Mülheim. Nach drei Jahrzehnten verliert Mülheimer Stadtteil seinen beliebten Polizisten. Fünter Weg war über 60 Jahre Standort für Bezirksdienstbeamte.

Nicht jeder ist unbedingt traurig, wenn die Polizei aus seinem Blickfeld verschwindet. Für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Heißen, Heimaterde, Winkhausen, Menden, Raadt und Holthausen dürfte das allerdings anders sein. Mancher von ihnen wird nicht gerade froh darüber sein, dass ihre Polizei einen lokalen Stützpunkt verlässt.

Gemeint ist die Wache Heißen am Fünter Weg 41, nur wenige Meter vom Marktplatz und der Heißener Kirche entfernt. Am 31. Oktober sollte das letzte Mal ein Bezirksdienstbeamter die Wache verlassen. So ist die Zeit einer eigenen Heißener Wache endgültig vorbei. Schon am Montag dieser Woche wies ein Schild am Eingang der verrammelten Wache aber auf ein vorzeitiges Ende hin: „Wache zu, (dauerhaft)“, stand darauf geschrieben. Die Jalousien der Wache: tief heruntergezogen.

Nach fast 30 Jahren: Heißener „Dorfsheriff“ geht in den Ruhestand

Mit der Schließung der Wache endet übrigens auch das Dienstleben eines Urgesteins des Mülheimer Bezirksdiensts. Der kernige, bei seinen Kollegen und zweifellos auch bei den Bürgern beliebte Polizeihauptkommissar Peer Gervers, der 1996 als „Dorfsheriff“ nach Heißen gekommen ist, geht in den Ruhestand.

Peer Gervers (l.) mit seinem Kollegen Ralf Rahm im Jahr 2007.
Peer Gervers (l.) mit seinem Kollegen Ralf Rahm im Jahr 2007. © Andreas Köhring | Andreas Köhring

Begonnen hatte alles im Jahr 1963. Am 1. November des Jahres zogen die Bezirksdienstbeamten, damals immerhin noch acht Mann, vom ehemaligen Rathaus am Heißener Markt, wo man seit 1879 seinen Stützpunkt gehabt hatte, in die nicht annähernd so repräsentative, dafür umso modernere Wache am Fünter Weg um. Neuer Vermieter der Heißener Polizei war Metzgermeister Nieß, der um die Ecke herum, direkt am Markt, seine stadtbekannte Metzgerei führte. Feierlich wurde die Wache durch den damaligen Behördenleiter, Polizeidirektor Walter Pfalzgraf, und den Leiter der Schutzpolizei, Polizeioberrat Hans Seeling, an die neuen „Bewohner“ übergeben.

1. November 1963: Übergabe der Wache an die Heißener Bezirksdienstbeamten durch Polizeidirektor Walter Pfalzgraf (ganz rechts). Links Schutzpolizeileiter Polizeioberrat Hans Seeling, daneben Polizeiobermeister Willi Stollmann und Polizeimeister Hans Grüner.
1. November 1963: Übergabe der Wache an die Heißener Bezirksdienstbeamten durch Polizeidirektor Walter Pfalzgraf (ganz rechts). Links Schutzpolizeileiter Polizeioberrat Hans Seeling, daneben Polizeiobermeister Willi Stollmann und Polizeimeister Hans Grüner.
Die Schutzleute der Polizeiwache in Mülheim-Heißen 1914 vor ihrem Wachlokal im Rathaus am Heißener Markt.
Die Schutzleute der Polizeiwache in Mülheim-Heißen 1914 vor ihrem Wachlokal im Rathaus am Heißener Markt. © Archiv Kawelovski

1963 eine ganz moderne neue Wache für Mülheim: mit schnurrenden Wählscheiben der Bakelit-Telefone

Aus heutiger Sicht altertümliche Schreibmaschinen und schwarze schwere Bakelit-Telefone mit schnurrenden Wählscheiben waren die Ausstattung der drei großen Büroräume. Für Besucher gab es zusätzlich noch ein Wartezimmer in der Wache.

Der Fünter Weg war fortan Startpunkt für die Bezirksdienstbeamten, deren Hauptaufgabe damals wie heute die Kontaktaufnahme mit Bürgern ist. Bei lockeren Gesprächen über den Gartenzaun hinweg wurden dabei nicht selten für die Polizei relevante Informationen gesammelt, erfuhren die Beamten, wo sie eine möglicherweise gesuchte Person finden können oder wo es eventuell im Revier ein Problem gab, das durch die Polizei oder andere Behörden zu beheben war.

Seniorin aus Mülheim-Heißen: „Es war ein gutes Gefühl, die Polizei so nahe bei uns zu wissen“

Heruntergelassene Rolläden zeugen vom Aus für die Polizeiwache in Mülheim-Heißen.
Heruntergelassene Rolläden zeugen vom Aus für die Polizeiwache in Mülheim-Heißen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Aber auch die Vollstreckung von Haftbefehlen bei kleineren Delikten, die Schulwegsicherung, insbesondere zum Schulstart nach den Sommerferien, Jugendschutzkontrollen, Streifengänge auf größeren öffentlichen Veranstaltungen und auch die Überwachung von Unfallbrennpunkten und Kriminalitätsschwerpunkten gehörten zum Repertoire der Beamten, wie es ein Erlass des Innenministeriums verlangt.

Der Bestand von ursprünglich acht Bezirksdienstbeamten in dieser Wache hatte sich im Laufe der Jahre auf drei verringert. Zum Schluss haben hier neben Peer Gervers noch die Polizeihauptkommissare Karsten Meyer und Daniela Greef Dienst verrichtet. Meyer sieht in der Rückschau im Verhältnis Bürger und Polizei ein „spürbar freundliches und förderliches“ Verhältnis. Hört man sich in Heißen um, bedauern die Bürger die Schließung. „Ich war zwar nur einmal zur Anzeigenerstattung in der Wache, aber es war ein gutes Gefühl, die Polizei so nahe bei uns zu wissen“, so eine 74-jährige Anwohnerin dieser Tage.

Nach 61 Jahren schließt die Polizeiwache in Mülheim-Heißen für immer

61 Jahre hatten die Heißener hier ihre eigene Wache. Das ist nun vorbei. Eine neue Wache ist in diesem Teil Mülheims nicht mehr vorgesehen. Die Betreuung durch die Bezirksdienstbeamten endet damit allerdings nicht. Die „Dorfsheriffs“ – mittlerweile gleichermaßen Männer wie Frauen - gehen auch weiterhin ihre Bezirke ab. Jetzt aber von der weiter entfernten Liegenschaft an der Von-Bock-Straße aus, dem ehemaligen Polizeipräsidium.

In informierten Kreisen wird übrigens schon die nächste Wachen-Schließung gehandelt. Dem Vernehmen nach sollen sich im Laufe des nächsten Jahres auch die Pforten der Wache Dümpten an der Mellinghofer Straße 242 für immer schließen.

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