Mülheim. Die nominierten Stücke für die 46. Theatertage stehen fest. Sieben Erwachsenen- und fünf Kinderstücke werden gezeigt - wenn Corona es zulässt.
Ob die 46. Mülheimer Theatertage vom 8. bis 29. Mai tatsächlich über die Bühne gehen können, bleibt abzuwarten. Die Vorbereitungen laufen trotz Pandemie so wie immer, jetzt stehen auch die nominierten Autoren und Stücke für das diesjährige Festival fest:
Dabei sind Ewelina Benbenek mit "Tragödienbastard" in einer Inszenierung des Schauspielhauses Wien, Sibylle Berg mit "Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden" (Maxim Gorki Theater, Berlin), Thomas Freyer mit "Stummes Land" (Staatsschauspiel Dresden), Rainald Goetz mit "Reich des Todes" (Deutsches Schauspielhaus Hamburg), Rebekka Kricheldorf mit "Der goldene Schwanz" (Staatstheater Kassel), Boris Nikitin mit "Erste Staffel. 20 Jahre großer Bruder" (Staatstheater Nürnberg) und Christine Umpfenbach mit "9/26 – Das Oktoberfestattentat" (Münchner Kammerspiele).
Kulturdezernent macht Organisatoren Hoffnung
Die erste Pressekonferenz zu den "Stücken 2021" findet als Videokonferenz statt. Kulturdezernent Peter Vermeulen, der zuschaltet ist, macht den Organisatoren Hoffnung. Er freue sich, dass das Mülheimer Festival erneut die Gegenwartsdramatik in den Mittelpunkt stelle und herausragende Texte des letzten Jahres präsentiere. "Und es gibt vorsichtige Anzeichen dafür, dass die Aufführungen auch wirklich vor Publikum stattfinden können. Ich habe gelesen, dass die Theater zu der sogenannten ,Kritischen Infrastruktur' zählen, dort also Corona-Schnelltests möglich sind, mit denen man den Besuchsverkehr steuern könnte", so Vermeulen.
Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen verweist auf die besondere Bedeutung des Theaters. "Es übernimmt die Aufgabe eines Chronisten und Katalysators, ist ein Ort der Reflektion und der Neuerfindung." In einer Gegenwart, die die Menschen sprachlos mache, finde es Worte. Das Land hat die Förderung für die Stücke auf 350.000 Euro erhöht. Auch der Bund gibt Geld und ermöglicht so ein ganz neues Projekt beim Festival. "Es sollen Filmportraits über die teilnehmenden Autorinnen und Autoren angefertigt werden, die einen Einblick in das Leben und Arbeiten zeitgenössischer Dramatiker geben", kündigt Festivalleiterin Stephanie Steinberg an.
Neues Projekt: Filmportraits von Autoren
Das fünfköpfige Auswahlgremium hat in diesem Jahr rund 90 Stücke gelesen und die Uraufführungen gesichtet. Nicht alle Stücke konnten die Fachleute live als Theatervorstellung sehen. "Manches haben wir auch als Geisterstück (vor leeren Rängen) oder als Video-Produktion angeschaut", berichtet Theaterkritikerin Eva Behrendt. Neben ihr im Gremium: Jürgen Berger, Christine Dössel, Stephan Reuter und Christine Wahl.
Zwei thematische Schwerpunkte haben die Theaterexperten bei den diesjährigen "glorreichen Sieben" ausgemacht: "Einerseits geht es um Feminismus, um weibliche Perspektiven - teilweise auch sehr ironisch aufgezeigt", sagt Eva Behrendt und meint damit die Werke von Sibylle Berg, Ewelina Benbenek und Rebekka Kricheldorf.
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Andere Texte seien historische Betrachtungen, die sich unter anderem mit der Demokratie und den aktuellen Tendenzen zu populistischer Querdenkerei, Rechtsextremismus und Rassismus (in Deutschland, aber auch in den USA) befassen - etwa die Stücke von Rainald Goetz, Boris Nikitin, Christine Umpfenbach und Thomas Freyer.
Noch zu nah dran an der Corona-Pandemie
Aktuelle und brisante Themen und differenzierte Reflektionen erwarten also die Theaterbesucher. Die Corona-Pandemie übrigens nimmt keines der gezeigten Stücke in den Fokus. "Es gab vereinzelt Corona-Stücke, aber sie waren nicht überzeugend. Es braucht oft einen gewissen zeitlichen Abstand, und über Ereignisse zu schreiben", meint Eva Behrendt. Vertreten seien diesmal vorwiegend schon bekannte Autoren. "Ein Neulingsjahrgang ist 2021 nicht, es gab interessante Texte junger Autoren, die sich letztlich aber noch nicht durchgesetzt haben."
Sollten die "Stücke" wegen der Pandemie auch diesmal (wie schon 2020) nicht im Theater aufgeführt werden können, wird es digitale Ersatzangebote geben. "Wir hoffen aber sehr, dass sie doch irgendwie vor Publikum aufgeführt werden können", sagt Festival-Leiterin Stephanie Steinberg. Der Mülheimer Dramatikerpreis ist mit 15.000 Euro dotiert.
Fünf Kinderstücke am Start
Auch den jungen Zuschauern wird wieder exzellentes Theater geboten. Fünf Kinderstück-Autoren wetteifern in diesem Jahr (17. bis 21. Mai) um den begehrten Preis bei den "Kinderstücken". Die Jury (Thomas Irmer, Werner Mink, Theresie Walser) sichtete 20 neue Stücke. "Das waren weniger als sonst. Mehr als die Hälfte haben wir als Video angeschaut", berichtet Thomas Irmer. Schließlich wählte man fünf Beiträge für die Mülheimer Theatertage aus.
Zu sehen sein wird "Das Leben ist ein Wunschkonzert" von Esther Becker in einer Inszenierung des Grips Theaters Berlin. Mit einer Produktion des Consol Theaters Gelsenkirchen ist auch eine Uraufführung aus den Ruhrgebiet dabei - nämlich Nino Haratischwilis "Löwenherzen". Christina Kettering hat "Time Out" geschrieben, das das Comedia Theater Köln auf die Bühne bringt.
Ebenso vertreten sind Bernhard Studlar mit "Megafad oder Der längste Nachmittag des Universums" (Das Theater Erlangen) sowie Dea Loher, die mit "Bär im Universum" (Staatstheater Kassel) erstmals ein Kindertheaterstück geschrieben hat. Die renommierte Dramatikerin war bereits zwei Mal Preisträgerin bei den "Stücken" für Erwachsene, einmal erhielt sie den Publikumspreis.
INFO: Rahmenprogramm
Rund um die Aufführungen der Stücke gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm.
Dazu gehören die Internationale Übersetzer-Werkstatt, Gastspiele, Hochschulkooperationen, die neue Stücke-Werkstatt zur Förderung junger Autoren, etc.
Alle Informationen zum Festival gibt es unter stuecke.de