Mülheim.
Ein Bandscheibenvorfall ist kein Grund zum Lachen, sondern ein Fall fürs Krankenhaus. Es sei denn, Jens Wedde spielt ihn als Nick in der Beziehungskomödie „Schlafzimmergäste“, die am Samstag erstmals im Kasino des Evangelischen Krankenhauses über die Bühne ging. Dort feierte das neue Stück des Backsteintheaters Premiere.
Wedde spielte erschreckend echt und mit vollem Körpereinsatz. Als leidender Nick fragte er sich immer wieder: „Warum immer ich?“, und empfand sein Krankenlager „als den reinsten Hauptbahnhof“. Doch er sollte im herrlich skurrilen Stück des Briten Alan Ayckbourn nicht der einzige Schauspieler sein, der an diesem Abend in seinem Bett nicht zur Ruhe kam.
Voller Wortwitz und Situationskomik
Das zwar ehrenamtlich arbeitende, aber auf der Bühne professionell agierende Ensemble um Regisseur Heribert Lochthove, der am Samstag seine 20. Regiearbeit für das Backsteintheater ablieferte, führte den Zuschauern Charaktere vor Augen, die man schon mal auf der Bühne des Lebens gesehen hat. „Wir haben vielleicht nicht nur über Sie, sondern auch über uns selbst gelacht“, sagte denn auch der Geschäftsführer des Krankenhauses, Nils B. Krog, in seinem Dank nach dem letzten Vorhang.
Bis dahin waren zwei Theaterstunden mit drei Bühnenbetten voller Wortwitz und Situationskomik wie im Flug vergangen. Dazu trugen auch Alexandra Glienke und Jost Schenck als Susannah und Traver bei, indem sie als verkrachtes Ehepaar glänzten. Es verdarb seinen Freunden, Gastgebern, Eltern und Schwiegereltern mit seinem theatralisch zur Schau gestellten Beziehungsstress nicht nur die Party, sondern raubte ihnen anschließend auch noch den Schlaf, um angesichts der genervten Nächsten zu dem Ergebnis zu kommen: „Manche Menschen sind zu seltsamen Dingen fähig.“
Premiere "Schlafzimmergäste"
Es waren Sätze, wie die aus dem Munde Travers: „Bevor ich dich kannte, war ich Pazifist“, die dem amüsierten Publikum rechtzeitig zum Frühlingsbeginn und dem Einsetzen der gleichnamigen Gefühle vorführten, dass Lust und Last in der Liebe oft zwei Seiten der selben Medaille sind. Kein Wunder, dass sich die liebenswerte Nervensäge Susannah immer wieder mit Selbstsuggestion aufbauen musste: „Ich habe Selbstbewusstsein. Ich bin attraktiv. Menschen sind für mich keine Gefahr.“
Keine Gefahr von Langeweile
Keine Gefahr von Langeweile kam auch auf, als sich die frustrierten Partygastgeber Melcom (André Spira) und Kate (Andrea Krause) beim nächtlichen Werkeln mit Querträger B und Sperrriegel C abreagierten und plötzlich in eine explosive Diskussion darüber gerieten, ob sie sich im Bett schon mal miteinander gelangweilt hätten. „Nur manchmal“, meinte Kate und beruhigte ihren Melcom damit nicht wirklich.
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Beunruhigt zeigte sich auch Ernest (Oliver Jackowiak) als nur bedingt mitfühlender Vater und Schwiegervater. Er beschwerte sich bei seiner Frau Delia (Simone Adelhütte) „über die Völkerwanderung in meinem Bett“, in dem sich seine Schwiegertochter Susannah als ratsuchender Beziehungsflüchtling eingenistet hatte und ihn damit in das Gästezimmer mit dem Wasserflecken an der Decke verbannte. Das weckte in ihm die Furcht: „Ich wache morgen bestimmt mit Sumpffieber auf.“
Männer haben es eben schwer und nehmen es nicht immer leicht, das gilt nicht nur auf der Theaterbühne. Gut, dass es Frauen, wie Delia gibt, die den Tatsachen ins Auge schauen und nicht nur in der Beziehungskrise wissen: „Manche Schlafzimmer sprechen Bände.“