Mülheim. Mülheims Verkehrswacht und Polizei appellieren an Eltern, aktiv zu werden, um ihre Kinder fit für den Straßenverkehr zu machen. Ihre Tipps.
Am 20. August startet die Schule für die I-Dötzchen und auch die Kindergärten in Mülheim bekommen im August Zuwachs. In vielen Familien macht sich jetzt schon etwas Spannung und Aufregung breit. Auch die Sorge, dass ihren Kindern auf den Wegen in die Grundschule und in die Kita nichts passiert möge. Der Straßenverkehr birgt in der Stadt an jeder Ecke auch die Gefahr, dass die kleinen, unerfahrenen Verkehrsteilnehmer zu Schaden kommen.
Der Schul- und Kindergartenstart war für die Verkehrswacht und die Polizei nun Anlass genug, in einer Aktion auf der Fußgängerbrücke über der B1 am Kloster Saarn auf die Problematik aufmerksam zu machen. Finanzielle Unterstützung findet die Veranstaltung durch Dekra, den Automobilhändler Gottfried Schultz und die Sparkasse Mülheim, die die Verkehrswacht sponsern. Vor Ort waren auch Kinder der Saarner Kita „Sterntaler“, die im kommenden Jahr ihr Debüt als Grundschüler geben und damit zur Zielgruppe der Verkehrssicherheitsaktion gehören.
Verkehrswacht Mülheim: Nicht alle Eltern bereiten ihre Kinder auf Gefahren im Verkehr vor
Aus der Gruppe der Sterntaler-Kinder stellt sich der fünfjährige Matti als Interviewpartner zur Verfügung und trägt bereitwillig aus seinem Wissensschatz zur Verkehrssicherheit vor. Seine Eltern haben ihm nicht nur mitgegeben, dass man vor dem Überqueren der Straße genau nach links und rechts schauen muss, ob Fahrzeuge kommen. Er weiß auch zu berichten, dass viele Autofahrer zu schnell unterwegs sind. Auf die provokative Frage, ob seinen Eltern denn vielleicht schon mal bei „Rot“ über die Straße gehen, versichert er glaubwürdig: „Das würden die nie machen!“
Was die Vorbereitung der Kinder durch die Eltern angeht, so kann der Vorsitzende der Verkehrswacht, Gunter Zimmermeyer, nicht durchweg positive Noten vergeben. Auch wenn sich ein Teil der Elternschaft um eine gute Vorbereitung der kleinen Menschen auf die Gefahren der Schul- und Kindergartenwege bemühe, so sei dies doch längst nicht bei allen der Fall. „Manche sehen keine eigene Verantwortlichkeit, die Kinder fit zu machen, sondern sie glauben, dass dies Kindergärten, Schulen und Polizei als Service zu liefern hätten“, so der ehemalige Hochschulprofessor. Diese Verantwortungsverlagerung sei nicht akzeptabel. „Hauptvorbilder sind für die Kinder immer noch die Eltern.“
Verkehrswacht appelliert an Stadt, endlich wieder einen Verkehrsübungsplatz einzurichten
Erster Polizeihauptkommissar Andreas Malberger und seine Kollegin, Oberkommissarin Mandy Kaiser, stimmen ihm da zu: „Manche Eltern leisten nicht genug Beiträge, um ihre Kinder straßenverkehrsfest zu machen.“ Gunter Zimmermeyer hat in Sachen Verkehrssicherheit für Kinder und auch Erwachsene aber noch einen Posten auf dem Wunschzettel. Er hofft, dass die Stadt nach langen Jahren endlich einmal die Mittel für einen Verkehrsübungsplatz zur Verfügung stellt, auf dem Verkehrsteilnehmer in einem Schonraum trainiert werden könnten. Bisher ist in dieser Richtung noch nichts passiert. Die Polizei bemüht sich mit einer mobilen Jugendverkehrsschule, in den Schulen vor Ort mit den Kindern zu trainieren und ihren Gefahrensinn zu schärfen.
Einen kleinen Überblick über das Unfallgeschehen in Mülheim im vergangenen Jahr gibt die Polizeidirektion Verkehr des Polizeipräsidiums Essen. So ist es in Mülheim 2023 zu knapp 6500 Verkehrsunfällen gekommen. Das bedeutet einen Anstieg um rund fünf Prozent oder 323 Fälle im Verhältnis zum Vorjahr. Insgesamt verunglückten 635 Menschen, von denen 89 schwer verletzt wurden, was in der Regel Krankenhausaufenthalt und Operationen bedeutet. Ein Mensch verlor in Mülheim sein Leben. Unter den Verunglückten waren 55 Kinder, von denen sieben als Schwerverletzte eingestuft wurden. 97-mal verunglückten Fußgänger – ein Anstieg um mehr als 28 Prozent.
Elterntaxis nicht selten verantwortlich für folgenschwere Unfälle
Polizei und Verkehrswacht haben reichlich Tipps zur Hand, wie die Gefahr eines Unfalls auf dem Weg zu Kita oder zur Schule deutlich gesenkt werden kann. Die Kinder müssten frühzeitig lernen, Ampeln und Überwege richtig zu nutzen und stark befahrene Straßen zu überqueren. Auch die Gefahren an schlecht einsehbaren Kurven müssten sie einschätzen können. Wichtig sei gleichfalls, die Kinder für die Gefahren an Grundstücksein- und -ausfahrten und im Bereich parkender Fahrzeuge sensibel zu machen. Ein Kind von fünf oder sechs Jahren, das sich direkt hinter einem größeren Pkw befindet, wird vom Fahrer beim Rückwärtssetzen nicht gesehen. Hier sei auch an die Fahrer von Elterntaxis zu appellieren. Sie sind nicht selten Verursacher von Unfällen mit schweren Folgen.
Auch gilt: Der kürzeste Weg ist nicht unbedingt der sicherste. Es sollten lieber Umwege in Kauf genommen werden, als einsame Straßen, Feldwege oder Waldstücke als Abkürzung zu nehmen. Den Kindern muss klargemacht werden, dass der Schulweg kein Spielplatz ist. Spontanes Fangenspielen quer über die Straße, Rennen und Schubsen haben schon oft fatale Folgen gezeitigt.
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Gegen Elterntaxis: „Man kann auch ein paar hundert Meter mit den Kindern laufen“
Die Tipps der Fachleute für einen sicheren Weg an Eltern und Großeltern lauten daher: „Üben Sie den Schulweg oft genug mit Ihren Kleinen! Machen Sie dort auf typische Gefahren aufmerksam! Stellen Sie sich an Gefahrpunkten in Absprache mit der Schule möglicherweise morgens als Elternlotsen zur Verfügung! Parken Sie nicht direkt vor der Schule oder der Kita! Man kann auch ein paar hundert Meter mit den Kindern laufen und so das Verkehrschaos vor den Schulen entzerren. Fördern Sie die Eigenständigkeit der Kinder, indem Sie sie nach einer Phase der Begleitung in Gruppen und später auch alleine gehen lassen! Seien Sie Vorbild und nehmen Sie keine roten Ampeln, auch wenn es eilig scheint! Kinder sehen genau das als normal an, was die Erwachsenen ihnen vorleben. Und tragen Sie Sorge, dass die Kleinen helle Kleidung und reflektierende Elemente an Schulranzen und Kleidung haben!“
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