten hatte er sich nun vorm Amtsgericht Mülheim zu verantworten.
Die Anklage lautete auf mehrere Fälle von Betrug, auf Urkundenfälschung und Fahren unter Einfluss berauschender Mittel: alles Taten aus dem Jahre 2022. Der ehemalige Geschäftsmann wurde von Justizbeamten in den Gerichtssaal geführt, war zuvor als Untersuchungshäftling aus der JVA Essen nach Mülheim gebracht worden. Bei den Betrugsfällen ging es laut Anklage um Kautionen und eine Anzahlung für eine Anmietung, die nicht zustande gekommen war. Die Mieter hatten Anzeige erstattetet, nachdem sie ihren Geldern monatelang vergeblich hinterhergelaufen sein sollen.
Kokainkonsum und Glücksspielsucht sollen Grund für Taten des Angeklagten gewesen sein
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Der Angeklagte beteuerte, niemals vorgehabt zu haben, irgendjemandem Geld vorzuenthalten. Er sei allerdings in finanzielle Schwierigkeiten geraten, auch wegen eines Kokainkonsums von fünf Gramm pro Tag plus Beikonsum von Cannabis sowie einer Glücksspielsucht. Er habe seinen Kunden immer mehr erfundene Geschichten erzählt, um die Zahlungen hinauszuzögern. Mal hatte er gerade Corona, mal gab es andere Hindernisse. „Ich habe jede Ausrede gebraucht, die ich finden konnte.“ Dass es nicht wenige waren, die sein verändertes Geschäftsgebaren auf die Palme brachte, zeigen Firmenbewertungen aus 2022, die von „Top“ umschwenkten auf „Sehr, sehr unseriöses Unternehmen“ oder „Achtung! Bitte keine Autos hier mieten. Das sind Betrüger!“
Vor Gericht ging es auch um ein Impfzeugnis, das bei ihm gefunden worden und das gefälscht gewesen sein soll („Ich habe beide Corona-Impfungen erhalten, warum die Chargennummern für Impfstoffe nicht existent sind, weiß ich nicht“) sowie um den Vorwurf, unter Einfluss berauschender Mittel den Tourainer Ring und die Weseler Straße befahren zu haben. Der Angeklagte bestritt, dass er der Fahrer gewesen ist, der am fraglichen Abend kontrolliert werden sollte. Das Auto sei von einem Kunden gefahren worden. Die Unterlagen dazu besitze er seit Auflösung seiner Firma aber nicht mehr, sodass er nicht sagen könne, wer tatsächlich am Lenkrad des auf ihn zugelassenen Mietwagens gesessen habe.
Zuschauer im Gerichtssaal konnte Szene eindrucksvoll auf einem Dashcam-Film nachvollziehen
Eine Polizeistreife hatte an der Ampel an der Ecke Dickswall/Tourainer Ring direkt neben dem Wagen des Angeklagten gehalten. Dem Beifahrer des Streifenwagens soll der glasige Blick des Fahrers aufgefallen sein, der auf Rauschmittelkonsum nahelegte. Gestoppt werden konnte die PS-starke Mercedes-Limousine aber erst an der Konrad-Adenauer-Brücke. Als der Beifahrer aus dem Streifenwagen stieg und den Mercedes soeben erreicht hatte, gab dessen Fahrer Vollgas und raste in Richtung Weseler Straße davon. Zuschauer im Gerichtssaal konnte die Szene eindrucksvoll auf einem Dashcam-Film nachvollziehen, der auf einem Monitor abgespielt wurde. „Sie können sich vorstellen, welche Verfolgungschancen wir mit unserem vollgepackten Mercedes Vito gegen das 400-PS-Auto des Flüchtigen hatten“, so ein Polizist (32) zu Richterin Kathrin Strohschein. Man habe den Blickkontakt verloren.
Dank des Hinweises einer Passantin aber der Wagen wenige Minuten später – ohne Fahrer – im Bereich der Autovermietung des Angeklagten wiedergefunden und der 36-Jährige in einer nahegelegenen Wohnung angetroffen. Seiner Beteuerung „Ich bin nicht gefahren“ hielt der Polizist entgegen, ihn seinerzeit eindeutig als Fahrer wiedererkannt zu haben.
„Das Verfahren hier ist das kleinste Problem, das mein Mandant derzeit hat“
Den Gesprächen zwischen Richterin, Verteidiger Clemens Louis und dem Angeklagten war zu entnehmen, dass gegen diesen noch mehrere große Strafverfahren in anderen Städten laufen und der Anwalt hohe Haftstrafen erwartet. Entsprechend versuchte dieser, der Richterin eine Verurteilung in den in Mülheim verhandelten Straftaten auszureden: „Das Verfahren hier ist das kleinste Problem, das mein Mandant derzeit hat.“ Eine endgültige Entscheidung über das Verfahren wurde zunächst vertagt.
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