Mülheim. Fast vier Wochen im Jahr arbeitsunfähig: kein Einzelschicksal, sondern Durchschnitt in Mülheim. Welche Berufe den höchsten Krankenstand haben.
Im Schnitt 26,6 Kalendertage krank geschrieben. Fast vier Wochen arbeitsunfähig. So sah das Jahr 2023 für AOK-Mitglieder in Mülheim aus. Die Krankenscheine häuften sich, durchschnittlich reichte jede(r) Beschäftigte 2,3 AU-Bescheinigungen ein. Das geht aus dem neuesten Gesundheitsbericht der Krankenkasse hervor.
Und: Mülheimer Unternehmen hatten 2023 einen besonders hohen Krankenstand - im Schnitt 7,28 Prozent, noch etwas mehr als der NRW-Durchschnitt von 7,1 Prozent. Täglich haben also mehr als sieben von 100 Beschäftigten gefehlt. So die Daten der AOK Rheinland/Hamburg, der mitgliederstärksten Krankenkasse in Mülheim mit rund 42.000 Versicherten. Danach sind die krankheitsbedingten Ausfälle zuletzt deutlich gestiegen: 2021 waren es 5,8 Prozent, 2022 dann 7,1 Prozent (siehe Grafik unten).
Mülheimer AOK-Mitglieder: Rekordzahlen bei Krankschreibungen
Die AOK verzeichnet diesen Trend landesweit und führt die „Rekordzahlen“ teilweise auch auf die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zurück, die erst 2023 zur Pflicht wurde. „Damit fließen nun alle ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeiten (AU) in die Statistik ein“, heißt es im aktuellen Gesundheitsbericht. „Das muss berücksichtigt werden, wenn man die Zahlen des Jahres 2023 mit denen der Vorjahre vergleicht.“
Generell entfällt mehr als ein Viertel der AU-Fälle auf Erkrankungen der Atemwege, gefolgt von Muskel-Skelett-Erkrankungen (knapp 14 Prozent). Wie oft und wie lange Menschen krank werden, hängt offensichtlich sehr stark vom Arbeitsplatz ab. Laut neuestem AOK-Bericht war der Krankenstand am höchsten in der Pflegebranche (fast 9,6 Prozent), in der Metallproduktion (rund 9,3 Prozent) sowie in der Ver- und Entsorgung und in der öffentlichen Verwaltung (jeweils etwa 8,9 Prozent).
Über 23 Fehltage bei BKK-Versicherten in Mülheim
Auch die Betriebskrankenkassen (BKK) mit rund 10.650 Mitgliedern in Mülheim verzeichneten 2023 so viele Krankschreibungen wie lange nicht mehr. Durchschnittlich mehr als 24 Tage war jeder und jede Versicherte in NRW im vergangenen Jahr krank. Mülheim liegt mit gut 23 Tagen minimal unter diesem Schnitt.
Häufigster Grund für Krankschreibungen waren laut BKK-Bericht Muskel- und Skeletterkrankungen, etwa Rücken- und Nackenschmerzen. Der Krankenstand in Mülheim lag nach BKK-Daten im vergangenen Jahr bei knapp 6,4 Prozent.
Mülheimer Hausarzt: Leute melden sich öfter krank
Wird die telefonische Krankschreibung, die seit Anfang Dezember 2023 möglich ist, die Zahlen weiter in die Höhe treiben? Erste Erfahrungen in Mülheim deuten darauf hin. Infrage kommt sie grundsätzlich nur bei leichten Symptomen, wenn die Patientin oder der Patient in der Praxis schon bekannt ist und für eine erstmalige AU-Bescheinigung über höchstens fünf Tage.
Genaue Daten, wie oft die telefonische Krankschreibung in Mülheim schon genutzt wird, gebe es nicht, erklärt Dr. Stephan von Lackum, Hausarzt in Speldorf und Vorsitzender der Mülheimer Kreisstelle der KV Nordrhein. AU-Bescheinigungen per Telefon würden nicht extra markiert, daher lasse sich ein Anstieg nicht mit Zahlen belegen. „Aber gefühlt ist die Hemmschwelle für Krankmeldungen gesunken, die Leute melden sich öfter“, beobachtet von Lackum, und so hört er es auch von Mülheimer Kollegen.
Telefonische AU-Bescheinigung nicht in allen Mülheimer Praxen
Außerdem hätten durch die Coronazeit, auch durch die veränderte Arbeitsplatzsituation (Stichwort Homeoffice) die Abwehrkräfte gelitten. „Die Menschen sind einfach öfter krank.“
Ob ein Arzt oder eine Ärztin die AU-Bescheinigung per Telefon überhaupt anbietet, sei Ermessenssache, ergänzt von Lackum. Er selber mache es, „denn wir haben ein Vertrauensverhältnis zu unseren Patienten“. Einige andere Mülheimer Ärzte lehnten es ab, „sie wollen immer den Patienten sehen“.
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