Mülheim..
Nachdem die Kapitalismuskritik der 68er-Generation schon reif fürs Geschichtsbuch schien, ist inzwischen mit der Banken- und Finanzkrise die politische und soziologische Debatte wieder schärfer geworden. So beleuchtet nun auch das „Stadtspiel“-Festival „Momentanindustrie“ des Ringlokschuppens an verschiedenen Orten mit Musik, Theater und Theorie die Auswirkungen eines Systems, in dem die Städte verarmen und Theater schließen müssen.
Zur Eröffnung konnten die kreativen Veranstalter in der „Dezentrale“ immerhin NRW-Kulturstaatssekretär Bernd Neuendorf begrüßen. Wie dieser vor vielen Gästen und Besuchern betonte, sei er erst knapp ein Jahr im Amt, doch der Ringlokschuppen mit seinem Programm sei ihm schon lange ein Begriff. Neuendorf: „Es stellt sich die Frage, was muss Theater heute leisten?“ Es gebe heute neue Formen der Kommunikation, die die Leute mit einbeziehen wolle. „Was hier passiert, ist sehr experimentell. Genau das muss ein zukünftiges Theater erreichen. Man muss die Region und ihre Menschen mit einbeziehen.“ Die Zeiten des Frontalunterrichts seien vorbei. „Das Festival und seine Ideen sind absolut förderungswürdig.“
Holger Bergmann, künstlerischer Leiter des Ringlokschuppens, bedankte sich bei Katja Aßmann von den Urbanen Künsten Ruhr, die das Festival als Partner gewinnen konnte. Wie Bergmann betonte, müsse man jetzt aktiv werden und nicht auf Zeitpläne für die nächsten zwanzig Jahre setzen. Es gelte, eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation zu machen. Dazu gehöre es, Räume zu öffnen und mit Künstlern ins Gespräch zu kommen.
Festival dauert bis zu 22. September
Zum künstlerischen Auftakt des vielfältigen, thematisch originellen Festivals präsentierte das Ensemble „Copy & Waste“ sein absurdes Schauspiel „Einsatz hinter der v.ierten Wand“, eine Inszenierung nach dem Roman des geheimnisvollen Schriftstellers Thomas Pynchon. Zu den mit Spannung erwarteten Höhepunkten des noch bis zum 22. September dauernden Festivals zählte auch das Konzert des Songpoeten, Gesellschaftskritikers und Indie-Pop-Musiker Peter Licht, der spätestens nach seinem gesichtslosen Körper-Auftritt in der Show von Harald Schmidt einem größeren Publikum bekannt sein dürfte.
Insgesamt war es ein erfolgreicher Auftakt eines ambitionierten Festivals, das zwischen Kultur und Stadtpolitik ein intelligentes Publikum mit kreativen Grenzüberschreitungen lockt.