Dass er eine Ruine kauft, hätte sich Marco Wanicki nicht träumen lassen, als er vor zwei Jahren bei einer Zwangsversteigerung den Zuschlag für das alte „Winkhaus“ am Eppinghofer Bruch erhielt. 61 000 Euro – ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass das Grundstück und das darauf stehende Objekt darin enthalten sind. Doch genau so stuft die Stadt das Gebäude ein: als Ruine. Und deshalb darf Wanicki die alte Szenekneipe nicht renovieren oder anderweitig nutzen (wir berichteten). „In unseren Augen wäre das ein Verstoß gegen geltendes Recht“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. Damit meint er den Paragrafen 35, Absatz 1 des Baugesetzbuches. Der regelt in allen Einzelheiten das Bauen im Außenbereich und besagt unter anderem, dass dort außer einer Grünfläche oder einer Gartenlaube nichts mehr errichtet werden dürfe. „Das Haus dort steht seit Jahren ungenutzt, deswegen ist die Nutzungsgenehmigung erloschen“, so Wiebels.

Renovierungswürdiges Haus

Allerdings gibt es da noch den Absatz 2, der besagt, dass „sonstige Bauvorhaben im Einzelfall“ zugelassen werden können, wenn „ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt“. Und den Absatz 4, der besagt, dass eine Nutzungsänderung bereits bestehende Gebäude unter bestimmten Umständen zulässig ist. Dazu gehört unter anderem die „zweckmäßige Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz“ (weitere Informationen siehe Kasten). Und nach der Meinung von Marco Wanicki trifft genau das auf das „Winkhaus“ zu: „Als ich das Grundstück ersteigert habe, gab es dazu ein Gutachten, das besagt, dass das Haus als renovierungswürdig eingestuft wird.“ Warum er so viel Gegenwind von der Stadt bekommt, ist ihm schleierhaft: „Mir scheint es, als wolle die Verwaltung dort lieber eine Bruchbude stehen haben, als eine ansprechende Gastronomie, die auch Leute aus anderen Städten nach Mülheim zieht.“

Bereits nach der Zwangsversteigerung gab es die ersten Querelen mit der Stadt: „Bei der Auktion gab es zwar die Info, dass das Haus mit einer Nutzungsbeschränkung belegt ist, aber genauere Infos dazu habe ich nicht bekommen.“ Als er nach dem Kauf erfuhr, dass er nur die Möglichkeit hätte das Haus abzureißen oder als Ruine stehen zu lassen und darüber nachdachte, vom Vertrag zurückzutreten, kam das böse Erwachen: „Gekauft wie gesehen“, hieß es beim Amtsgericht, daher war ein Rücktritt nicht möglich. Wanicki: „Die Stadt wollte sich auf nichts einlassen.“

Stadt bleibt unbeeindruckt

In der Stadtverwaltung zeigt man sich von den Argumenten des Eigentümers unbeeindruckt. Nach ihrer Ansicht ist nur der erste Absatz des Paragrafen 35 auf die verfallende Immobilie anzuwenden. Volker Wiebels: „Die übrigen Absätze gelten nur für intakte, noch nutzbare Gebäude. Da das Haus aber nach unserer Einschätzung eine Ruine ist, darf damit auch nichts mehr gemacht werden.“ Allerdings, räumt der Stadtsprecher ein, sei das nur die Auffassung der Stadt Mülheim: „Es steht dem Eigentümer selbstverständlich frei, einen neuen Bebauungsantrag zu stellen.“ Wenn dieser dann abgelehnt würde, könne Marco Wanicki diese Entscheidung immer noch anfechten und juristisch dagegen vorgehen.

Und genau das will er in diesem Jahr auch tun. „Mir wurde ans Herz gelegt, mich in der Sache von einem Anwalt beraten zu lassen, der sich auf Baurecht spezialisiert hat“, so der „Winkhaus“-Besitzer. Man merkt ihm an, dass er die von der Stadt so ungeliebte Immobilie, die unlängst Opfer von Hausbesetzern und Vandalismus wurde, noch nicht aufgeben will, eine Menge Potenzial darin sieht. „Das ist eine so schöne alte Immobilie, die darf nicht als Schandfleck enden. Darum streiche ich sie regelmäßig, damit wenigstens die Fassade ansehnlich bleibt.“

Diese Auffassung teilt auch die Winkhauser SPD. In einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung heißt es: „Was spricht dagegen, dieses Gebäude [...] zu erhalten und zu nutzen? Flächennutzungspläne kann man möglicherweise auch anpassen.“