Mülheim. 21 neue Polizisten starten in Mülheim: Etwa die Hälfte von ihnen hat zuvor in anderen Berufen gewirkt. Wir haben mit zwei von ihnen gesprochen.
Anfang September haben 21 neue Polizistinnen und Polizisten in der Polizeiinspektion Mülheim ihren Dienst angetreten. Wie die Pressestelle der Polizei mitteilt, handelt es sich um 14 Männer und sieben Frauen. Während 16 von ihnen direkt von der Ausbildung an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW gekommen sind, sind fünf weitere bereits „alte Hasen“, die schon in anderen Polizeibehörden Dienst gemacht haben. Auch der eine oder andere Mülheimer ist dabei.
Während einige der Neuen im Streifendienst an der Von-Bock-Straße eingesetzt werden, ist eine ganze Reihe weiterer Neu-Mülheimer im Bezirks- und Schwerpunktdienst an der Ulmenallee untergekommen. Ein Teil der jungen Leute ist direkt mit dem Abitur zur Polizei gegangen. Andere blicken allerdings auch schon auf ein Vorleben in anderen Berufen zurück.
Mülheimer Polizistin erlebte im Bürojob einen „Corona-Knick“
Eine davon ist Lea W. Die 28-Jährige hat nach dem Abitur eine Lehre zur Speditionskauffrau angefangen. Nachdem sie bei einer großen Firma im Duisburger Hafen angefangen hatte, habe sie aber schnell feststellen müssen, dass sie dort keinerlei Aufstiegschancen hatte. Da sie beruflich nicht auf der Stelle treten wollte, sei sie in den Logistikbereich der Deutschen Bahn gewechselt. Bei der DB Cargo war sie für die Erstellung der Fahrpläne, für Gefahrguttransporte und vieles mehr zuständig.
Die Arbeit, erinnert sie sich zurück, machte ihr zunächst Spaß, wurde aber immer mehr zur Routine, in der es keine Herausforderungen mehr gab. Eine Tätigkeit, bei der sie zunächst viele Außeneinsätze gehabt habe, sei schließlich immer mehr zum reinen Bürojob verkommen. Der große Knick, der sie schließlich zu einem Berufswechsel veranlasste, kam mit der Corona-Pandemie.
„Nach dem Abitur war ich für diesen Beruf noch nicht reif, aber jetzt wusste ich, es ist richtig“
„Nach dem Abitur war ich für diesen Beruf noch nicht reif“
Ihre gesamte Arbeit wurde ins Homeoffice verlagert. Da sie beruflich gerne mit Menschen zusammenkommen und auch etwas mehr erleben wollte, sei sie ihrem Jugendwunsch gefolgt, sich bei der Polizei zu bewerben. Lea W.: „Nach dem Abitur war ich für diesen Beruf noch nicht reif, aber jetzt wusste ich, es ist richtig.“ In ihrem Kurs, in dem sie in einem dreijährigen Studium auf den Bachelorabschluss hinarbeitete, waren – so die junge Frau – unter anderem auch eine Friseurin und ein Tischler, die während Corona ihren Job verloren hatten.
Vorerfahrungen aus anderen Berufen sind bei jungen Polizeibeamten übrigens keine Seltenheit. Wie in einem Forschungsprojekt der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung am damaligen Standort Mülheim-Styrum 2019 festgestellt wurde, hatten 51 Prozent aller jungen Polizeibeamten vor der Polizei bereits eine Berufsausbildung oder ein Studium mindestens angefangen, in sehr vielen Fällen sogar abgeschlossen. Unter den Polizistinnen und Polizisten, die in NRW Streife fahren, waren der Studie zufolge viele Handwerker, Kaufleute, Menschen aus medizinischen Berufen, aber auch Juristen, Architekten, Lehrer, Sozialwissenschaftler, Ingenieure, IT-Fachleute und andere akademische Fachrichtungen.
Mülheimer Polizist startete zunächst als Fotograf
Aus einer ganz anderen beruflichen Ecke als Lea W. kommt ihr Kollege, Polizeikommissar Lauritz A. Der 31-Jährige hatte ursprünglich Rettungssanitäter werden wollen, landete dann aber letztlich in einer Lehre als Fotograf. Die Ausbildung sei nicht gut bezahlt worden. Nicht zu vergleichen mit den knapp 1.400 Euro netto, die er nun im Studium an Gehalt erhalten habe. Nach der Ausbildung machte er sich selbstständig, fotografierte auf Hochzeiten, nahm Aufträge von Firmen an und verdingte sich in der Stockfotografie.
Die Selbstständigkeit war allerdings nicht einträglich genug, um halbwegs gut davon zu leben. Daher habe er sich bei einem Fotografen einstellen lassen. Hier habe er dann fast ausschließlich Fotos von Schuhen für einen großen Schuhhersteller machen müssen. „Das war Arbeit, die hätte auch ein dressierter Affe erledigen können“, blickt der junge Kommissar leicht amüsiert auf seinen damaligen Arbeitsinhalt zurück.
„Das war Arbeit, die hätte auch ein dressierter Affe erledigen können“
Der Inhaber habe ihm daraufhin eine Fortbildung als Eventfotograf und eine Ausbildung als Eventmanager möglich gemacht. Auch hier habe Corona alles auf den Kopf gestellt. „Meine Abschlussprüfung musste ich schon mit FFP2-Maske machen“, so Lauritz W. Der Betrieb sei durch Corona in die Knie gegangen. Er selbst habe auch nur noch 60 Prozent seines bisherigen Einkommens bezogen, was für ihn und seine Partnerin hinten und vorne nicht reichte. Schließlich habe sein Chef ihn wegen der Corona-Krise entlassen müssen. Bei der Suche nach einem neuen, krisensicheren Beruf seien bei ihm die Bundeswehr und die Polizei in die engere Wahl gekommen. Er ist sich genauso wie Lea W. nach Abschluss seines Polizeistudiums sicher: „Polizei ist der richtige Beruf.“
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