Mülheim. Der Fakt, dass Mülheims Junior-Uni Ruhr finanzielle Nöte hat, ist nicht neu. Nun aber steht die Institution als Ganzes auf dem Spiel.

An zu geringen Anmeldezahlen liegt es sicher nicht, und doch: Trotz aller Beliebtheit muss Mülheims Junior-Uni Ruhr (Juni) einen Insolvenzantrag stellen. Das gab Dagmar Mühlenfeld, Vorsitzende der Geschäftsführung, am Freitag bekannt. Grund für den bedauerlichen Schritt sei „eine kurzfristig und unvorhersehbar aufgetretene Finanzierungslücke“.

Die Förderung der vor fünf Jahren von ihr gegründeten Bildungseinrichtung sei „kurzfristig deutlich reduziert“ worden, schrieb die Ex-Oberbürgermeisterin in einer Nachricht auf der Juni-Homepage und in sozialen Netzwerken. Zudem sei „eine weitere zugesagte Förderung auf einen späteren Zeitpunkt im kommenden Jahr“ verschoben worden. „Die dadurch in der Finanzplanung des laufenden Jahres gerissene Lücke konnte trotz intensiver Bemühungen nicht geschlossen werden.“ Es gebe keinen Handlungsspielraum, der Insolvenzantrag sei für die rein privat finanzierte, gemeinnützige GmbH die einzig mögliche Folge.

Leitung der Mülheimer Juni stand zunächst nicht für weitere Auskünfte zur Verfügung

Die Suche nach Sponsoren beschäftigt Mühlenfeld und ihr Team seit Jahren immer wieder, und geht wohl auch jetzt intensiv weiter. Wer genau zu welchem Zeitpunkt nun von welchen Förderungen abgesprungen ist, blieb am Freitag zunächst unklar, da sowohl Mühlenfeld als auch Geschäftsleiterin Anke Hötzel für Nachfragen nicht zur Verfügung standen. Frank Esser, Mitglied im kaufmännischen Beirat, resümierte immerhin: „Nachdem ich die aktuellen Zahlen zu Beginn der Woche gesehen habe, war dieser Entschluss der Geschäftsführung zu erwarten.“ Zu weiteren Auskünften war Esser zum aktuellen Zeitpunkt ebenfalls nicht bereit.

Im Internet erklärte Mühlenfeld am Freitag weiter: „Unsere Bemühungen sind aktuell darauf gerichtet, die wirtschaftliche Situation mit Unterstützung durch externen Sachverstand zu prüfen.“ Man wolle mit dem Insolvenzverwalter, „den das Gericht vermutlich bestellen wird“, Handlungsoptionen entwickeln. Alle Bemühungen seien „getragen von der Hoffnung, doch noch eine Zukunftsperspektive für die Junior-Uni Ruhr entwickeln zu können“. Ob dies gelinge, lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen. Man müsse abwarten und werde sich „melden, sobald es Neuigkeiten gibt“.

Noch vor wenigen Tagen war das Anmeldeverfahren zum dritten Quartal normal angelaufen

Dagmar Mühlenfeld (l.) und Anke Hötzel stehen an der Spitze der Junior-Uni Ruhr.
Dagmar Mühlenfeld (l.) und Anke Hötzel stehen an der Spitze der Junior-Uni Ruhr. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Noch am vergangenen Wochenende war öffentlich keine Rede von der verschärften finanziellen Situation gewesen, im Gegenteil: Ab Sonntag konnten Eltern ihre Kinder wie gewohnt anmelden - zu den Kursen des dritten Quartals. Mitte der Woche hieß es dann allerdings auf der Homepage, dass man die Kursplatzbestätigungen noch nicht verschicken könne. Das normale Anmeldeverfahren also wurde gestoppt. Das Angebot der Juni richtet sich generell an Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 17 Jahren - noch vor wenigen Wochen hatte Geschäftsleiterin Anke Hötzel berichtet, wie beliebt manche Kurse sind und dass oft Tausende Interessenten leer ausgehen. Der absolute Renner im zweiten Quartal war „Gravitation und Magnetismus“ – auf zehn Kursplätze kamen 134 Anmeldungen.

Ob diese Erfolgsgeschichte in 2024 eine Fortsetzung erlebt, Mülheims Kinder auch weiterhin viel Spannendes an der Gewerbeallee lernen dürfen, steht derzeit offenbar in den Sternen: „Man kann aktuell noch nicht sagen, ob wir das geplante Kursangebot ganz oder zumindest in Teilen werden durchführen können“, so Mühlenfeld. Auch darüber werde man „informieren, sobald es eine spruchreife Entscheidung gibt“.

Oberbürgermeister: „Wir hätten dann ein tolles, freiwilliges Angebot weniger in der Stadt“

Oberbürgermeister Marc Buchholz bedauert derweil ein mögliches Ende der durch Fördermittel, Zuwendungen von Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen finanzierten Junior-Uni: „Wir hätten dann in der Stadt ein tolles, freiwilliges Angebot weniger.“ Er sei „überrascht von der dramatischen Entwicklung“, zumal er „erst vor 14 Tagen“ mit Dagmar Mühlenfeld zusammengesessen habe. „Da war noch keine Rede davon.“ Zum Thema Finanzen verwies Buchholz darauf, dass die Stadt der Juni schon häufiger bei der Suche nach Sponsoren geholfen habe, „und zwar in größerem Umfang“.

„Unfassbar traurig“, nennt Prof. Dr. Susanne Staude, Präsidentin der Hochschule Ruhr West (HRW), die Möglichkeit, dass Mülheim dieses Aushängeschild verlieren könnte. Die HRW ist Mitgesellschafterin der Juni, Staude schon von daher nah am Thema. Sie hält die Arbeit, die an der Juni geleistet wird, für extrem wertvoll: „Sie fördern dort die Freude an Mint-Fächern, übernehmen eine Aufgabe, die in der Gesellschaft sonst zu kurz kommt.“ Gerade in diesem Gebiet - in Naturwissenschaften, Technik und Co. - brauche man doch begeisterte junge Menschen, „damit sie diese Fächer später studieren“. Entsprechende Fachkräfte benötige der Markt schließlich dringend.

Mutter zweier junger Studis: „Diese Art von Freizeitangebot ist einmalig in Mülheim“

Daniela Plath, Mutter zweiter Mädchen, die die Junior-Uni in den vergangenen Jahren regelmäßig besucht haben, würde es ebenfalls „sehr bedauern, wenn dieses Angebot für Kinder dauerhaft wegfiele“. Die Einrichtung im Mülheimer Hafen sei für alle Kinder interessant, die Naturwissenschaften toll finden oder sich kreativ betätigen wollen. Sportprogramme gebe es genügend in der Stadt, „aber diese Art von Freizeitgestaltung ist einmalig“.

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