Mülheim. Ruhrbahn muss eine lang erwartete Mobilstation verschieben. Schwindet die Akzeptanz für Auto-Alternativen? Warum Mülheims Verkehrswende lahmt.
Mobilstationen sollen den Umstieg vom Auto auf Bus, Fahrrad oder Carsharing einfacher machen und einen wichtigen Baustein der Mülheimer Verkehrswende bilden. Denn wer sein Auto stehen lässt, Rad, Bus fährt oder ein Auto leiht, kann Ressourcen und Schadstoffe sparen. Doch der Ausbau der Mobilstationen geht seit 2018 nur zäh voran. Nach vielen Ankündigungen hat die damit beauftragte Ruhrbahn von geplanten sieben gerade einmal eine an der Düsseldorfer Straße (Alte Straße) in Saarn umgesetzt. Und das ist auch schon wieder ein Jahr her.
Seitdem herrscht zumindest in der Politik Rätselraten, wie und besser noch wann, die Standorte umgesetzt werden. Und einiger Unmut, denn mit offenbar unerwartet hinausgeschobenen Vorhaben lässt sich eine Verkehrswende und die damit angestrebte Klimaneutralität für Mülheim bis 2035 immer schwieriger umsetzen.
Diese sechs Stationen gilt es in Mülheim noch umzusetzen
Auf der Liste der geplanten Mobilstationen stehen weiterhin Von-Bock-Straße, Ev. Krankenhaus, Heißen Kirche, Oppspring, Sültenfuß. Und die Broicher Mitte. Sie ist als nächste Station in der Umsetzung vorgesehen und war zuletzt für Oktober 2024 angekündigt.
Bewilligt hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) die Förderung der Broicher Mitte längst mit rund 115.000 Euro. Doch in diesem Jahr ist allenfalls mit einem Beginn der Baumaßnahmen zu rechnen, die Fertigstellung sogar erst im Frühjahr 2025 realistisch, wie die Ruhrbahn gegenüber der Redaktion bestätigt.
Ruhrbahn begründet Verschiebung mit „Umstellungen im Mülheimer ÖPNV-Netz“
Warum die erneute Verschiebung? Größere Probleme lägen nicht vor, antwortet die Ruhrbahn, doch: „Durch priorisierte Umstellungen im Mülheimer ÖPNV-Netz sind verschiedenste Arbeiten an Haltestellen vorgezogen worden. Dies führte zu Verzögerungen bei der Umsetzung der Mobilstation Broicher Mitte.“
Auch die Von-Bock-Straße wird nach Angaben des Verkehrsunternehmens erst im Frühjahr umgesetzt, derzeit sollen die Ausschreibungen für die Tiefbauarbeiten laufen.
Wo es noch richtig lange dauern kann
Länger noch werden sich aber die Umsetzungen am Evangelischen Krankenhaus und Heißen Kirche hinziehen. Obwohl die Stadt bereits im vergangenen Frühling erste Gestaltungspläne vom möglichen Umbau an der Wertgasse vorstellte, ist man in beiden Fällen noch in der Ausarbeitung von baurechtlichen und vertraglichen Belangen. „Ein genauer Zeithorizont kann hier noch nicht genannt werden“, bestätigt eine Sprecherin der Ruhrbahn.
Und wann Mülheimer in den Genuss der drei weiteren Standorte am Sültenfuß, Oppspring und Heißen Kirche kommen werden? Vor einer Woche erst hat der VRR die grundsätzliche Förderfähigkeit dieser Stationen bestätigt. Bis der VRR allerdings eine Förderung und deren Zuwendungshöhe beschlossen hat, muss die Ruhrbahn erst einmal eine Planung erstellen, Baurecht herstellen und einen Finanzierungsantrag einreichen.
Oder kurz gesagt: Das kann dauern. Frühestens ab 2026 könnten die drei Mobilstationen Wirklichkeit werden, will Axel Hercher erfahren haben. Über die erneute Verschiebung der Broicher Mitte ist der verkehrspolitische Sprecher der Grünen wenig begeistert. „Die war meiner Erinnerung nach schon für 2022 angekündigt, aber wegen Materialproblemen verschoben“, so Hercher.
Grüner Sprecher: Gründe erscheinen „wenig plausibel“
Jetzt aber sollen die Arbeiten an ÖPNV-Haltestellen, WC-Anlagen und „diverse Anpassungen“ die Umsetzung verzögert haben. Hercher erscheint die Aussage „vorsichtig gesprochen, wenig plausibel“. Denn Haltestellen würden zwar von der Ruhrbahn betreut und aufgestellt, die Mobilstationen allerdings durch Ausschreibung an externe Unternehmen vergeben.
Wie das eine mit dem anderen zusammenhänge, will Hercher sich daher noch von der Ruhrbahn erläutern lassen. Für den SPD-Verkehrsexperten Daniel Mühlenfeld sei es möglicherweise nachvollziehbar, dass sich Termine verschieben, wenn das Unternehmen mehr Aufgaben ins Heft geschrieben bekomme. Denn die Verkehrsbetriebe generell seien vielerorts bereits personell „auf Kante genäht“ und kämen so bald an die Grenze ihrer Handlungsfähigkeit.
Sorge um Verkehrswende: Ohne Alternative schwindet Akzeptanz
Was in diesem Fall jedoch fehle, sei die Transparenz, damit Politik über die Prioritäten entscheiden könne. „Denn jeder Monat, um den sich die Mobilitätsstationen verzögern, stellt die Akzeptanz und das Vertrauen in die Verkehrswende infrage“, befürchtet Mühlenfeld. Die Verzögerungen seien daher „bedauerlich vor dem Hintergrund der sukzessiven Verschlechterung der Angebotsleistungen im ÖPNV“.
Wenig überraschend, ist auch Grüne-Experte Axel Hercher besorgt über die Auswirkungen auf die Verkehrswende und die damit verbundenen Klimaziele: „Es geht ja darum, die Menschen davon zu überzeugen, statt ihres Autos den ÖPNV und das Fahrrad zu nutzen.“ Je länger sich alternative Angebote wie die Mobilstationen aber hinausschöben, desto eher würden sich Menschen die Frage stellen, ob sie nicht doch ein Auto brauchen. Hercher: „Im schlimmsten Fall würden dann die Zulassungen von fossilen Verbrenner weiter steigen und das Klima für Jahrzehnte weiter belasten.“
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