Mülheim. Kaum Bauaktivitäten, weniger sozialer Wohnraum, mehr Nachfrage: Am Wohnungsmarkt läuft einiges nicht rund. Entwicklungen und Preise im Überblick.
Einmal im Jahr veröffentlicht die NRW Bank die Wohnungsmarktprofile der Städte in NRW. Die aktuellsten Daten, die sich auf das Jahr 2022 beziehen, lassen für Mülheim einen ungünstigen Trend erkennen, buchstäblich: Die Preise steigen in fast allen Segmenten.
In vielen Bereichen hat sich daran wenig geändert; Sozialwohnungen bleiben Mangelware, die Bautätigkeit erlahmt. Stetig wächst die Einwohnerzahl. Aufatmen können einzig Bestandsmieter. Was die Bestandszahlen außerdem zeigen: Mülheim nimmt unter den Ruhrgebietsstädten eine Sonderposition ein; so manches Pott-Klischee greift hier nur bedingt.
Fast jede zweite Wohnung in Mülheim ein Single-Haushalt
In Mülheim gibt es 92.314 Wohnungen. Bei 175.173 Einwohnern (März 2024) ergäbe das rechnerisch 1,89 Personen pro Haushalt. Die tatsächliche Verteilung ist indes eine andere, wie Zahlen der Stadt vom Dezember 2023 belegen: Demnach wird fast jede zweite Wohnung (45,2 Prozent) allein bewohnt. Das sind großstadttypisch mehr als im Landesdurchschnitt (39,9 Prozent laut einer Hochrechnung aus Daten des Mikrozensus 2023).
Große Familien sind in Mülheim eher selten
Unterproportional vertreten sind Haushalte mit vier und mehr Mitgliedern. Zumeist sind das Familien mit Kindern, selten auch Wohngemeinschaften. So leben derzeit in 12,5 Prozent der hiesigen Haushalte vier oder mehr Personen. Im Landesdurchschnitt sind es 14,2 Prozent (Mikrozensus 2023).
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Mülheim ist stark bürgerlich geprägt
Die Mehrheit wohnt Ruhrgebiets-typisch in Mehrfamilienhäusern (69,5 Prozent), ungewöhnlich hoch ist allerdings der hiesige Bestand von Ein- und Zweifamilienhäusern (27,7 Prozent). In Essen zum Beispiel ist er rund ein Drittel niedriger (18,8 Prozent), in Duisburg etwa ein Fünftel (22,6 Prozent). Nahezu gleich ist der Anteil in Oberhausen (27,3 Prozent).
Jede vierte Mülheimer Wohnung im Altbau
Obwohl große Teile des Stadtgebiets, insbesondere der Innenstadt, von den Alliierten im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurden und ausbrannten, weist Mülheim heute eine relativ hohe Altbaudichte auf (24 Prozent). Das ist deutlich mehr als im NRW-Schnitt (19,8 Prozent). Rund die Hälfte des Wohnbestands (54,2 Prozent) machen indes auch hier Gebäude der Nachkriegszeit bis 1979 aus.
In Mülheim wird immer weniger gebaut
Im Jahr 2022 sind in Mülheim 292 Wohnungen neu entstanden. Das sind deutlich weniger als im Zehn-Jahres-Schnitt (361 Wohnungen). Baugenehmigungen wurden im selben Jahr 319-mal erteilt, auch dieser Wert liegt deutlich unter dem der vergangenen zehn Jahre (426). Im ganzen Bundesgebiet hat die Bautätigkeit ab 2022 erheblich nachgelassen; Hintergrund sind die Inflation und der auf Rekordniveau gestiegene Leitzins der Europäischen Zentralbank.
Der sank zwar im Juni dieses Jahres, verbleibt mit 4,25 Prozent aber auf vergleichsweise hohem Niveau. Die Folgen: Bei einer aktuell leicht steigenden Bevölkerung verknappt sich das Angebot und die Preise steigen, wenn auch nicht in allen Bereichen gleich stark. Der Traum vom Eigenheim lässt sich immer schwerer realisieren. Ganze zwei neue, schlüsselfertige Einfamilienhäuser im Jahr 2023 zählt der aktuelle Grundstücksmarktbericht für Mülheim; 2022 waren es sieben, 2021 noch 73.
Bürokratie am Bau? Ciao!
1033 Wohnungen wurden 2022 zwar genehmigt, aber nicht fertiggestellt. Der sogenannte Bauüberhang ist in ganz NRW ein großes Problem, der Wert stieg gegenüber 2008 landesweit um rund 129 Prozent. Ein Grund dafür ist der anhaltende Fachkräftemangel, ein anderer die aus Sicht der Branche überzogenen Bauvorschriften. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) geht deswegen nun einen ungewöhnlichen Weg. Fachleute können beim Ministerium ab sofort online selbst eigene Vorschläge einreichen. Name der Mitmach-Kampagne: „Bürokratie am Bau? Ciao!“
Baugrundstücke in Mülheim weiterhin teuer
Mülheimer Baugrund wurde in den vergangenen Jahren immer teurer, mit Folgen sowohl für Kaufinteressierte als auch für Mieter. Im Rekordjahr 2021 lag der Bodenrichtwertwert bei 498 Euro. Danach sanken die Preise, aktuell liegt der Wert bei 420 Euro (Essen: 410 Euro); am günstigsten kann in Styrum gebaut werden (300 Euro), am teuersten ist es in Menden-Holthausen (485 Euro).
Mehr als neun Jahreseinkommen für ein Eigenheim in Mülheim
Ein Eigenheim in Mülheim hat 2022 durchschnittlich 593.530 Euro gekostet, ein Plus von 11,5 Prozent in drei Jahren. Mülheimerinnen und Mülheimer müssen damit mittlerweile mehr als neun Jahreseinkommen aufbringen, genauso viele wie in Essen, Bochum und Dortmund. Nur leicht darunter liegen die Städte im Norden des Reviers (bis zu acht Jahresgehälter).
Andernorts kann man ein Eigenheim deutlich günstiger haben (NRW-Schnitt: 424.567 Euro). In Zukunft dürfte die Finanzierung eines eigenen Hauses für viele auch deswegen schwerer werden, weil die Bauzinsen so stark gestiegen sind. Folglich dürfte die Konkurrenz auch auf dem Mietmarkt, insbesondere unter Familien, stärker werden.
Eigentumswohnungen stark verteuert
Noch stärker haben die Preise bei Eigentumswohnungen angezogen, um 12,5 Prozent in drei Jahren. Damit hat der Quadratmeter in Mülheim 2022 durchschnittlich 2467 Euro gekostet. In Essen waren es 2440, wobei die Preise hier sogar um 14,5 Prozent in drei Jahren anstiegen.
Zuletzt zeigte sich hier indes eine leichte Entspannung. Die durchschnittlichen Preise für Eigentumswohnungen lagen 2023 zwischen 2260 Euro je Quadratmeter Wohnfläche in mittleren Wohnlagen (2022: 2500 Euro) und 3320 Euro in guten Wohnlagen (2022: 3460 Euro).
Mietwohnungen bleiben in Mülheim relativ erschwinglich
Der durchschnittliche Mietpreis im Bestand dagegen liegt 2022 mit 7,83 Euro noch unter dem der Nachbarstadt Essen (7,94) und deutlich unter dem Landesschnitt (8,51 Euro). Gestiegen sind die Preise zwar auch hier, in den drei Jahren vor 2022 allerdings nur um moderate drei Prozentpunkte.
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Ganz anders die Lage auf dem Neubaumarkt: Hier wurden 2022 durchschnittlich 13 Euro für den Quadratmeter verlangt, in NRW sind es 11,85 Euro. Erschwingliche Mietwohnungen werden in Mülheim immer seltener, zumal der soziale Wohnungsbau seit Jahren rückläufig ist. Wenn die Baukosten weiter steigen und die Politik nicht selbst Geld in die Hand nimmt, ist mit einer Entspannung kaum zu rechnen.
Geförderte Mietwohnungen werden selten in Mülheim
In Mülheim gab es 2022 noch 4542 geförderte Mietwohnungen, das sind 16,1 Prozent weniger als zehn Jahre zuvor. Eine Modellrechnung der NRW Bank geht davon aus, dass es 2035 nur noch rund 3400 sein werden, wenn zukünftig keine neuen Fördermittel aufgelegt werden.
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